Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode
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kenntlich zu machen. Die bisher dazu eingesetzte Software funktioniert noch nicht fehlerfrei.
Schließlich ist zu berücksichtigen, dass es sich auch bei
den abgebildeten Gebäude- und Grundstücksansichten um
personenbezogene Daten handeln kann. Die schutzwürdigen Interessen der Eigentümer oder Bewohner müssen bei
der Entscheidung über die Veröffentlichung berücksichtigt
werden. Die im Düsseldorfer Kreis zusammengeschlossenen obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im
nicht-öffentlichen Bereich haben deshalb gefordert, dass
Eigentümer und Bewohner die Möglichkeit erhalten, einer
Veröffentlichung der sie betreffenden Ansichten zu widersprechen. (s. Kasten zu Nr. 7.2).
K a s t e n zu Nr. 7.2
Beschluss der obersten Aufsichtsbehörden für
den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich
am 13./14. November 2008
Datenschutzrechtliche Bewertung von digitalen Straßenansichten insbesondere im Internet
Bei digital erfassten Fotos von Gebäude- und Grundstücksansichten, die über Geokoordinaten eindeutig lokalisiert und damit einer Gebäudeadresse und dem Gebäudeeigentümer sowie den Bewohnern zugeordnet
werden können, handelt es sich in der Regel um personenbezogene Daten, deren Erhebung und Verarbeitung
nach dem Bundesdatenschutzgesetz zu beurteilen ist.
Die Erhebung, Speicherung und Bereitstellung zum Abruf ist nur zulässig, wenn nicht schutzwürdige Interessen der Betroffenen überwiegen. Bei der Beurteilung
schutzwürdiger Interessen ist von Bedeutung, für welche Zwecke die Bilddaten verwendet werden können
und an wen diese übermittelt bzw. wie diese veröffentlicht werden. Die obersten Aufsichtsbehörden sind sich
einig, dass die Veröffentlichung von georeferenziert und
systematisch bereit gestellten Bilddaten unzulässig ist,
wenn hierauf Gesichter, Kraftfahrzeugkennzeichen oder
Hausnummern erkennbar sind. Den betroffenen Bewohnern und Grundstückeigentümern ist zudem die Möglichkeit einzuräumen, der Veröffentlichung der sie betreffenden Bilder zu widersprechen und dadurch die
Bereitstellung der Klarbilder zu unterbinden. Keine
schutzwürdigen Interessen bestehen, wenn die Darstellung der Gebäude und Grundstücke so verschleiert bzw.
abstrakt erfolgt, dass keine individuellen Eigenschaften
mehr erkennbar sind. Um die Möglichkeit zum Widerspruch schon vor der Erhebung zu eröffnen, sollte die geplante Datenerhebung mit einem Hinweis auf die Widerspruchsmöglichkeit rechtzeitig vorher bekannt gegeben
werden. Die Widerspruchsmöglichkeit muss selbstverständlich auch noch nach der Veröffentlichung bestehen.
Die datenschutzrechtliche Aufsicht wird federführend
von dem für die deutsche Niederlassung von Google zuständigen Hamburgischen Datenschutzbeauftragten ausgeübt. Da verschiedene Städte betroffen sind, wird es
aber ein Thema bleiben, über das alle Datenschutzauf-
Drucksache 16/12600
sichtsbehörden, unabhängig von der unmittelbaren Zuständigkeit, zu beraten haben, um zu einem einheitlichen
Ergebnis zu kommen.
7.3
„Super Nanny“ Datenschutz?
Soziale Netzwerke verändern unsere Art der Kommunikation mit der Außenwelt. Exhibitionismus scheint dabei eines ihrer Wesensmerkmale zu sein. Kann ich nur virtuell
kommunizieren, wenn ich möglichst viel über mich preisgebe? Ist das die Zukunft des Web 2.0?
Jeder muss selbst entscheiden, wie viel er oder sie von
sich preisgeben möchte. Der Datenschutz will hier kein
Kindermädchen sein – auch nicht bei der Nutzung des Internets. Doch wer gar nicht die Tragweite seiner Entscheidung überblickt, weil er die „Privatsphäre“-Einstellungen
seines sozialen Netzwerkes nicht versteht, kann sich auch
nicht wirksam schützen. Die Anbieter dürfen sich daher
nicht hinter dem Argument der Selbstbestimmung der
Nutzer verstecken. Es ist an ihnen, die Selbstbestimmung
durch geeignete technische Vorkehrungen zu ermöglichen. Standards zu definieren, ist hier längst keine nationale Aufgabe mehr. National wie international haben sich
Datenschutzaufsichtsbehörden daher Gedanken dazu gemacht, welche Kriterien für datenschutzfreundliche Netzwerke gelten sollen. Schlagwortartig möchte ich diese
„Zehn Gebote“ allen Betreibern sozialer Netzwerke ins
Stammbuch schreiben (s. Kasten zu Nr. 7.3).
K a s t e n zu Nr. 7.3
Die Zehn Gebote für Betreiber sozialer Netzwerke
1. Beachten Sie die Vorgaben des Datenschutzrechts
2. Klären Sie Ihre Nutzer verständlich und offen über
den Umgang mit ihren Daten auf
3. Geben Sie Ihren Nutzern mehr Kontrolle über die
Verwendung ihrer Profil- und Verkehrsdaten
4. Bieten Sie datenschutzfreundliche Standardeinstellungen an
5. Verbessern Sie kontinuierlich die Sicherheit Ihrer
Informationssysteme
6. Jedermann hat ein Recht auf Auskunft über seine
personenbezogenen Daten in einem Netzwerk –
egal ob er oder sie Mitglied ist oder nicht
7. Profile müssen einfach und vollständig zu löschen
sein
8. Ermöglichen Sie die Nutzung Ihrer Dienste unter
Pseudonym
9. Verhindern Sie, dass Profildaten Ihrer Nutzer von
Dritten kopiert werden
10. Stellen Sie sicher, dass Daten Ihrer Nutzer von externen Suchmaschinen nur dann gefunden werden
können, wenn die Betroffenen zuvor ausdrücklich
eingewilligt haben
BfDI 22. Tätigkeitsbericht 2007-2008