Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
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Auch ich kann das legitime Interesse der Musik- und
Filmindustrie, gegen Urheberrechtsverletzungen im Internet vorzugehen, durchaus nachvollziehen. Die Mittel
müssen aber verhältnismäßig sein, den Interessen der
Rechteinhaber und dem Schutz des Fernmeldegeheimnisses sowie sonstiger Verfassungsgüter also gleichermaßen
Rechnung tragen.
7.5
Die Jobbörse als Internet-Angebot der
Bundesagentur für Arbeit
Die Jobbörse stellt als Teil des „Virtuellen Arbeitsmarktes“ ein Verfahren der Arbeitsverwaltung dar, das nur
durch das Internet ermöglicht wird.
Bereits in meinem 20. Tätigkeitsbericht (Nr. 16.2) habe
ich über das Projekt „Virtueller Arbeitsmarkt“ (VAM) berichtet, in dem die Bundesagentur für Arbeit (BA) ihre
Online-Vermittlungs-Angebote durch das Serviceportal
„Arbeitsagentur.de“ ersetzt hat. Im aktuellen Berichtszeitraum habe ich mir die Jobbörse vor Ort in einer Agentur
für Arbeit angesehen.
Die sog. Jobbörse mit derzeit ca. 2,5 Millionen Nutzern
steht als Selbstbedienungsplattform für Arbeitgeber und
Arbeit- bzw. Ausbildungsplatzsuchende jedem zur Einsichtnahme in Stellen- und Bewerberangebote zur Verfügung. Die Nutzer müssen sich bei der BA registrieren lassen. Sie müssen neben Angaben zur Person hierzu einen
Benutzernamen sowie ein selbst gewähltes Kennwort hinterlegen. Ob diese Angaben stimmen, wird jedoch in keiner Weise überprüft. Danach erhält der Nutzer per Post
eine PIN übersandt, mit der er die Gültigkeit seiner Registrierung verifizieren kann. Registrierte Nutzer können
beim Einstellen ihrer Angebote die Unterstützung und
Betreuung der Agentur für Arbeit in Anspruch nehmen.
Ich habe die BA darauf hingewiesen, dass bei diesem
Verfahren praktisch jedem möglich ist, sich als Arbeitgeber registrieren zu lassen und ein u.U. unseriöses Stellenangebot zu veröffentlichen. Dies sehe ich kritisch. Im
Rahmen von Vermittlungsvorschlägen dürfen Sozialdaten
nicht an unseriöse Anbieter übermittelt werden. Diese
Gefahr sehe ich insbesondere mit Blick auf die durch das
Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen
Instrumente vom 21. Dezember 2008 (BGBl. I 2008
S. 2917) erfolgte Änderung. Hiernach sind auch die in der
Jobbörse eingestellten Stellenangebote von Arbeitgebern,
die nicht von der Agentur betreut werden, Arbeitsuchenden verbindlich, d. h. mit der Möglichkeit von Sanktionen
(§ 144 Absatz 1 Satz 2 Nummer 2 SGB III), zu unterbreiten.
Eine Kontaktaufnahme zwischen Bewerbern und Arbeitgebern wird durch eine Postfachfunktion und die neue
sog. Call-Me-Funktion ermöglicht. Mit der „Call-MeFunktion“ können registrierte Bewerber sich von potenziellen Arbeitgebern anrufen lassen, ohne ihre eigene Telefonnummer angeben zu müssen. Dies geschieht durch
Aktivierung einer entsprechenden Funktion in ihrem Bewerberprofil. Durch das „Call-Me-Symbol“ im Bewerberprofil wird angezeigt, dass der Nutzer zugestimmt hat.
In der Jobbörse registrierte Arbeitgeber können nun mit
Drucksache 16/12600
einem Klick auf das „Call-Me-Symbol“ eine verschlüsselte Rufnummer anfordern. Mit ihr kann ein Arbeitgeber
einen Bewerber per Rufumleitung innerhalb von
48 Stunden anrufen. Datenschutzrechtlich bedenklich ist
in diesem Zusammenhang, dass die Wahrung der Anonymität nicht immer gewährleistet ist. Dies gilt vor allem
bei Anrufbeantwortern mit persönlichen Ansagetexten
oder bei Rückruf eines Arbeitgebers durch einen interessierten Bewerber, wenn die Rufnummernübertragung seines Anschlusses aktiviert ist. Auch kann derzeit nicht
ausgeschlossen werden, dass unseriöse Anbieter diese
Funktion zur Kontaktaufnahme nutzen können. Solange
dies nicht durch Maßnahmen der Qualitätssicherung weitgehend auszuschließen ist, sollten die Bewerber im Rahmen der Aktivierung der „Call-Me-Funktion“ hierauf explizit hingewiesen werden.
Die BA hat meine Kritik aufgegriffen und eine Klarstellung zur Nutzung der „Call-Me-Funktion“ in Form einer
zusätzlichen Handlungsempfehlung/Geschäftsanweisung
für die Agenturen erlassen. Ein entsprechender Warnhinweis, dass auch unseriöse Anbieter die Funktionalitäten
der Jobbörse zur Kontaktaufnahme nutzen können, soll in
die in Überarbeitung befindlichen neuen Nutzungsbedingungen aufgenommen werden. Darüber hinaus will die
BA die Maßnahmen zur Qualitätssicherung ausbauen. Es
soll in Stichproben geprüft werden, ob die Stellenangebote den rechtlichen Rahmenbedingungen entsprechen
und inhaltlich seriös sind. Rechtswidrige, sowie nicht den
Nutzungsbedingungen entsprechend eingestellte Stellenangebote sollen gelöscht und ggf. der ArbeitgeberAccount deaktiviert werden. Über eine Hotline können
die Nutzer der Jobbörse telefonisch oder per E-Mail weiter beraten werden. Die BA kann daraufhin das Angebot
sperren und sogar Abmahnverfahren oder Strafverfahren
gegen die entsprechenden Nutzer einleiten. Ob diese
Maßnahmen insgesamt ausreichend sind, werde ich aufmerksam verfolgen. Ein weiterer Beitrag zu Einzelfällen
in der Jobbörse findet sich unter Nr. 10.5.1.
7.6
Persönliche Daten im Fokus von
Suchmaschinen
Der Datenschutz bei Suchmaschinen bleibt ein datenschutzrechtlicher Schwerpunkt.
Ohne Suchmaschinen geht im Netz nichts. Jeder nutzt sie.
Doch nicht nur die Nutzer erhalten Informationen über
den gesuchten Begriff, sondern auch die Anbieter von
Suchmaschinen erhalten eine Fülle personenbezogener
Daten, denn mit jeder Suchanfrage gibt der Nutzer seine
Interessen, Vorlieben und Gewohnheiten preis, die durch
den Einsatz technischer Mittel in einem Profil gesammelt
werden können. Insbesondere wenn Suchmaschinenbetreiber ihr Angebot um immer neue Dienste erweitern
oder die Datenbestände anderer Firmen durch Kauf erwerben, wenden sich viele Bürgerinnen und Bürger an
mich, die sich angesichts solcher Datenberge in einer
Hand um ihre persönlichen Daten sorgen.
Diese berechtigten Sorgen haben dazu beigetragen, dass
der Datenschutz bei Suchmaschinen zu einem der wichtigsten Themen von nationalen und internationalen Da-
BfDI 22. Tätigkeitsbericht 2007-2008