sich durch die angegriffenen Vorschriften in ihren Grundrechten aus Art. 10 Abs. 1
GG sowie Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG verletzt.
1. Die Verfassungsbeschwerden seien zulässig. Die Beschwerdeführenden seien
alle mit einiger Wahrscheinlichkeit von Abfragen der gespeicherten Daten betroffen.
Hiervon würden sie voraussichtlich keine Kenntnis erlangen, da eine Benachrichtigung entweder nicht vorgesehen sei oder Einschränkungen unterliege.
2. Die Verfassungsbeschwerden seien auch begründet.
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a) § 113 TKG sei verfassungswidrig. Für die Regelungsinhalte seiner Absätze 3 und
4 bestehe schon keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes. In welcher Form, in
welchem Zeitrahmen und in welchem Umfang Auskünfte zu erteilen seien und ob
Diensteanbieter ihre Kunden über eine Beauskunftung informieren dürften, betreffe
nicht lediglich die Öffnung der Datenbestände.
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Die Übermittlungsregelung des § 113 TKG verletze das Verhältnismäßigkeitsgebot.
Sowohl in § 113 TKG als auch in den fachrechtlichen Abrufregelungen fehle die noch
in der Vorgängerregelung enthaltene Bestimmung, dass Auskünfte nur „im Einzelfall“
und damit nicht routinemäßig und massenhaft eingeholt werden dürften, obgleich die
weiten Auskunftsrechte unverändert beibehalten worden seien. Die Verpflichtung zur
Bereithaltung einer gesicherten elektronischen Schnittstelle (§ 113 Abs. 5 Satz 2
TKG) weite den staatlichen Zugriff zusätzlich aus.
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§ 113 Abs. 2 TKG setze keine spezifische Rechtsgrundlage für den Abruf der Daten
voraus. Gefordert werde nur eine gesetzliche Bestimmung, die eine Erhebung der in
Absatz 1 der Vorschrift in Bezug genommenen Daten erlaube. Dafür genüge eine allgemeine Datenerhebungsbefugnis. Eine erneute verfassungskonforme Auslegung
dahin, dass die Regelung eine spezifische Rechtsgrundlage voraussetze, komme
aus Gründen der Normenklarheit nicht in Betracht. Notwendig sei ein „einfachgesetzliches Zitiergebot“: § 113 TKG dürfe zur Auskunftserteilung nur aufgrund solcher Abrufregelungen berechtigen, die einen Abruf unter ausdrücklicher Nennung der Vorschrift ermöglichten.
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Die Identifizierung von Personen, die das Internet nutzen, stelle einen besonders
schwerwiegenden Eingriff in das Grundrecht aus Art. 10 Abs. 1 GG dar. Die mögliche
Persönlichkeitsrelevanz einer Abfrage des Inhabers einer IP-Adresse sei eine andere als diejenige der Abfrage des Inhabers einer Telefonnummer. Zur Wahrung der
Verhältnismäßigkeit sei insoweit im Bereich der Strafverfolgung eine richterliche Anordnung notwendig. Darüber hinaus erfordere die Aufhebung der Anonymität im Internet eine Rechtsgutbeeinträchtigung, der von der Rechtsordnung auch sonst ein
hervorgehobenes Gewicht beigemessen werde. Sie sei nur zur Verfolgung von Straftaten von erheblichem Gewicht oder zur Abwehr von Gefahren für wichtige Rechtsgüter verhältnismäßig. Ein Abruf zur Verfolgung jedweder Ordnungswidrigkeiten genüge dem nicht (mit Verweis auf BVerfGE 125, 260 <344>). Ein solcher werde auch
durch § 46 Abs. 3 Gesetz über Ordnungswidrigkeiten (OWiG) nicht normenklar aus-
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