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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
ger aufwendiges Mittel. Das kann aber gleichwohl nicht
ihren pauschalen Einsatz rechtfertigen. Es müssen Umstände vorliegen, die die Erhebung beim Betroffenen aufwendiger machen als dies gewöhnlich der Fall ist. Darüber hinaus muss auch in diesem Fall die Maßnahme
geeignet sein und es dürfen keine überwiegend schutzwürdigen Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden. Deswegen habe ich auch hier erhebliche Zweifel den
Jobcentern gegenüber geäußert. Überdies müssten in allen Fällen die Betroffenen über die entsprechende Datenerhebung bei Dritten unterrichtet werden (§ 67a Absatz 5
SGB X), sofern sie nicht bereits Kenntnis hiervon haben.
deten Ausnahmefällen zur Kenntnis gegeben werden soll.
Weiterhin soll der Arbeitnehmer bereits im Anhörungsschreiben einen Hinweis erhalten, dass seine Stellungnahme dem früheren Arbeitgeber ganz oder in Auszügen
bekannt gegeben werden darf, wenn sich der Sachverhalt
nur auf diese Weise vollständig aufklären lässt. Ich begrüße die bereits erfolgten Anpassungen der zentralen
Vordrucke durch die BA und werde die künftige Umsetzung in den Jobcentern kontrollieren.
Ich habe den betroffenen Jobcentern nahegelegt, Internetsuchmaschinen und soziale Netzwerke im Rahmen der
Sachverhaltsaufklärung nur in Ausnahmefällen und nach
vorheriger Prüfung aller gesetzlichen Voraussetzungen zu
nutzen. Dies werde ich regelmäßig im Rahmen meiner
Beratungs- und Kontrollbesuche vor Ort überprüfen.
Unter bestimmten Voraussetzungen dürfen Jobcenter
ärztliche Gutachten an Sozialämter weiterleiten.
12.1.3.4 Übermittlung von Stellungnahmen der
Arbeitnehmer an ehemalige Arbeitgeber
Die BA hat aufgrund meiner Hinweise ihre zentralen Vordrucke datenschutzkonform gestaltet.
Betroffene, die bei einem Jobcenter Leistungen nach dem
SGB II beantragt hatten, beschwerten sich, ihre für das
Jobcenter bestimmte Stellungnahme über die Beendigung
des bisherigen Arbeitsverhältnisses sei von diesem an den
ehemaligen Arbeitgeber übermittelt worden. Hierfür
wurde häufig ein zentraler Vordruck der BA benutzt.
Erwerbsfähige Leistungsberechtigte verletzen ihre Pflichten, wenn sie sich weigern, eine zumutbare Arbeit fortzuführen (§ 31 Absatz 1 Nummer 2 SGB II). Bei Beendigung eines Arbeitsverhältnisses kann es somit für das
Jobcenter erforderlich sein, eine Pflichtverletzung zu prüfen, die eine Minderung der Leistungen zur Folge hätte.
Hierbei ist seitens des Jobcenters der Ersterhebungsgrundsatz zu beachten, nach dem Sozialdaten vorrangig
beim Betroffenen zu erheben sind (§ 67a Absatz 2 Satz 1
SGB X). Sind die Angaben des Arbeitnehmers nicht ausreichend, hat das Jobcenter den Sachverhalt von Amts
wegen zu ermitteln (§ 20 Absatz 1 SGB X). Dabei ist eine
Übermittlung von Sozialdaten an den ehemaligen Arbeitgeber, um diesen nach Gründen der Beendigung eines Beschäftigungsverhältnisses zu befragen, nach §§ 67d, 68
Absatz 1 Nummer 1 SGB X i. V. m. § 31 Absatz 1 Nummer 2 SGB II zulässig, wenn dies für die Entscheidung
der Pflichtverletzung erforderlich ist.
12.1.3.5 Übermittlung eines ärztlichen
Gutachtens an das Sozialamt
Eine Reihe von Betroffenen hat sich darüber beklagt, Jobcenter übermittelten ihre vom Ärztlichen Dienst der Bundesagentur für Arbeit (BA) erstellten Gutachten an Sozialämter, ohne ihre Einwilligung eingeholt oder ihnen
zumindest einen Hinweis auf ihr Widerspruchsrecht gegeben zu haben.
Die in den ärztlichen Gutachten erhobenen Gesundheitsdaten sind sensible personenbezogene Daten besonderer
Art (§ 67 Absatz 12 SGB X), die allerdings durch die
Jobcenter als Stellen nach § 35 SGB I für die Prüfung der
Erwerbsfähigkeit als gesetzliche Aufgabe erhoben, verarbeitet und genutzt werden dürfen (§ 67a Absatz 1 Satz 1,
§ 67b Absatz 1 Satz 1 SGB X i. V. m. § 8 SGB II).
Die Kenntnis der Inhalte dieser Gutachten war in den von
mir geprüften Fällen für die Erfüllung einer gesetzlichen
Aufgabe der Sozialämter als Leistungsträger nach § 28
SGB I erforderlich, da die Betroffenen dort Anträge auf
Leistungen nach dem SGB XII gestellt hatten. Der Anspruch auf Sozialhilfe nach dem SGB XII besteht dann,
wenn bei der Begutachtung eine dauerhafte oder zumindest mehr als sechsmonatige Erwerbsunfähigkeit festgestellt wurde. Die Prüfung der Anspruchsvoraussetzungen
für die beantragten Leistungen konnte in den Sozialämtern nur anhand der ärztlichen Gutachten der Jobcenter
(Teil B, sozialmedizinische Stellungnahme mit den Angaben zur Erwerbs- und Leistungsfähigkeit, ohne medizinische Dokumentation und Erörterung) durchgeführt werden. Dies habe ich mir von den für die Aufsicht über die
Sozialämter zuständigen Landesdatenschutzbeauftragten
im Einzelfall bestätigen lassen.
Somit müssen die Jobcenter im Einzelfall prüfen, ob die
Weiterleitung der Stellungnahme des Arbeitnehmers an
den Arbeitgeber überhaupt erforderlich ist. Bislang sahen
die verwendeten BA-Vordrucke zur Befragung des ehemaligen Arbeitgebers keine neutrale Anfrage vor, sodass
zwingend mit der Anfrage die Stellungnahme des Arbeitnehmers ganz oder in Auszügen übermittelt wurde. Das
halte ich für problematisch.
Der Ersterhebungsgrundsatz nach § 67a Absatz 2 Satz 1
SGB X sieht grundsätzlich eine Anforderung der Gutachten durch die Sozialämter bei den Betroffenen selbst vor.
Für die Übermittlung von Gesundheitsdaten zwischen Sozialleistungsträgern lässt § 67a Absatz 2 Satz 2 Nummer 1 SGB X nur eine gesetzlich eng geregelte Ausnahme von diesem Grundsatz zu. Nach dieser durften die
Sozialdaten ohne Mitwirkung der Betroffenen von den
Sozialämtern nur erhoben werden, wenn die Jobcenter ihrerseits zur Übermittlung der Daten an die Sozialämter
befugt waren.
Die BA hat auf meine Bitte hin den Vordruck so angepasst, dass die Stellungnahme des Arbeitnehmers zum
Kündigungsgrund dem Arbeitgeber nur noch in begrün-
Die entsprechende Befugnis leitet sich bei vorliegender
Fallgestaltung aus § 76 Absatz 2 Nummer 1 i. V. m. § 69
Absatz 1 Nummer 1 SGB X ab. Danach darf ein ärztli-
BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012