Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
8

Innere Verwaltung und Rechtswesen

8.1

Statistik

8.1.1

Zensus 2011 – War da was?

115 ––
–– 115

Am 9. Mai 2011 war Stichtag der Volkszählung in
Deutschland. Hauptsächlich als Registerzählung konzipiert, hat der Zensus 2011 viele gar nicht unmittelbar berührt. Dass aber hinter den Kulissen die praktische
Durchführung des Zensus 2011 beim Statistischen Bundesamt ganz überwiegend datenschutzgerecht abläuft,
davon habe ich mich überzeugt.
Die in mehrjährigem Rhythmus durchgeführten Volkszählungen sind die statistischen Großereignisse schlechthin.
Bisweilen erregen sie auch die Gemüter – wie die letzte
(west-)deutsche Volkszählung, die zunächst für 1983 geplant, auf Grund der Monita des Bundesverfassungsgerichts aber erst 1987 durchgeführt wurde. Das Volkszählungsurteil vom 19. Dezember 1983 (BVerfGE 65, 1, S. 1 –
abrufbar unter www.zensus2011.de) ist seither die „Bibel“
aller Datenschützer. Wie kein zweites Ereignis haben die
Volkszählung und das Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts den rechtlichen Rahmen und das Verständnis für den Datenschutz in Deutschland geprägt.
Wer allerdings gedacht hätte, dass der Zensus 2011 vergleichbare Aufmerksamkeit und Proteste auf sich ziehen
würde, sah sich getäuscht. Die neue – registergestützte –
Volkszählung lief im Großen und Ganzen unspektakulär
ab und beschäftigte die Öffentlichkeit nur am Rande. Für
mich und meine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter war
dies aber kein Grund, weniger genau hinzusehen. In einer
Vielzahl von Beratungsgesprächen und bei Prüfungen vor
Ort habe ich darauf geachtet, dass die gesetzlichen und
verfassungsrechtlichen Vorgaben eingehalten werden. Da
die Durchführung des Zensus vor Ort durch die Statistischen Landesämter erfolgt, liegt die datenschutzrechtliche Kontrollzuständigkeit dafür bei den Landesbeauftragten für den Datenschutz, mit denen ich mich vor, während
und nach dem Zensus abgestimmt habe.
Zum Stichtag hatten sämtliche Meldebehörden Datensätze über alle Einwohnerinnen und Einwohner an die
Statistischen Ämter übermittelt. Auch von der Bundesagentur für Arbeit kamen umfangreiche Daten. Sämtliche
Eigentümer bzw. Verwalter der Gebäude und Wohnungen
in Deutschland wurden im Rahmen einer Gebäude- und
Wohnungszählung zu diesen befragt. Lediglich bei
9,6 Prozent der Bevölkerung – immerhin noch fast 8 Millionen – fand darüber hinaus eine Haushaltebefragung
statt, wobei die Auskunftspflichtigen in etwa dieselben
Merkmale anzugeben hatten wie bei der Vollerhebung
1983 sämtliche Bürgerinnen und Bürger. Rechtsgrundlage für diese Erhebungen ist das Gesetz über den registergestützten Zensus im Jahre 2011 (Zensusgesetz 2011 –
ZensG 2011, vgl. 23. TB Nr. 8.1.1).
Das Statistische Bundesamt hat für den Zensus einen so
genannten Referenzdatenbestand aufgebaut. Dieser setzt
sich zusammen aus dem Anschriften- und Gebäuderegister und dem Melde- und Erwerbsdatenregister (vgl. Kasten zu Nr. 8.1.1).
Ein Zugriff auf die Daten ist im Statistischen Bundesamt
nur in einem speziell gesicherten Bereich und nur durch

Drucksache 17/13000

eigens dafür autorisierte Personen möglich. Bei einem
Kontrollbesuch habe ich mir die Arbeitsplätze in diesem
gesicherten Bereich zeigen lassen. Mir wurden der Aufbau der beim Statistischen Bundesamt vorhandenen Register bzw. Datenbestände sowie das Verfahren der Zentralen Benutzer- und Rechteverwaltung erläutert und
praktisch am Arbeitsplatz vorgeführt. Wie ich dabei feststellen konnte, hat das Statistische Bundesamt die Herausforderungen des Zensus 2011 für den Datenschutz
und die Datensicherheit erkannt und technische sowie organisatorische Lösungen für eine datenschutzgerechte
Umsetzung gefunden, die einen Datenmissbrauch weitgehend ausschließen.
Trotz dieses guten Eindrucks ist leider auch der Zensus 2011
nicht gänzlich von Problemen verschont geblieben.
Einer der statistikrechtlichen Grundsätze, der sich sowohl
im Bundesstatistikgesetz als auch speziell im ZensG 2011
findet, betrifft die Trennung und Löschung der so genannten Hilfsmerkmale. Hilfsmerkmale sind Angaben, die der
technischen Durchführung der Statistik dienen, wie beispielsweise der Name und die Anschrift der Person. Sie
sind zu löschen, sobald die Überprüfung der Erhebungsund Hilfsmerkmale auf ihre Schlüssigkeit und Vollständigkeit abgeschlossen ist. Die Aufbereitung der Daten
durch die statistischen Ämter hat länger gedauert als ursprünglich vorgesehen. Dadurch kommt es auch zu Verzögerungen bei der Löschung der Hilfsmerkmale. Dies ist
sehr bedauerlich! Beim aktuellen Zensus müssen die statistischen Ämter die Hilfsmerkmale so schnell wie möglich löschen. Ich werde mich zu gegebener Zeit davon
überzeugen, dass das Statistische Bundesamt dieser Verpflichtung nachkommt.
Die Gründe für die Verzögerungen müssen näher untersucht werden, um zu verhindern, dass sich dies beim für
2021 vorgesehenen nächsten Zensus wiederholt.
K a s t e n z u N r. 8 . 1 . 1
Das Anschriften- und Gebäuderegister besteht aus den
Daten der Vermessungsregister, den Anschriftenmerkmalen der Bundesagentur für Arbeit sowie aus Daten
der Melderegister. Die in den Melderegistern vorhandenen personenbezogenen Daten finden sich dort allerdings nicht wieder. Diese wurden für das Anschriftenund Gebäuderegister lediglich als Strukturmerkmale
verwendet, so zum Beispiel die Anzahl der Personen,
die an einer Anschrift wohnen. Das Melde- und Erwerbsdatenregister wiederum enthält die Melderegisterdaten nach § 3 Absatz 1 sowie die erwerbsstatistischen
Daten nach §§ 4, 5 ZensG 2011. Die Übernahme und
Zusammenführung der Daten obliegt grundsätzlich den
Statistischen Landesämtern.
8.1.2

Verwaltungsdaten für die amtliche
Statistik?

Der Entwurf eines Gesetzes über die Statistik der Bevölkerungsbewegung und die Fortschreibung des Bevölkerungsstandes (Bevölkerungsstatistikgesetz – BevStatG)
bringt auch datenschutzrechtliche Verbesserungen mit sich.

BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012

Select target paragraph3