Drucksache 16/11560
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Jahren wieder einer Evaluierung zu unterziehen. Die vorgesehene Beteiligung eines externen Sachverständigen ist
dabei geeignet und sinnvoll, um nicht zuletzt das Vertrauen in die Arbeit der Dienste zu wahren und zu stärken.
Aus den vom Bundesministerium des Innern und vom
Bundeskanzleramt vorgelegten detaillierten Halbjahresberichten geht hervor, dass im Berichtszeitraum insbesondere die Auskünfte von Telekommunikations- und Teledienstunternehmen sowie der Einsatz des IMSI-Catchers
dem BfV wichtige Erkenntnisse zur Verbesserung seiner
Aufgabenerfüllung vermittelt haben.
An Kreditinstitute wurden Auskunftsverlangen nur in geringerem Umfang gerichtet, während Auskunftsverlangen
an Postdienstleistungs- und Luftfahrtunternehmen im Berichtszeitraum erneut überhaupt nicht gestellt wurden.
Die überwiegende Zahl der Maßnahmen wurde vom BfV
beantragt, wohingegen BND und MAD von ihren Befugnissen im Berichtsjahr nur in geringem Umfang Gebrauch
gemacht haben.
Der eindeutige Schwerpunkt der Auskunftsersuchen und
IMSI-Catcher-Einsätze des BfV lag – wie in den vorangegangen Jahren – im Bereich der ausländischen extremistischen bzw. terroristischen Vereinigungen. Bedenkt man
das hohe Gefährdungspotential dieser Gruppierungen,
wurden nach Auffassung des Parlamentarischen Kontrollgremiums die Befugnisse maßvoll genutzt. Freiheitsrechte sind insgesamt nur in dem Maß eingeschränkt worden, wie es zur Wahrung der Sicherheit unbedingt für
notwendig erachtet wurde.
Die auf den ersten Blick außergewöhnlich hohe Zahl von
377 Betroffenen ist auf eine einzelne Maßnahme im Bereich der Telekommunikation/Teledienste zurückzuführen, bei der 275 unbekannte Nutzer von IP-Adressen festgestellt wurden. Sie wurden vorsorglich sämtlich als
„Betroffene“ erfasst, obwohl Mehrfachnutzungen dieser
Adressen durch jeweils dieselben Personen nicht auszuschließen sind. Berücksichtigt man dies, so kann davon
ausgegangen werden, dass die Zahl der Betroffenen im
Verhältnis zur Zahl der Maßnahmen im Berichtszeitraum
verglichen mit dem Vorjahreszeitraum gleich geblieben,
wenn nicht gar gesunken ist. Das erlaubt die Feststellung,
dass die Dienste auch im Berichtszeitraum in jedem Einzelfall von ihren Befugnissen nach dem TBG bzw. TBEG
gezielt und nicht flächendeckend Gebrauch gemacht haben. Die damit verbundenen Grundrechtseingriffe berücksichtigten die Grundsätze der Geeignetheit, Erforderlichkeit und Verhältnismäßigkeit.
Die auffallende Verdoppelung der Gesamtzahl der Maßnahmen im Berichtszeitraum gegenüber dem Vorjahreszeitraum ist nahezu ausschließlich auf einen entsprechenden Anstieg der Zahl der Auskunftsverlangen des BfV
gegenüber Telekommunikations- bzw. Teledienstunternehmen insbesondere im zweiten Halbjahr 2007 zurückzuführen. Eine allgemeine Tendenz lässt sich daraus noch
nicht ableiten.
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Zu dem insgesamt zurückhaltenden und verantwortungsvollen Umgang der Nachrichtendienste mit den zur Verfügung stehenden Instrumentarien hat in der Vergangenheit sicherlich beigetragen, dass die vom Gesetzgeber
durch das TBG bzw. das TBEG dem Parlamentarischen
Kontrollgremium, insbesondere aber der G10-Kommission übertragenen Kontrollbefugnisse eine sachgerechte
eingehende Prüfung jeder einzelnen Maßnahme ermöglicht haben. Ob im Einzelfall ein von den Nachrichtendiensten beantragtes Auskunftsverlangen oder ein Einsatz
des IMSI-Catchers zulässig und notwendig war, musste
bis zum Inkrafttreten des TBEG ausnahmslos von der
G10-Kommission festgestellt werden. Die damalige gesetzgeberische Überlegung, die besondere Sachkunde der
Mitglieder dieser Kommission sowie die Sachnähe zu den
übrigen Aufgaben der G10-Kommission zu nutzen, hat
sich nach Auffassung des Kontrollgremiums grundsätzlich bewährt.
Mit dem TBEG wurden – wie oben dargelegt – Auskunftsverlangen, die nicht den Bereich des Brief-, Postund Fernmeldegeheimnisses berühren, d. h. Auskunftsverlangen gegenüber Kreditinstituten und Luftfahrtunternehmen
sowie nach Bestandsdaten von Post-, Telekommunikations- und Teledienstunternehmen, von dem Erfordernis
der Zustimmung der G10-Kommission ausgenommen.
Bisher hat sich dies auf die Praxis der Nachrichtendienste
offensichtlich nicht ausgewirkt; Auskunftsverlangen gegenüber Kreditinstituten und Luftfahrtunternehmen erreichten 2007 den niedrigsten Stand seit Inkrafttreten des
TBG im Jahr 2002. Dessen ungeachtet wird das Parlamentarische Kontrollgremium in den kommenden Jahren
sein besonderes Augenmerk auch darauf richten, ob sich
die reduzierten Mitwirkungsmöglichkeiten der G10Kommission in diesen beiden Bereichen, auch wenn sie
verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden sind, in einer
veränderten Nutzung der entsprechenden Befugnisse
durch die Nachrichtendienste niederschlagen.
In diesem Zusammenhang wird den von der Bundesregierung vorzulegenden Halbjahresberichten, die durch Angaben zu Anlass, Umfang, Dauer, Ergebnis und Kosten
von Auskunftsverlangen und IMSI-Catcher-Einsätzen allgemein zu einer Stärkung der parlamentarischen Kontrollmöglichkeiten beigetragen haben, künftig besondere
Bedeutung zukommen. Die Halbjahresberichte erfassen
auch weiterhin sämtliche Auskunftsverlangen der Nachrichtendienste auf der Grundlage des TBG/TBEG und ermöglichen damit dem Parlamentarischen Kontrollgremium grundsätzlich, entsprechende Auskunftsverlangen
gegenüber Kreditinstituten und Luftfahrtunternehmen im
Nachhinein zu prüfen.
Berlin, den 18. Dezember 2008
Thomas Oppermann, MdB
Vorsitzender
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