Drucksache 17/13000

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gewiesenen IP-Adresse geregelt. Demzufolge ist eine
für diese Auskunft notwendige automatisierte Auswertung von Verkehrsdaten zulässig. Nach Absatz 2 der
Entwurfsfassung ist eine Auskunftserteilung seitens der
Telekommunikationsanbieter nur dann zulässig, wenn
der Bedarfsträger bei seiner Anfrage auf eine gesetzliche Anspruchsgrundlage verweist, die eine Erhebung
der entsprechenden Daten explizit gestattet. Hierdurch
werden die Anforderungen des Gerichtes an das sog.
Doppeltürenmodell umgesetzt, nach dem sich für eine
Auskunftserteilung zwingend eine gesetzliche Abfrageermächtigung der Bedarfsträger und eine Übermittlungsbefugnis der Telekommunikationsanbieter korrespondierend gegenüber stehen müssen (vgl. Nr. 6.2). In
den Absätzen 3 und 4 werden nunmehr die Kategorien
von Bedarfsträgern genannt, die grundsätzlich ermächtigt sind, Auskünfte zu verlangen; außerdem müssen Telekommunikationsunternehmen über die Umstände der
Auskunftserteilung schweigen. Die einzige beabsichtigte Neuerung, die nicht auf eine Vorgabe des Gerichts
zurückgeht, findet sich in Absatz 5. Hier werden Unternehmen mit mehr als 100 000 Kunden verpflichtet, für
die Abwicklung des Auskunftsverfahrens eine elektronische Schnittstelle zur Verfügung zu stellen. Hierdurch
will man die Datenübermittlung sicherer gestalten und
eine eindeutige Identifizierung der Bedarfsträger gewährleisten. Damit das Verfahren nicht zu einem verkappten automatisierten Auskunftsverfahren ausufert,
wie bei § 112 TKG, sind die Telekommunikationsanbieter verpflichtet, jede Anfrage manuell zu prüfen, die sie
über die elektronische Schnittstelle erhalten.
Für den Bereich der Strafverfolgung fügt der Gesetzentwurf einen neuen § 100j in die Strafprozessordnung
(StPO) ein. Danach sollen die entsprechenden Daten
(§ 113 TKG) angefordert werden können, soweit dies
für die Erforschung des Sachverhalts oder die Ermittlung des Aufenthaltsortes eines Beschuldigten erforderlich ist. Für den Zugriff auf Endgeräte oder auf Speichereinrichtungen sollen die Daten nur verlangt werden
dürfen, wenn die gesetzlichen Voraussetzungen für die
Nutzung der Daten vorliegen. Korrespondierend zur
entsprechenden Regelung im TKG soll auch die Auskunft zu einer zu bestimmten Zeitpunkten zugewiesenen
IP-Adresse geregelt werden (§ 100j Absatz 2 StPO-E).
Auch die Regelungen für die Abfragen durch die Bedarfsträger müssen in den Fachgesetzen entsprechend
angepasst werden. So sieht der Gesetzentwurf vor, sowohl die Polizeigesetze auf Bundesebene (Bundeskriminalamtgesetz und Bundespolizeigesetz) als auch die
Gesetze für die Nachrichtendienste (Bundesverfassungsschutzgesetz, Gesetz über den Militärischen Abschirmdienst und Gesetz über den Bundesnachrichtendienst) und das Zollfahndungsdienstgesetz zu ändern.
Fast gleichlautende Regelungen sollen für die entsprechenden Zuständigkeitsbereiche die Abfrage der Bestandsdaten ermöglichen. Auch hier soll die Auskunft
über Daten, die den Zugriff auf Endgeräte oder Speichereinrichtungen ermöglichen, nur erlaubt sein, wenn die
gesetzlichen Voraussetzungen für die Nutzung der Daten erfüllt sind.

BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012

6.4

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
Telekommunikationsgesetz: Nicht alles,
was länger dauert, muss auch besser
sein!

Die Novellierung des Telekommunikationsgesetzes wurde
erforderlich, weil zwei europäische Richtlinien umzusetzen waren. Dabei wurden zwar datenschutzrechtliche
Verbesserungen vorgenommen, aber auch Änderungen,
die eher problematisch sind.
Am 10. Mai 2012 ist das Gesetz zur Änderung telekommunikationsrechtlicher Regelungen in Kraft getreten
(BGBl. I 2012 S. 958 ff.). Diese Novellierung des Telekommunikationsgesetzes (TKG) setzt europarechtliche
Vorgaben um, die bereits am 19. Dezember 2009 in Kraft
getreten waren und eigentlich bis zum 25. Mai 2011 hätten in nationales Recht transformiert sein sollen. Auf
zwei zentrale Änderungen, die Einführung spezieller
Meldepflichten für die Telekommunikationsunternehmen
und Konkretisierungen bei der Vorschrift zur Regelung
der Standortdaten, wird an anderer Stelle detailliert eingegangen (vgl. Nr. 3.5.3 und 6.5).
Ärgerlich ist, dass die im Gesetzentwurf der Bundesregierung vorgesehene Einführung einer einheitlichen Speicherfrist für die zum Zweck der Abrechnung zwischen
den Diensteanbietern gespeicherten Verkehrsdaten in
letzter Minute des Gesetzgebungsverfahrens gestrichen
wurde, und zwar ohne (offizielle) Begründung. Auf
meine Initiative hin sollte eine Speicherung dieser Daten
nur für maximal drei Monate nach Versand der Rechnung
an den anderen Diensteanbieter erlaubt sein. Leider bleibt
es jetzt bei der bisherigen Regelung, und die Daten dürfen
bis maximal sechs Monate nach Rechnungsversand gespeichert werden, sofern die Diensteanbieter die Erforderlichkeit belegen (vgl. auch Nr. 6.7).
Darüber hinaus führen einige Änderungen eher zu Unklarheiten. Eine dieser Änderung betrifft den Anwendungsbereich der datenschutzrechtlichen Vorschriften des TKG,
nämlich die §§ 91ff TKG. Geschützt werden hiernach die
personenbezogenen Daten von Teilnehmern und Nutzern,
die im Zusammenhang mit der geschäftsmäßigen Erbringung eines Telekommunikationsdienstes von dessen Anbieter verarbeitet werden. Anbieter von geschäftsmäßigen
Telekommunikationsdiensten ist wiederum jeder, der ganz
oder teilweise geschäftsmäßig Telekommunikationsdienste
erbringt oder an der Erbringung solcher Dienste mitwirkt.
Im Rahmen der Gesetzesnovellierung wurden die Legaldefinitionen der Begriffe Teilnehmer und Nutzer in § 3 Nummer 14 und Nummer 20 TKG insoweit geändert, dass
lediglich auf die Inanspruchnahme von öffentlich zugänglichen Telekommunikationsdiensten eingegangen wird.
Nach einhelliger Meinung stellt dies wohl ein gesetzgeberisches Versehen dar, dass der redaktionellen Anpassung an
die europäischen Richtlinien geschuldet ist. Der nach der
Gesetzessystematik eingeschränkte Anwendungsbereich
ist im Wege einer Analogie dahingehend auszulegen, dass
er grundsätzlich auch geschlossenen Benutzergruppen eröffnet und nicht auf Anbieter öffentlich zugänglicher Telekommunikationsdienste beschränkt bleibt. Dies ist deshalb
von Bedeutung, weil man auch dann Diensteanbieter im
Sinne des TKG ist, wenn das Angebot von Telekommunikationsdienstleistungen nur für geschlossene Benutzer-

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