Rechtsschutzinteresse besteht hier auch nicht ausnahmsweise deshalb fort, weil ansonsten die Klärung verfassungsrechtlicher Fragen von grundsätzlicher Bedeutung
unterbliebe (vgl. BVerfGE 81, 138 <140>; 100, 271 <281 f.>; stRspr). Die im Hinblick
auf die Altregelungen auftretenden Fragen stellen sich in gleicher Weise bei den von
den Beschwerdeführenden zu I. angegriffenen Neuregelungen in §§ 10, 40 BKAG,
lassen sich also in diesem Zusammenhang klären.
III.
Im Übrigen sind die Verfassungsbeschwerden zulässig.
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1. Die Beschwerdeführenden sind beschwerdebefugt.
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a) Sie nutzen Mobilfunkkarten, Festnetzanschlüsse und Internetzugangs-dienste
und machen geltend, durch die Übermittlung und den Abruf ihrer nach §§ 95, 111
TKG gespeicherten Daten auf der Grundlage der hier angegriffenen Vorschriften in
ihrem Recht auf informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 in Verbindung
mit Art. 1 Abs. 1 GG sowie in ihrem Grundrecht auf Wahrung des Telekommunikationsgeheimnisses nach Art. 10 Abs. 1 GG verletzt zu sein. Eine Grundrechtsverletzung ist jedenfalls möglich.
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b) Die angegriffenen Vorschriften betreffen die Beschwerdeführenden unmittelbar,
selbst und gegenwärtig. Ihre Verfassungsbeschwerden erfüllen die spezifischen Anforderungen, die für unmittelbar gegen Gesetze gerichtete Verfassungsbeschwerden
gelten.
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aa) Die Beschwerdeführenden sind von den angegriffenen Vorschriften unmittelbar
betroffen. Zwar werden die hier angegriffenen Regelungen zur Übermittlung und zum
Abruf von Bestandsdaten erst auf der Grundlage weiterer Vollzugsakte in Form von
Auskunftsverlangen und Auskunftserteilung wirksam. Von einer unmittelbaren Betroffenheit durch ein vollziehungsbedürftiges Gesetz ist jedoch auch dann auszugehen,
wenn Beschwerdeführende den Rechtsweg nicht beschreiten können, weil sie keine
Kenntnis von der Maßnahme erlangen oder wenn eine nachträgliche Bekanntgabe
zwar vorgesehen ist, von ihr aber aufgrund weitreichender Ausnahmetatbestände
auch langfristig abgesehen werden kann (vgl. BVerfGE 150, 309 <324 Rn. 35>;
stRspr). So liegt es hier.
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Die Beschwerdeführenden erlangen weder von dem an einen Diensteanbieter gerichteten Auskunftsverlangen noch von der Auskunftserteilung selbst verlässlich
Kenntnis (vgl. auch BVerfGE 133, 277 <312 Rn. 84>; 150, 309 <324 f. Rn. 36>). Dies
gilt auch, soweit die Abrufregelungen für die Beauskunftung von Zugangsdaten sowie der anhand dynamischer IP-Adressen bestimmten Daten Benachrichtigungspflichten vorsehen, da diese weitreichende Ausnahmen enthalten und möglicherweise erst spät greifen (vgl. BVerfGE 120, 378 <394>; 141, 220 <261 Rn. 82>). Für die
allgemeine Bestandsdatenauskunft bestehen von vornherein keine Benachrichtigungspflichten.
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