Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
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Drucksache 16/11560
denjenigen entsprechen, die die Staatsanwaltschaften gemäß § 100b Absatz 5 (§ 100e a. F.) StPO der jeweils zuständigen obersten Justizbehörde erstatten. Die Kontrollkompetenz des Parlamentarischen Kontrollgremiums
erschöpft sich dabei aber nicht in der Entgegennahme der
Berichte, sondern erstreckt sich im Kern vielmehr darauf,
von den zuständigen Bundesministerien jederzeit Auskunft über alle Aspekte der Überwachung des Kommunikations-, Reise- und Kapitalverkehrs verlangen zu können.
Auskünfte und IMSI-Catcher-Einsätze. Die Kontrolle erstreckt sich dabei unter entsprechender Anwendung von
§ 15 Absatz 5 G10 auf den gesamten Prozess der Erhebung, Verarbeitung und Nutzung der mit einem Auskunftsverlangen erlangten personenbezogenen Daten
durch die Nachrichtendienste des Bundes einschließlich
der Entscheidung über die Mitteilung an die Betroffenen.
Erklärt die G10-Kommission ein Auskunftsverlangen für
unzulässig oder nicht notwendig, ist die entsprechende
Anordnung unverzüglich aufzuheben.
Im Berichtszeitraum wurden dem Gremium entsprechend
den gesetzlichen Vorgaben detaillierte Halbjahresberichte
vorgelegt. Es bestand Gelegenheit, die Berichte in den
Sitzungen des Gremiums zu erörtern, Fragen an die Vertreter der zuständigen Ministerien bzw. der Nachrichtendienste zu richten und ergänzende Erläuterungen und
Informationen zu verlangen. Die Praxis der parlamentarischen Kontrolle der durch das TBG eingeführten Befugnisse für die Nachrichtendienste hat sich nach überwiegender Auffassung des Kontrollgremiums auch im
Berichtszeitraum bewährt.
Der Gesetzgeber hat die Prüfung von einzelnen Auskunftsverlangen sowie die abschließende Entscheidung
über einzelne Auskunftsverlangen seinerzeit bewusst der
G10-Kommission zugewiesen. Mit ihr steht ein Gremium
zur Verfügung, dessen Mitglieder sich durch eine hohe
Fach- und Sachkompetenz für diese äußerst sensible Materie auszeichnen. Diese Zuständigkeitszuweisung hat
sich nach Auffassung des Parlamentarischen Kontrollgremiums grundsätzlich bewährt. In den Kommissionssitzungen wird über die Zulässigkeit und Notwendigkeit der
Maßnahmen entschieden; zumal bei Verlängerungsentscheidungen wird aber auch die Effektivität der Maßnahmen hinterfragt und mithin bereits eine gewisse Evaluierung vorgenommen. Darüber hinaus stehen der G10Kommission und ihren Mitarbeitern einige besondere
Rechte zu, die eine wirksame Kontrolle zur Wahrung der
Freiheitsrechte der Bürger ermöglichen. Hierbei ist etwa
an das Akten- und Dateneinsichtsrecht oder das Zutrittsrecht zu denken.
2.
Die Kontrolle durch die G10-Kommission
Die Prüfung von im Einzelfall angeordneten und zu vollziehenden Maßnahmen, die aufgrund der durch das TBG
bzw. TBEG in das BVerfSchG, das MADG und das
BNDG aufgenommenen Befugnisse ergehen, obliegt
– soweit es um Auskunftsersuchen nach § 8a Absatz 2
Nummer 3 bis 5 BVerfSchG und IMSI-Catcher-Einsätze
geht – gem. § 8a Absatz 5 und § 9 Absatz 4 Satz 7 BVerfSchG der G10-Kommission. Das beauftragte Bundesministerium – das BMI bzw. das Bundeskanzleramt – hat
die Kommission monatlich über die von ihm angeordneten Auskunftsverlangen bzw. Einsätze des IMSI-Catchers
vor deren Vollzug zu unterrichten; lediglich bei Gefahr im
Verzug kann das BMI den Vollzug der Anordnung auch
bereits vor der Unterrichtung der Kommission anordnen.
Während ursprünglich jedoch alle Auskunftsverlangen,
die aufgrund der durch das TBG eingeführten § 8 Absatz 5
bis 8 a. F. BVerfSchG angeordnet wurden, der Prüfung
durch die G10-Kommission unterlagen, gilt dies seit Inkrafttreten des TBEG nur noch für Auskunftsverlangen
gegenüber Postdienstleistungs- sowie Telekommunikations- und Teledienstunternehmen (§ 8a Absatz 5 Satz 1
BVerfSchG). Die Zuständigkeit der G10-Kommission ist
damit – wie vor 2002 – wieder auf Eingriffe in das durch
Artikel 10 GG geschützte Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis nach dem G10 beschränkt. Auskunftsverlangen
gegenüber Luftfahrtunternehmen sowie Kreditinstituten,
Finanzdienstleistungsinstituten und Finanzunternehmen
können ohne Zustimmung der G10-Kommission angeordnet werden; eine externe Kontrolle dieser Maßnahmen
findet nunmehr ausschließlich über die halbjährliche Berichterstattung gegenüber dem Parlamentarischen Kontrollgremium sowie durch den Bundesbeauftragten für
den Datenschutz und die Informationsfreiheit statt.
Im Rahmen ihrer Zuständigkeit prüft die G10-Kommission von Amts wegen oder auf Grund von Beschwerden
die Zulässigkeit und Notwendigkeit der Einholung aller
Die Mitglieder der G10-Kommission haben sich auch im
Berichtszeitraum wieder vor Ort bei den Diensten über
die konkrete Umsetzung der Bestimmungen in den einschlägigen Gesetzen informiert. Die Kommission hat
weiterhin von ihrem Recht nach § 15 Absatz 5 G10 Gebrauch gemacht und Mitarbeiter zu den Diensten entsandt, denen dort Auskunft zu den Fragen der Kommission erteilt sowie Einsicht in alle Unterlagen, die im
Zusammenhang mit den Beschränkungsmaßnahmen stehen, gewährt wurde. Über die Ergebnisse der Informations- und Kontrollbesuche wurde die Kommission jeweils
unterrichtet.
VII.
Abschließende Bewertung für den
Berichtszeitraum 2007
Die mit dem TBG eingeführten erweiterten Befugnisse
der Nachrichtendienste stellen einen wichtigen Beitrag
zur Bewahrung der inneren und äußeren Sicherheit der
Bundesrepublik Deutschland dar und haben sich auch in
ihrer durch das TBEG modifizierten Fassung nach überwiegender Auffassung des Parlamentarischen Kontrollgremiums in der Praxis bewährt. Ungeachtet dessen
bleibt es weiterhin eine zentrale Aufgabe aller beteiligten
Stellen – der Dienste, der zuständigen Bundesministerien
und des Bundeskanzleramtes wie auch der kontrollierenden Gremien –, das Recht des Einzelnen auf Schutz seiner Privatsphäre im Rahmen der rechtsstaatlichen Ordnung zu wahren. Das Parlamentarische Kontrollgremium
hält es auch deswegen für sachgerecht, die Anwendung
der durch das TBEG erneuerten Vorschriften nach fünf