Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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wirken. Bei Angaben zur Gesundheit handelt es sich um
sensible persönliche Daten i. S. d. § 67 Absatz 12
SGB X. Deshalb wundert es mich nicht, wenn sich viele
Bürgerinnen und Bürger mit Fragen zum Umgang mit
Gesundheitsdaten an mich wenden.
Muss ich meine Ärzte von der Schweigepflicht
entbinden?
Bei der Erhebung von Gesundheitsdaten können Mitwirkungspflichten der arbeitslos gemeldeten Personen bestehen. Schwierig bleibt die Unterscheidung, wo die freiwillige Angabe durch die Betroffenen endet und wo die
– sanktionierbare – Mitwirkungspflicht beginnt.
Zu Fragen der Erhebung von und des weiteren Umgangs
mit Gesundheitsdaten befinde ich mich daher im ständigen Dialog mit der BA. Neben Verbesserungen, die ich
beispielsweise bei der Gestaltung der Schweigepflichtsentbindungen (23. TB Nr. 11.5.4, dritter Spiegelstrich)
erreichen konnte, bestehen nach wie vor unterschiedliche
Auffassungen darüber, bis zu welchem Grad hierbei Betroffene mitwirken müssen und welche Folgen eine fehlende Mitwirkung auslöst. Zu meinen Ausführungen zur
unrechtmäßigen Anforderung einer Schweigepflichtsentbindung (20. TB Nr. 16.7.3) teilte mir die BA mit, die
Abgabe einer Schweigepflichtsentbindung falle unter die
Mitwirkungspflichten der §§ 60 ff. SGB I. Käme ein Betroffener dieser Pflicht nicht nach, könnten die Leistungen versagt oder entzogen werden (§ 66 Absatz 1 SGB I).
Ich stimme mit der BA darin überein, dass ihre Mitarbeiter im erforderlichen Umfang Kenntnis über gesundheitliche Einschränkungen der Betroffenen haben müssen.
Wenn diese Auswirkungen auf die Vermittlung haben
können, ist es Aufgabe der Agenturen für Arbeit festzustellen, worin die konkreten Einschränkungen bestehen
und wie sich diese auf die Leistungsfähigkeit auswirken.
Die Betroffenen sind dazu verpflichtet, bei der Aufklärung des Sachverhaltes mitzuwirken (§§ 60 bis 62
SGB I).
Allerdings teile ich nicht die Auffassung der BA, bereits
die fehlende Erteilung einer Schweigepflichtsentbindung
berechtige sie dazu, die Leistungen einzustellen. Die Entbindung der Ärzte von der Schweigepflicht ist nicht der
einzige Weg, um den Sachverhalt aufzuklären. Die BA
kann den vom Betroffenen ausgefüllten Gesundheitsfragebogen und eingereichte Befundunterlagen durch den eigenen Ärztlichen Dienst auswerten lassen oder eine persönliche Meldung des Betroffenen zu einer Untersuchung
beim Ärztlichen Dienst anordnen. Bevor die Agentur die
Leistungen versagt oder entzieht, sind daher die weiteren
Ermittlungsmöglichkeiten auszuschöpfen. Eine Entziehung oder Versagung der Leistungen allein aufgrund einer nichterteilten Schweigepflichtsentbindung würde
einen unverhältnismäßigen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung darstellen, wenn der Betroffene bereit ist, auf andere Weise mitzuwirken.
Meine Rechtsauffassung habe ich der BA mitgeteilt. Ihre
Antwort auf mein letztes Schreiben lag bei Redaktionsschluss noch nicht vor. Ich erwarte aber, dass die BA

Drucksache 17/13000

meine Rechtsauffassung bei ihren Entscheidungen über
die Entziehungen von Leistungen nach § 66 SGB I künftig berücksichtigt, und werde dies gegebenenfalls vor Ort
kontrollieren.
Darf mein Arbeitsvermittler die Unterlagen für den
Ärztlichen Dienst lesen?
Der „Praxisleitfaden zur Einschaltung des Ärztlichen
Dienstes im Bereich des SGB II und SGB III“ der BA regelt, dass Gesundheitsunterlagen im verschlossenen Umschlag einzureichen sind. Gleichwohl erreichen mich
immer wieder Beschwerden, verschlossen übergebene
Unterlagen würden von den Fachkräften ohne Einwilligung der Betroffenen geöffnet und eingesehen.
Die in den Agenturen für Arbeit tätigen Fachkräfte sind
nicht dafür ausgebildet, medizinische Unterlagen auszuwerten. Dies ist Aufgabe des Fachpersonals des Ärztlichen Dienstes. Die BA hat in diesen Fällen einen Verstoß
eingeräumt. Ich hoffe, die Mitarbeiter der BA werden
aufgrund der Bürgereingaben weiter dahingehend sensibilisiert, dass für den Ärztlichen Dienst eingereichte Unterlagen sensible Daten enthalten, die nicht in die Hände
der Arbeitsvermittler gehören.
12.2.4 Einzelfälle
– Die BA verlangt für die Zulassung als Maßnahmeträger die Übermittlung personenbezogener Daten der
Lehrkräfte.
Ein Mitarbeiter eines Unternehmens, das Maßnahmen zur
Arbeitsförderung im Sinne des SGB III anbietet, machte
mich auf die Praxis der BA aufmerksam, im Rahmen des
Zulassungsverfahrens personenbezogene Daten der Lehrkräfte abzufragen. Nachdem die BA bisher 13 Angaben
zu den Lehrkräften angefordert hatte, werden – nach BAinterner Überprüfung des Datenkatalogs – nunmehr nur
noch sieben Punkte abgefragt (Name und Vorname, Geburtsdatum, Einsatz als …, Qualifikation für den vorgesehenen Einsatz, Zeitstunden in der Maßnahme, Anstellungsverhältnis, Einsatz in weiteren Maßnahmen). Diese
Reduzierung begrüße ich.
Die BA darf diese Daten nach §§ 176 ff. SGB III i. V. m.
der Akkreditierungs- und Zulassungsverordnung Arbeitsförderung erheben. Die Kenntnis dieser Daten ist erforderlich, um eine ordnungsgemäße Maßnahmedurchführung durch entsprechend geeignetes und qualifiziertes
Personal zu gewährleisten. Bezüglich der Speicher- und
Löschfristen stehe ich in Kontakt mit der BA.
– Inkassostelle einer Regionaldirektion der BA versendet Ratenzahlungsvereinbarung und Mahnung an unbeteiligten Dritten.
Ein Petent hatte von der Inkassostelle einer Regionaldirektion der BA eine Ratenzahlungsvereinbarung und eine
Mahnung über eine Forderung erhalten, die gegen eine
andere Person gerichtet war. Diese hatte zwar den gleichen Vornamen, Nachnamen und Geburtstag, jedoch
einen anderen Geburtsort. Aufgrund der Verwechslung
erhielt der Petent neben eigenen Sozialdaten unzulässigerweise auch Daten zu einer anderen Person.

BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012

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