Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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ben zu persönlichen Empfindungen der Versicherten, wie
beispielsweise Suizidgedanken oder ausführliche Beschreibungen der Befindlichkeiten des Versicherten – teilweise mit subjektiven Kommentierungen der Sachbearbeiter. Weiter wurden in diesen Handakten Befund- bzw.
Krankenhausentlassungsberichte von behandelnden Ärzten im Original festgestellt. Auch fanden sich Unterlagen,
die ausschließlich für die Begutachtung durch den MDK
zur Verfügung gestellt worden waren. Gleiches gilt für
Stellungnahmen und z. T. vollständige sozialmedizinische Gutachten des MDK.
Da die vorgefundenen Handakten sehr umfangreich waren, baten meine Mitarbeiter um eine vollständige Kopie,
um diese dann inhaltlich und rechtlich prüfen zu können.
Wie ich bei Sichtung der Handakten feststellen musste,
waren die kopierten Handakten entgegen der ausdrücklichen Zusage nicht vollständig. Prüfungsrelevante Originalunterlagen waren entnommen worden, eine ordnungsgemäße Prüfung war mir nicht mehr möglich. Die
Herausgabe der vollständigen Handakten wurde nunmehr
verweigert.
Gegenüber der Siemens BKK habe ich dies wegen mangelnder Unterstützung bei der Erfüllung meiner Aufgaben
nach § 81 Absatz 2 i. V. m. § 25 Absatz 1 BDSG als Verstoß gegen § 24 Absatz 4 BDSG beanstandet.
11.1.9
Die Beteiligung von Gesundheitsservices bei Mutter-Kind-Kuren
Einige gesetzliche Krankenkassen kooperieren bei der
Leistungsgewährung von Mutter-Kind-Kuren mit so genannten „Gesundheitsservices“. Viele Mütter sahen hierin
eine Verletzung datenschutzrechtlicher Grundsätze.
Im Berichtszeitraum erreichten mich zahlreiche Eingaben
besorgter Mütter, deren Daten bei der Durchführung von
Rehabilitationsmaßnahmen nach § 41 Absatz 1 SGB V
– den so genannten Mutter-Kind-Kuren – an ein privates
Unternehmen weitergegeben wurden. Diese Unternehmen haben mit einer Vielzahl von kleineren und mittleren
Krankenkassen Vereinbarungen über Unterstützungsleistungen bei der Durchführung von Mutter-Kind-Kuren geschlossen, so zum Beispiel die Bereitstellung erforderlicher
Kapazitäten in den Kureinrichtungen oder den Buchungsservice für die Krankenkasse und die Versicherte. Hierdurch wird eine bessere Auslastung der Einrichtungen erreicht, wofür die Krankenkasse Preisnachlässe erhält.
Ferner werden die Kassen von Verwaltungsaufgaben entlastet. Nach der Bewilligung der beantragten Maßnahme
beauftragt die Kasse das Unternehmen, eine bedarfsgerechte Kureinrichtung zu ermitteln. Hierzu gibt sie Angaben zu Mutter und Kind, wie Namen und Anschrift, an das
Unternehmen weiter, aber auch Informationen zum Gesundheitszustand oder den vorgesehenen therapeutischen
Maßnahmen. Dieses Vorgehen werte ich als Datenverarbeitung im Auftrag nach § 80 SGB X. Die Krankenkasse
entscheidet selbst über die Bewilligung der Reha-Maßnahme und trägt weiterhin die datenschutzrechtliche
Verantwortung für die rechtmäßige Verarbeitung der Versichertendaten. Das Unternehmen übernimmt hingegen
lediglich unterstützende Tätigkeiten. Sofern in diesem
Drucksache 17/13000
Rahmen Daten der Versicherten dem Serviceunternehmen
von der Krankenkasse zur Verfügung gestellt werden, ist
dies datenschutzrechtlich nicht zu beanstanden.
Bedenken habe ich allerdings, ob in jedem Einzelfall die
Angaben versichertenbezogen weitergegeben werden
müssen. Eine Krankenkasse ist bereits dazu übergegangen, eine anonymisierte Abfrage vorzunehmen. Ich werde
darauf hinwirken, dass die anderen Krankenkassen diesem Beispiel folgen.
11.1.10 Versorgung mit Heil- und Hilfsmitteln
Bei der Versorgung der Versicherten mit Heil- und Hilfsmitteln werden die datenschutzrechtlichen Regelungen
nicht immer eingehalten.
Versorgung mit Heilmitteln
Bei der Versorgung von Versicherten mit Heilmitteln hat
die Krankenkasse nach § 32 SGB V auf Grundlage der ihr
zulässigerweise vorliegenden Unterlagen über den Leistungsanspruch zu entscheiden. Eine Befugnis, für diese
Entscheidung zusätzliche Sozialdaten beim Versicherten
oder gar beim Leistungserbringer zu erheben, gibt diese
Regelung nicht her. Hat die Krankenkasse Zweifel, ob die
geltend gemachte Leistung tatsächlich von ihr zu erbringen
ist, hat sie nach § 275 Absatz 1 Nummer 1 SGB V den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) einzuschalten.
Die Verantwortung für die vollständige Verordnung von
Heilmitteln, wie z. B. Ergotherapie, physikalische Behandlungen usw., und die damit verbundene Übermittlung von
Gesundheitsdaten an die Krankenkasse trägt allerdings der
verordnende Arzt, der insoweit zur Offenlegung der erforderlichen Daten befugt ist. Dieser hat nach den Vorgaben in
der vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) beschlossenen „Richtlinie über die Verordnung von Heilmitteln in der vertragsärztlichen Versorgung – HeilmittelRichtlinie“ die erforderlichen Daten zu übermitteln, damit die Krankenkasse prüfen kann, ob die beantragten
Leistungen notwendig, zweckmäßig und wirtschaftlich
sind. Bei unvollständigen Verordnungen ist eine Nachfrage der Krankenkasse beim verordnenden Arzt zulässig.
Eine Datenerhebung beim Versicherten oder beim Leistungserbringer ist im Fünften Buch Sozialgesetzbuch weder vorgesehen noch erforderlich.
Soweit einige Krankenkassen als Grundlage für die zusätzliche Datenerhebung das Gebot der Wirtschaftlichkeit
anführen, ist darauf hinzuweisen, dass die Wirtschaftlichkeitsprüfung von der gemeinsamen Prüfstelle nach § 106
Absatz 4 SGB V durchgeführt wird. Auch hier gibt es
keinen Grund für eine eigene zusätzliche Datenerhebung.
Versorgung mit Hilfsmitteln
Mit dem Gesetz zur Weiterentwicklung der Organisationsstrukturen in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKVOrgWG) vom 15. Dezember 2008 (BGBl. I S. 2426)
wurde die Hilfsmittelversorgung in der gesetzlichen
Krankenversicherung neu geregelt. Seit dieser Zeit dürfen
BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012