Drucksache 17/13000

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

– PIAV dient nach meiner ersten Einschätzung vor allem
der Gefahrenvorsorge bzw. der vorbeugenden Bekämpfung von Straftaten und darf die dafür geltenden
besonderen Schwellen für die Speicherung nicht unterlaufen. Diese Schwellen sind im Bundeskriminalamtgesetz festgelegt. Die Speicherung der Daten von
Beschuldigten und Tatverdächtigen setzt danach eine
täter- bzw. tatbezogene Einzelprognose voraus (sog.
Negativprognose). Die Daten sind erforderlich, wenn
wegen der Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit des Betroffenen oder sonstiger Erkenntnisse
Grund zu der Annahme besteht, dass Strafverfahren
gegen den Beschuldigten oder Tatverdächtigen zu
führen sind. Stets muss eine hinreichende Tatsachengrundlage vorliegen, um eine derartige Negativprognose vorzunehmen. Für Kontakt- und Begleitpersonen, Zeugen, Opfer und sonstige Personen legt das
Gesetz engere Grenzen fest.

wird der Zweck dieser Hinweise und deren Abgrenzung
zu den PHW zu klären sein.

– Der Umfang der zu speichernden Daten ist ebenfalls
klärungsbedürftig. Die Rechtsverordnung über die Arten von Daten, die das BKA als Zentralstelle speichern
darf, sieht entsprechende Grenzen vor (vgl. 23. TB
Nr. 7.2.1). Dies schließt größtenteils aus, Volltextdokumente zur Gefahrenvorsorge in zentrale Verbunddateien zu übernehmen. Besonders kritisch sehe ich es,
wenn die Recherche- und Analysefunktionen die Suche in Dateianhängen umfassen (vgl. dazu auch die
Entschließung der 80. Konferenz der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder, abgedruckt in:
23. TB Kasten zu Nr. 7.5.1).

K a s t e n z u N r. 7 . 4 . 5

Ich habe das Bundeskriminalamt um Stellungnahme gebeten. Diese lag bis Redaktionsschluss noch nicht vor.
Die Speicherung sog. personengebundener Hinweise
(PHW) im INPOL-Verbund beschäftigt die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder schon seit langem. Die PHW dienen der Eigensicherung, teilweise aber
auch dem Schutz der Betroffenen. Polizeibeamte sollen
zum Beispiel rechtzeitig gewarnt werden, wenn eine Person als bewaffnet bekannt oder freitodgefährdet ist. Hierbei handelt es sich oft um sensible personenbezogene Daten. Sie können sich u. a. auf Krankheiten beziehen (z. B.
„Ansteckungsgefahr“). Die Datenschutzbeauftragten haben immer wieder darauf gedrängt, klare Kriterien zu
schaffen. Diese müssen festlegen, welche PHW die Polizeibehörden geben dürfen, und klar bestimmen, unter
welchen Voraussetzungen dies geschehen darf. Das Bundeskriminalamt hat in Zusammenarbeit mit den Ländern
nun einen Leitfaden erarbeitet. Dieser legt die Speicherkriterien nun ausführlicher fest. Vergibt eine Polizeibehörde einen PHW, muss sie die Gründe dafür dokumentieren. Ich hätte mir allerdings gewünscht, dass auch klare
Kriterien für eigenständige Laufzeiten der PHW festgelegt worden wären. Dies ist nicht der Fall, obwohl INPOL
richtigerweise ein eigenes Feld für das Aussonderungsprüfdatum von PHW enthält. Aktuell ist eine weitere Entwicklung geplant. Neben den Hinweisen zur Eigensicherung sind sog. ermittlungsrelevante Hinweise (EHW)
vorgesehen. Dies werde ich beobachten. Insbesondere

BfDI 24. Tätigkeitsbericht 2011-2012

Bei den Errichtungsanordnungen des Bundeskriminalamts fällt auf, dass diese zu einzelnen Punkten oft nur den
Gesetzeswortlaut wiedergeben. Damit beschreiben sie
nach meiner Auffassung vor allem den Kreis der zu speichernden Personen nur unzureichend. Die Errichtungsanordnung soll gerade dazu dienen, das Gesetz zu konkretisieren. Der Bearbeiter muss klar entscheiden können,
ob er eine Person in der jeweiligen Datei speichern darf
oder nicht.
Mit dem Bundesministerium des Innern und dem Bundeskriminalamt konnte eine Verfahrensweise gefunden werden, mit der die Arbeitsgruppe INPOL der Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder bei der
Weiterentwicklung der polizeilichen Verbundsysteme beteiligt wird. Das begrüße ich sehr.

INPOL
Das polizeiliche Informationssystem INPOL ist ein
elektronischer Datenverbund zwischen Bund und Ländern. Das Bundeskriminalamt ist die Zentralstelle dieses
Verbundes.
INPOL besteht aus verschiedenen Dateien. Zu den
wichtigsten zählen: der Kriminalaktennachweis – KAN,
die Personenfahndung, die Sachfahndung, die Haftdatei,
der Erkennungsdienst, die DNA-Analyse-Datei.
An dem Informationssystem sind neben dem Bundeskriminalamt und den Landeskriminalämtern sonstige Polizeibehörden der Länder, die Bundespolizei sowie die
mit der Wahrnehmung grenzpolizeilicher Aufgaben betrauten Behörden der Zollverwaltung und das ZKA mit
dem Recht beteiligt, Daten in das System im automatisierten Verfahren einzugeben und daraus abzurufen.
In INPOL werden polizeilich relevante Angaben über
Straftäter, Beschuldigte, Verdächtige, potenzielle Straftäter, aber auch von Kontakt- und Begleitpersonen, Zeugen, Hinweisgebern, Opfern und vermissten Personen
gespeichert.
7.4.6

Funkzellenabfragen

Auch beim BKA sind Daten von Funkzellenabfragen gespeichert.
Beim Bundeskriminalamt (BKA) habe ich nachgefragt, in
welchem Umfang es Funkzellenabfragen (vgl. Kasten zu
Nr. 7.4.6; Entschließung der Datenschutzbeauftragten des
Bundes und der Länder vom 27. Juli 2011) durchgeführt
und in welchem Umfang es Daten aus solchen Maßnahmen gespeichert hat. Es hat mir sehr ausführlich geantwortet, weshalb ich eine ursprünglich geplante datenschutzrechtliche Kontrolle zunächst verschoben habe.
Gleichzeitig hat mich das Bundeskriminalamt um datenschutzrechtliche Beratung in Bezug auf die Speicherung

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