gewichtigerer Rechtsgüter zu binden (vgl. Bäcker, Kriminalpräventionsrecht, 2015, S.
505). Aus Gründen der Normenklarheit darf er aber selbst dann, wenn er - wie vorliegend - zugleich Gesetzgeber der Abrufregelungen ist, nicht die in der Übermittlungsregelung begrenzten Verwendungszwecke unterlaufen und die Behörden zum Abruf zu anderen, weitergehenden Zwecken ermächtigen, niedrigere Eingriffsschwellen
oder einen weniger gewichtigen Rechtsgüterschutz vorsehen. Abrufregelungen mit
solchermaßen abgesenkten Verwendungsregeln könnten zwar die Behörden – im
Rahmen des verfassungsrechtlich Zulässigen – zum Datenabruf ermächtigen; die
Diensteanbieter wären jedoch zur Auskunft weder berechtigt noch verpflichtet (vgl.
§ 113 Abs. 2 Satz 1 TKG). Derartige Abrufregelungen enthielten von daher einen
mit der Übermittlungsregelung von vornherein unvereinbaren Normbefehl. Die Verwendungszwecke der auszutauschenden Daten müssen aber gerade durch das Zusammenwirken der Übermittlungs- und Abrufregelung normenklar begrenzt sein. Es
darf nicht der Anschein erweckt werden, dass eine Behörde losgelöst von den in der
Übermittlungsregelung getroffenen Verwendungsregeln auf Daten zugreifen dürfte.
Dadurch würden Zugriffsmöglichkeiten eröffnet, die missbräuchlich und unvorhersehbar genutzt werden könnten.
Ein Widerspruch zwischen Übermittlungsregelung und einer weniger begrenzten
Abrufregelung könnte auch nicht dahin aufgelöst werden, dass ein Datenaustausch
nur unter den engeren Voraussetzungen der Übermittlungsregelung erfolgen dürfte.
Die Einhaltung dieser engeren Voraussetzungen können und dürfen die Diensteanbieter in materieller Hinsicht nicht überprüfen. Sie liegt vielmehr allein in der Verantwortung der abfrageberechtigten Stellen (vgl. § 113 Abs. 2 Satz 4 TKG) und kann
auch nur dort zuverlässig beurteilt werden. Sie würden aber durch die fachrechtlichen
Abrufregelungen zu einem weitergehenden Datenabruf ermächtigt, ohne dass eine
behördeninterne Kontrolle am Maßstab der Übermittlungsregelung gewährleistet wäre. Auch insoweit würden Zugriffsmöglichkeiten eröffnet, die rechtsstaatlich nicht
mehr eingehegt und vorhersehbar wären (dazu Dieterle, ZD 2016, S. 517 <521>).
202
dd) Aus dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz folgen darüber hinaus gewisse übergreifende Anforderungen an Transparenz, Rechtsschutz und aufsichtliche Kontrolle,
die sich nach den jeweiligen Sachkompetenzen richten und in den Abrufregelungen
sichergestellt werden müssen (vgl. BVerfGE 125, 260 <344 ff.>; 150, 244 <285
Rn. 101>; stRspr) und welche sich im Einzelnen nach dem Eingriffsgewicht der Regelungen bemessen. Verfassungsrechtlich geboten sind auch tragfähige Regelungen zur Nutzung der Daten sowie zur Datenlöschung (vgl. BVerfGE 65, 1 <46>; 150,
244 <285 Rn. 101>).
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b) Die fachrechtlichen Regelungen, die allgemein zum Abruf von Bestandsdaten ermächtigen, genügen diesen verfassungsrechtlichen Anforderungen weitgehend
nicht. Den übergreifenden verfahrensrechtlichen Anforderungen wird demgegenüber
insoweit Genüge getan (vgl. unten e, Rn. 244 ff.).
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aa) Die Abrufregelungen schaffen allerdings jeweils hinreichend bestimmt und nor-
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