Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

173 ––
–– 173

14.2.4 Aufbewahrungsdauer von Akten
Wehrpflichtiger bei der Bundeswehr
Für Musterungsakten gelten differenzierte Aufbewahrungsfristen. Nach deren Ablauf sind die Akten zu vernichten.
Mit der Aussetzung des Wehrdienstes haben ehemalige
Wehrpflichtige um Aufklärung über die Aufbewahrungsdauer ihrer Musterungsakten gebeten. Für die Aufbewahrung der Musterungsakten gelten unterschiedliche Regelungen je nach Zeitpunkt der Musterung.
Für Wehrpflichtige, die vor dem 30. Juni 2011 gemustert
wurden, richten sich die Aufbewahrungsfristen nach der
Personalaktenverordnung Wehrpflichtige (WPersAV)
vom 15. Oktober 1998. Diese Verordnung regelt Einzelheiten zum Personalaktenrecht der ungedienten Wehrpflichtigen. Sie gilt fort, weil der Wehrdienst zwar ausgesetzt, die Wehrpflicht aber nicht abgeschafft wurde.
Folglich gilt weiterhin eine Wehrpflicht (§ 1 WPflG), die
aber in Friedenszeiten keine praktischen Folgen mehr hat.
Daher handelt es sich bei den Musterungsakten weiterhin
um die Akten von Wehrpflichtigen, für deren Aufbewahrung die WPersAV gilt.
Nach § 4 WPersAV gelten folgende Fristen: Die Personalakte des (ungemusterten und gemusterten) Wehrpflichtigen ist so lange aufzubewahren, wie dies zur Erfüllung der Wehrpflicht erforderlich ist, längstens bis zum
Ablauf des Jahres, in dem der Wehrpflichtige das 45. Lebensjahr vollendet. Im Falle der Wehrdienstunfähigkeit
ist die Personalakte längstens bis zum Ablauf von fünf
Jahren nach Eintritt der Wehrdienstausnahme aufzubewahren, § 4 Absatz 1 Satz 2 WPersAV. Abweichend hiervon sind die Gesundheitsunterlagen längstens bis zum
Ablauf des Jahres aufzubewahren, in dem der Wehrpflichtige das 45. Lebensjahr vollendet, sofern nicht nach
anderen Vorschriften eine längere Aufbewahrungsfrist
vorgesehen ist. In Fällen der Wehrdienstunfähigkeit sind
also spätestens mit Ablauf des Jahres, in dem das 45. Lebensjahr vollendet wurde, die Musterungsakten gemäß
§ 4 Absatz 3 Satz 3 WPersAV zu vernichten.
Für Personen (wehrpflichtige Männer und nicht wehrpflichtige Frauen), die nach dem 30. Juni 2011 für den
Freiwilligen Wehrdienst untersucht wurden, finden die
§§ 58, 59 WPflG Anwendung. Die erhobenen Daten sind
zu löschen, wenn die Betroffenen dies verlangen, spätestens jedoch nach Ablauf eines Jahres nach ihrer erstmaligen Speicherung beim Bundesamt für Wehrverwaltung.
Bei Nichttauglichkeit sind die bei der Untersuchung erhobenen Daten nach Ablauf eines Jahres nach der Untersuchung zu löschen. Im Fall der Tauglichkeit gelten für
Wehrpflichtige bei Nichtantritt des Freiwilligen Wehrdienstes wiederum die Fristen der WPersAV.
14.2.5 Stärkung des Beauftragten für den
Datenschutz in der Bundeswehr
Die Unabhängigkeit des Beauftragten für den Datenschutz in der Bundeswehr wurde endlich gestärkt.
Mit der Neuausrichtung der Bundeswehr ist auch eine
Neustrukturierung des Bundesministeriums der Verteidi-

Drucksache 17/13000

gung verbunden, in deren Rahmen meine Empfehlungen
zur unabhängigen Stellung des Beauftragten für den Datenschutz in der Bundeswehr (BfDBW) umgesetzt wurden. War der BfDBW vor der Reform in Zugleichfunktion Leiter des administrativen Datenschutzes, so gehört
der administrative Datenschutz nach der Neustrukturierung nicht länger zum Aufgabenbereich des BfDBW, sondern bildet einen eigenen, in die ministerielle Hierarchie
eingebundenen Fachstrang.
Der BfDBW kann sich nunmehr ohne die Gefahr von Interessenkonflikten völlig auf seine eigentlichen, originären Aufgaben als behördlicher Datenschutzbeauftragter
(bDSB) konzentrieren. Damit ist er neutraler Ansprechpartner für Soldaten und Zivilbeschäftigte der Bundeswehr und in seiner Funktion als bDSB unmittelbar dem
Minister unterstellt.
14.3

Versendung von Werbematerial an
Jugendliche durch die Bundeswehr

Die Meldeämter übersenden dem Bundesamt für Wehrverwaltung jährlich Meldedaten zur Werbung Freiwilliger. Die Bundeswehr nutzt diese Meldedaten, um Informationsmaterial an junge Menschen zu versenden.
Mit dem Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 (WehrRÄndG)
wurde die allgemeine Wehrpflicht (vgl. Nr. 14.2) ausgesetzt. Die bis dahin geltende Regelung des § 58 des Wehrpflichtgesetzes (WPflG) verpflichtete die Meldeämter,
die Namen und Adressen aller 17-jährigen Männer dem
Kreiswehrersatzamt zu übermitteln, damit diese zur
Musterung einbestellt werden konnten. Diese Musterungspflicht ist außerhalb des Spannungs- und Verteidigungsfalles entfallen. Nun wird die Ableistung eines
freiwilligen Wehrdienstes mit einer Dauer von bis zu
23 Monaten für Männer und Frauen angeboten.
Die neue Fassung des § 58 Absatz 1 WPflG verpflichtet
die Meldebehörden, dem Bundesamt für Wehrverwaltung
jährlich Familienname, Vorname und Anschrift von deutschen Staatsangehörigen zu übermitteln, die im nächsten
Jahr volljährig werden. Damit wird diesem die Möglichkeit eingeräumt, einem ausgewählten Empfängerkreis Informationsmaterial zuzusenden. Die Datenübermittlung
unterbleibt, wenn die Betroffenen nach § 18 Absatz 7 des
Melderechtsrahmengesetzes widersprochen haben.
Erstmalig erfolgte diese Meldung der Einwohnermeldeämter im Oktober 2011. Im Anschluss daran versandte
die Bundeswehr ihre Informationsschreiben „Freiwilliger
Wehrdienst oder Soldat auf Zeit“. In einigen Fällen führten diese Schreiben zu Unverständnis bei den Betroffen
oder ihren Eltern, wie in Eingaben an meine Behörde zum
Ausdruck kam. Die Ursachen hierfür waren unterschiedlicher Natur. Aufgrund der kurzfristigen Änderung der
Rechtsgrundlage war vielen Bürgerinnen und Bürgern
ihre Widerspruchsmöglichkeit nicht bekannt. In Einzelfällen handelte es sich auch um schlichte Übermittlungsfehler der Meldebehörden, die auch Daten von Kleinkindern ohne Angabe der Geburtsdaten übermittelten, sodass
auch diesen von der Bundeswehr Informationsmaterial
zugesandt wurde.

BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012

Select target paragraph3