Drucksache 16/12600
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tenschutzgremien geworden ist. Nach der 28. Internationalen Datenschutzkonferenz (vgl. 21. TB Nr. 10.10) hat
die Artikel-29-Gruppe im April 2008 ein Positionspapier
(WP 148) mit Anforderungen an Suchmaschinen veröffentlicht. Vorausgegangen war die schriftliche Befragung
mehrerer Anbieter von nationalen und internationalen
Suchmaschinen zu deren Datenschutzpolitik. Die Auswertung der Antworten und ihre anschließende datenschutzrechtliche Bewertung bildeten die Grundlage für
das Positionspapier, das konkrete Kernaussagen enthält
(s. Kasten zu Nr. 7.6).
Mein Anliegen ist ein zumindest europaweit gültiger Datenschutzstandard für Suchmaschinen, der von allen Betreibern eingehalten wird und eine koordinierte Datenschutzaufsicht nach einheitlichen Kriterien ermöglicht.
K a s t e n zu Nr. 7.6
Anforderungen an Suchmaschinen
– Die Europäischen Datenschutzregelungen gelten
auch für Suchmaschinen, die ihren Sitz außerhalb
von Europa haben, ihren Dienst aber in Europa anbieten.
– Die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung
(2006/24/EG, vgl. Nr. 3.2.1) gilt nicht für Suchmaschinen.
– Personenbezogene Daten, die von den Suchmaschinen erhoben werden, sind spätestens nach sechs Monaten zu löschen. Soweit Vorgaben des nationalen
Rechts eine frühere Löschung verlangen, sind sie zu
befolgen. In Deutschland müssen die Daten gemäß
Telemediengesetz nach dem Ende der Nutzung gelöscht werden.
– Die Nutzer müssen über den Zweck der Datenverarbeitung sowie ihre Rechte auf Auskunft, Änderung
und Löschung informiert werden.
– Die Verwendung der Daten für Nutzerprofile bedarf
der Einwilligung des Betroffenen.
7.7
Ortung durch Handys und andere
Gerätschaft
Die informationelle Selbstbestimmung schützt auch davor, dass Dritte (etwa Vorgesetzte oder Lebenspartner)
heimlich und gegen den Willen der Betroffenen aufspüren
können, wo man sich aufhält. Auch hier ist die moderne
Technik schon einen Schritt weiter.
Bereits in der Vergangenheit (zuletzt 21. TB Nr. 10.2
und 6.4) habe ich das Thema Mobilfunkortung aufgegriffen. Dass die fortgesetzte Befassung mit diesem Thema
sinnvoll ist, belegt ein im Fernsehen beworbenes Handyspiel. Da diese Werbung den Eindruck vermitteln
konnte, bei dem Spiel würden die Aufenthaltsorte von
Handybesitzern festgestellt, wendeten sich viele besorgte
Bürger mit der Frage an mich, ob dies denn zulässig sei.
BfDI 22. Tätigkeitsbericht 2007-2008
Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
Meine Forderung an Anbieter von Handyortungsdiensten,
in bestimmten Zeitabständen eine Informations-SMS an
geortete Handys zu versenden, führte zwar zunächst zu
einigen Diskussionen. Letztendlich versicherten die Netzbetreiber aber, dass mindestens nach jeder 10. Ortung
eine Informations-SMS versandt wird. Ich begrüße es,
dass die Bundesregierung inzwischen einen Gesetzentwurf zur Änderung des Telekommunikationsgesetzes
(TKG – Bundestagsdrucksache 16/10731) vorgelegt hat,
der darüber hinausgeht. Die Betreiber sollen verpflichtet
werden, nach spätestens fünf Ortungen eine Benachrichtigungs-SMS zu versenden. Außerdem wird eine schriftliche Einwilligung des Teilnehmers gefordert.
Die technische Entwicklung zeigt, dass die Ortung über
das Mobilfunknetz nur einen Teilaspekt darstellt. Durch
die Satellitenortung mit GPS (Global Positioning System)
können Geräte ihren Aufenthaltsort selbst bestimmen.
Ein Handy mit GPS-Empfänger und der passenden Software kann Ortungsinformationen speichern oder versenden. Ein großer Handyhersteller will etwa einen Dienst
anbieten, der auf der Karte die Position von Freunden und
Bekannten in Echtzeit zeigt. So genannte GPS-Tracker
können den Urlaubsfotos eine genaue Ortsangabe hinzufügen, die Schleichwege der Katze aufzeichnen oder aber
ein Bewegungsprofil des Lebenspartners erstellen. Die
Problematik wird durch die zunehmende Verbreitung der
GPS-Handys und die preisgünstigeren GPS-Tracker immer dringlicher.
Eine andere Anwendung der Ortungstechnik, die von einer Stiftung initiierte Notfallortung für Rettungsleitstellen, hat für mich bisher nur ein grundsätzliches Problem
erkennen lassen. Es ist schwierig festzustellen, wann dieses Verfahren angewandt werden darf. Bei dem sog.
Röchelanruf bei einer Notrufnummer, bei dem der Hilfsbedürftige keine vollständigen Angaben zu seinem Aufenthaltsort machen kann, habe ich keine Zweifel. Bei der
Ortung einer suizidgefährdeten Person wird eine Grenzziehung schon schwieriger. Auch ein Entführungsopfer,
dessen Handy noch eingeschaltet ist, könnte so geortet
und damit vielleicht gerettet werden. Diese Fälle zeigen,
dass eine Grenzziehung zwischen einer Notfallhilfe und
einer polizeilichen Maßnahme nicht einfach möglich ist.
Eine weitere Diskussion der Thematik erscheint hier dringend erforderlich.
Auch die Notrufverordnung nach § 108 TKG nimmt nun
Gestalt an. Ich gehe davon aus, dass sie Anfang 2009 erlassen wird. Zur Übermittlung des Standorts des Notrufenden soll neben einer Mobilfunkortung (bis auf weiteres wohl nur auf Basis der Funkzelle) auch eine Ortung
im Bereich Festnetz und Voice over IP (VoIP) erfolgen.
Gerade bei VoIP wird ein weiteres Problem aufgeworfen:
Der VoIP-Anbieter kennt nur die IP-Adresse, nicht aber
den Aufenthaltsort des Hilfesuchenden. Den Aufenthaltsort kennt aber der Internet-Anbieter, der auch die IPAdresse vergeben hat. Hier fordert die Notrufverordnung
eine Zusammenarbeit der Anbieter, wobei allerdings ein
Missbrauch verhindert werden muss. Ansonsten könnten
auch zwielichtige Internet-Anbieter die Adresse eines
Nutzers ermitteln. Wie dies in der technischen Richtlinie