Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
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Gefahrenbereich. Davon waren 327 557 aus dem Bereich
der E-Mail-Erfassung. Im Vorberichtszeitraum 2010 war
die Gesamtzahl der erfassten Verkehre noch um ein Vielfaches höher und belief sich auf insgesamt 10 213 329,
davon 10 208 525 aus dem Bereich der E-Mail-Erfassung.
Das Parlamentarische Kontrollgremium hat sich in seiner
Sitzung vom 29. Februar 2012 ausführlich über die öffentlich diskutierte Massenerfassung von E-Mails durch
den BND im Vorberichtszeitraum 2010 unterrichten lassen und hierzu am 1. März 2012 eine öffentliche Erklärung gemäß § 10 Absatz 2 PKGrG abgegeben. Der BND
hatte dem Gremium zuvor erläutert, dass die hohe Zahl
der erfassten E-Mails im Jahre 2010 ein bislang einmaliger Ausreißer aufgrund einer weltweiten Spamwelle gewesen sei. In der Sitzung war deutlich geworden, dass
aufgrund von Verfahrenssicherungen der inländische EMail-Verkehr nicht betroffen war. Der Aufklärung unterliegt vielmehr lediglich ein eingeschränkter Teil internationaler Verkehre, der automatisiert stark gefiltert wird.
Nur ein geringer Anteil dieser E-Mails wird überhaupt
manuell bearbeitet. Die Mitglieder des Gremiums waren
auf Grundlage des Berichts übereinstimmend der Auffassung, dass der BND die strategische Fernmeldeaufklärung nach den Vorgaben des Parlamentarischen Kontrollgremiums und der G 10-Kommission durchführt. Das
dem Parlamentarischen Kontrollgremium gründlich und
plausibel erläuterte Verfahren gab keinen Anlass zur Beanstandung durch das Gremium.
Der deutliche Rückgang im Jahre 2011 ist auch darauf zurückzuführen, dass der BND das von ihm angewandte automatisierte Selektionsverfahren auch vor dem Hintergrund der Spamwelle im Jahre 2010 zwischenzeitlich
optimiert hat. Hierzu haben unter anderem eine verbesserte Spamerkennung und -filterung, eine optimierte
Konfiguration der Filter- und Selektionssysteme und eine
damit verbundene Konzentration auf formale Suchbegriffe in der ersten Selektionsstufe beigetragen.
Im Ergebnis wurden 136 der erfassten Telekommunikationsverkehre als nachrichtendienstlich relevant eingestuft. Im Vorberichtszeitraum 2010 waren es insgesamt
29 Telekommunikationsverkehre.
Im Gefahrenbereich „Proliferation und konventionelle
Rüstung“ waren 2011 in der ersten Jahreshälfte 13 521
und im zweiten Halbjahr 13 786 Suchbegriffe angeordnet. Es qualifizierten sich anhand der angeordneten
Suchbegriffe 2 544 936 Telekommunikationsverkehre.
Im Vorberichtszeitraum 2010 handelte es sich noch um
27 079 533 Verkehre, so dass auch hier ein deutlicher
Rückgang zu verzeichnen ist. 56 der erfassten Telekommunikationsverkehre wurden schließlich als nachrichtendienstlich relevant eingestuft. Im Vorberichtszeitraum belief sich die Zahl der als nachrichtendienstlich relevant
eingestuften Verkehre auf insgesamt 180.
Für den Gefahrenbereich „Illegale Schleusung“ waren in
2011 im ersten Halbjahr 348 und in der zweiten Jahreshälfte 294 Suchbegriffe angeordnet. Anhand der genehmigten Suchbegriffe qualifizierten sich 436 Telekommu-
Drucksache 17/12773
nikationsverkehre. Im Vorberichtszeitraum 2010 waren es
noch 45 655 Verkehre. Auch hier ist somit ein deutlicher
Rückgang zu verzeichnen. 98 der erfassten Telekommunikationsverkehre wurden als nachrichtendienstlich relevant eingestuft.
3.
Mitteilungsentscheidungen und
Klageverfahren
Gemäß § 12 Absatz 2 Satz 1 G 10 sind auch Beschränkungsmaßnahmen nach § 5 G 10 dem Betroffenen nach
ihrer Einstellung mitzuteilen, sofern die personenbezogenen Daten nicht unverzüglich gelöscht wurden.
Im Berichtszeitraum wurden der G 10-Kommission neun
Mitteilungsfälle zu Erfassungen nach § 5 Absatz 1 Satz 3
Nummer 2 G 10 aus dem Bereich „Internationaler Terrorismus“ zur Entscheidung vorgelegt, ob eine Mitteilung
an die Betroffenen erfolgen soll. In drei Fällen nahm die
Kommission die Entscheidung, den Betroffenen die Erfassung mitzuteilen, zur Kenntnis. Darüber hinaus
stimmte sie in fünf Fällen einer vorläufigen Nicht-Mitteilung und in einem Fall einer endgültigen Nicht-Mitteilung zu. Außerdem wurde die G 10-Kommission im Berichtszeitraum über vier Erfassungen aus dem Bereich
„Proliferation und konventionelle Rüstung“ gemäß § 5
Absatz 1 Satz 3 Nummer 3 G 10 unterrichtet, bei denen
sie eine Mitteilung an die Betroffenen in drei Fällen zur
Kenntnis nahm. Im Hinblick auf einem Vorgang stimmte
die Kommission einer vorläufigen Nicht-Mitteilung zu.
Weiterhin stimmte die G 10-Kommission zu zwei Betroffenen im Gefahrenbereich „Illegale Schleusung“ einer
vorläufigen Nicht-Mitteilung zu.
Klageverfahren im Zusammenhang mit Maßnahmen nach
§ 5 G 10 waren im Berichtszeitraum nicht anhängig.
V.
Strategische Beschränkungen
nach § 8 G 10
Auf Antrag des BND dürfen nach § 8 Absatz 1 G 10 Beschränkungen für internationale Telekommunikationsbeziehungen auch angeordnet werden, wenn dies erforderlich ist, um eine im Einzelfall bestehende Gefahr für
Leib oder Leben einer Person im Ausland rechtzeitig zu
erkennen oder ihr zu begegnen und dadurch Belange der
Bundesrepublik Deutschland unmittelbar in besonderer
Weise berührt sind. Die Regelung zielt vor allem auf Entführungen deutscher Staatsangehöriger im Ausland ab, um
es der Bundesregierung zu ermöglichen, sich schützend
für die Entführten einzusetzen und deren rasche Befreiung
zu erreichen.
Zur Anordnung solcher strategischer Überwachungsmaßnahmen nach § 8 G 10 werden zunächst die internationalen Telekommunikationsbeziehungen im Sinne des § 5
Absatz 1 Satz 2 G 10 bestimmt. Das Bundesministerium
des Innern muss hierfür nach § 8 Absatz 2 G 10 die Zustimmung des Parlamentarischen Kontrollgremiums, die
einer Mehrheit von zwei Dritteln seiner Mitglieder bedarf, einholen. Erteilt das Parlamentarische Kontrollgremium seine Zustimmung, kann das Ministerium – auf
Antrag des BND – innerhalb des vom Gremium geneh-