Drucksache 17/13000
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Die Statistiken nach dem BevStatG sind als sogenannte Sekundärerhebungen ausgestaltet. Die erforderlichen Daten
werden der Statistik von den Verwaltungsbehörden geliefert. Dagegen habe ich keine grundlegenden datenschutzrechtlichen Vorbehalte. Bedenklich wird es aber dann,
wenn die Verwaltungsbehörden Daten für die amtliche Statistik erheben, die sie für ihre eigenen Zwecke nicht benötigen. Zunächst widerspricht dies dem im Volkszählungsurteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfGE 65, 1, 1)
ausdrücklich betonten Prinzip der Trennung von Statistik
und Verwaltung. Denn durch die Erhebung der Statistikmerkmale erfahren die Verwaltungsmitarbeiter Informationen, die sie für die Wahrnehmung ihrer Aufgaben nicht
benötigen und deshalb nicht erheben dürften.
Des Weiteren stellt sich die Frage nach der rechtlichen
Konstruktion eines solchen Verfahrens. Erhebt die Verwaltungsbehörde nämlich Daten nicht für eigene Zwecke,
sondern gleichsam als verlängerter Arm der Statistik, ist
sie als Auftragnehmer einer Auftragsdatenverarbeitung
anzusehen. Das hätte die Anwendbarkeit von § 11 BDSG
mit allen Rechten und Pflichten zur Folge, die eine Auftragsdatenverarbeitung mit sich bringt; zum Beispiel Weisungsrechte und Kontrollpflichten. Ferner dürfte denjenigen, die zu Angaben gegenüber der Verwaltungsbehörde
verpflichtet sind, nur schwer vermittelbar sein, dass einige Daten nur für Zwecke der amtlichen Statistik erhoben werden.
Der Gesetzentwurf sieht nun vor, dass die Verwaltungsbehörden nur solche Daten an die amtliche Statistik übermitteln, die dort bereits vorhanden sind. Daher entfallen
insbesondere die Erhebungsmerkmale Körpergewicht
und Körperlänge für die Statistik über lebend- und totgeborene Kinder sowie das Erhebungsmerkmal rechtliche
(Nicht-) Zugehörigkeit zu einer Religionsgemeinschaft.
Dies sehe ich positiv und werde mich im weiteren parlamentarischen Verfahren dafür einsetzen, dass insoweit
keine Änderungen an dem Entwurf vorgenommen werden.
8.2
Bundesmeldegesetz – zentrales Bundesmelderegister konnte verhindert werden;
Vermittlungsausschuss wurde
angerufen
Das vom Deutschen Bundestag am 28. Juni 2012 beschlossene Gesetz zur Fortentwicklung des Meldewesens
(MeldFortG) wies gegenüber dem Regierungsentwurf,
den ich intensiv datenschutzrechtlich begleitet hatte, erhebliche Verschlechterungen auf. Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder hat daraufhin durch eine Initiative gegenüber dem Bundesrat
mit dazu beigetragen, dass dieser dem Gesetz nicht zugestimmt, sondern den Vermittlungsausschuss angerufen
hat.
Mit der Föderalismusreform des Jahres 2006 ist dem
Bund die ausschließliche Gesetzgebungskompetenz für
das Meldewesen übertragen worden. Seit dem Jahre 2007
begleite ich intensiv das Gesetzgebungsvorhaben für das
Bundesmeldegesetz (vgl. 22. TB Nr. 5.2 und 6.5). Dabei
BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
ist es insbesondere gelungen, die Einführung eines zentralen Melderegisters zu verhindern.
Nachdem ein Regierungsentwurf für eine neue gesetzliche Grundlage in der vorherigen Legislaturperiode nicht
zustande gekommen war, hat die Bundesregierung nun
am 31. August 2011 einen Gesetzentwurf beschlossen.
Der von der Bundesregierung dem Deutschen Bundestag
vorgelegte Entwurf eines Gesetzes zur Fortentwicklung
des Meldewesens (MeldFortG) vom 16. November 2011
– Bundestagsdrucksache 17/7746 – enthielt aus datenschutzrechtlicher Sicht einige Verbesserungen gegenüber
früheren Referentenentwürfen (insbes. Verzicht auf ein
zentrales Bundesmelderegister) und teilweise auch gegenüber der geltenden Rechtslage (insbes. Einwilligungslösung bei einfachen Melderegisterauskünften für Zwecke der Werbung und des Adresshandels). Gleichwohl
bestanden noch wesentliche datenschutzrechtliche Bedenken und Forderungen, die im Rahmen der Ressortabstimmung nicht berücksichtigt worden waren. Diese betrafen:
– (weitere) Stärkung der Rechte des Meldepflichtigen
bei Melderegisterauskünften,
– Abschaffung der Hotelmeldepflicht,
– keine Wiedereinführung der Mitwirkungspflicht des
Wohnungsgebers bei der Anmeldung des Mieters.
Der Deutsche Bundestag hat in seinem Gesetzesbeschluss
am 28. Juni 2012 nicht nur diese Forderungen nicht berücksichtigt, sondern auf Vorschlag des Innenausschusses
hin Änderungen beschlossen, die die im Regierungsentwurf enthaltenen Datenschutzbestimmungen deutlich verschlechtern und zum Teil sogar hinter das geltende Recht
zurückfallen. Dabei geht es im Wesentlichen um folgende
Punkte:
– Einfache Melderegisterauskünfte für Zwecke der Werbung und des Adresshandels:
Die im Regierungsentwurf vorgesehene Einwilligungslösung wurde durch eine bloße Widerspruchslösung ersetzt, die zudem durch eine Ausnahme für
Daten, die ausschließlich zur Bestätigung oder Berichtigung bereits vorhandener Daten verwendet werden,
erheblich aufgeweicht wird.
– Einfache Melderegisterauskünfte zu sonstigen gewerblichen Zwecken:
Beschränkung der ursprünglich vorgesehenen Zweckbindungsregelung für sämtliche gewerbliche Zwecke
auf Zwecke der Werbung und des Adresshandels.
– Streichung des Widerspruchsrechts gegen die Erteilung einfacher Melderegisterauskünfte im Wege des
automatisierten Abrufs ��ber das Internet.
Die Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes
und der Länder hat in einer Entschließung vom 22. August
2012 (vgl. Kasten zu Nr. 8.2) und einer gemeinsamen fachlichen Stellungnahme an den Bundesrat auf die erheblichen
datenschutzrechtlichen Defizite hingewiesen und den Bun-