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Im Gesetzentwurf ist ferner vorgesehen, dem Gegner ausdrücklich auch Gelegenheit zur Äußerung zu den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen des Antragstellers einzuräumen (§ 118 Abs. 1 Satz 1 ZPO-E). Hier
bedarf es der Klarstellung, dass etwaige vom Gericht eingeholte Auskünfte ebenso wenig dem Gegner ohne Einwilligung des Antragstellers zugänglich gemacht werden
dürfen wie dessen eigene Erklärung zu seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen (§ 117 Abs. 2
Satz 2 ZPO). Es wäre datenschutzrechtlich nicht vertretbar, die bei Dritten erhobenen Daten in weitergehendem
Umfang an den Gegner zu übermitteln als dies bei den direkt erhobenen Daten zulässig ist.
6.8

Das Betreuungsbehördengesetz soll
ergänzt werden

Die Länder wollen aus Gründen der Verfahrensvereinfachung die Befugnisse der Betreuungsbehörden im Rahmen ihrer Sachverhaltsermittlungstätigkeit für die Vormundschaftsgerichte erweitern.
Betreuungsbehörden unterstützen nach § 8 des Betreuungsbehördengesetzes (BtBG) das Vormundschaftsgericht (§§ 1896 ff. BGB). Dies gilt vor allem für die Feststellung von Sachverhalten, die das Gericht für
aufklärungsbedürftig hält, insbesondere, ob für einen Betroffenen ein Betreuer zu bestellen ist.
Mit dem Entwurf des Bundesrates vom 26. April 2006
(Bundestagsdrucksache 16/1339) sollen die Befugnisse
der Betreuungsbehörde erweitert werden, indem ihr im
Rahmen des vom Vormundschaftsgericht erteilten Auftrags erlaubt wird, die für die Feststellung des Sachverhalts und für den Vorschlag eines Betreuers erforderlichen Daten zu erheben. Die Daten sollen vorrangig beim
Betroffen erhoben werden. Jedoch soll die Erhebung von
Daten bei Dritten dann zulässig sein, wenn der Betroffene
einwilligt oder krankheits- oder behinderungsbedingt
seine Einwilligung nicht erteilen kann und keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass überwiegende schutzwürdige
Interessen des Betroffenen beeinträchtigt werden.
Letztere Voraussetzung wird insbesondere damit begründet, dass die Klärung des Sachverhalts nur beim Betroffenen häufig nicht ausreiche, um entsprechend der Intentionen des Betreuungsrechts familiäre und andere soziale
Zusammenhänge bei der Entscheidung über die Notwendigkeit einer Betreuerbestellung einzubeziehen. Die Betreuungsbehörde benötige nach der geltenden Rechtslage
das ausdrückliche schriftliche Einverständnis des Betroffenen, wenn sie zur Aufklärung des Sachverhalts auch bei
anderen Stellen oder Personen ermitteln müsse. Viele der
Betroffenen seien zur Erteilung eines Einverständnisses
aber krankheits- oder behinderungsbedingt nicht in der
Lage. Das Gericht müsse dann eigenen weiteren Aufwand zur Klärung des Sachverhalts betreiben oder die
Betreuungsbehörde erneut mit dezidierten Fragestellungen beauftragen. Dies bedeute unnötige Verfahrensverzögerungen zum Nachteil des Betroffenen und zusätzlichen
Verwaltungsaufwand (Bundestagsdrucksache, a. a. O.,
S. 6). Hier soll die vorgeschlagene Gesetzesänderung Abhilfe schaffen.
BfDI 21. Tätigkeitsbericht 2005-2006

Die Initiative des Bundesrates ist in ihrer Zielrichtung,
nämlich für die Datenerhebung durch die Betreuungsbehörde eine normenklare, bereichsspezifische gesetzliche
Regelung zu schaffen, zu begrüßen. Einige wichtige Aspekte wie Ersterhebungsgrundsatz, Einwilligung und Abwägung mit den schutzwürdigen Interessen des Betroffenen sind schon einbezogen. Allerdings teile ich die
Auffassung der Bundesregierung (Bundestagsdrucksache,
a. a. O., S. 7), dass die vorgesehenen Regelungen noch
verbesserungsbedürftig sind. Insbesondere bedarf es im
Hinblick auf die konkreten Einzelheiten und Umstände
der Datenerhebung und -verarbeitung noch verfahrenssichernder Maßnahmen. Die vorgesehene eigene Ermittlungstätigkeit der Betreuungsbehörden bei Dritten stellt
einen erheblichen Eingriff in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung dar. Gerade hilfebedürftige
Kranke haben ein Recht darauf, dass mit ihren Gesundheitsdaten sensibel umgegangen wird.
Ich werde im weiteren Gesetzgebungsverfahren darauf
hinwirken, dass diesen Anforderungen Rechnung getragen wird.
7

Innere Verwaltung

7.1

Ausländerrecht

7.1.1

Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung
aufenthalts- und asylrechtlicher
Richtlinien der Europäischen Union

Der Gesetzentwurf dient vor allem der Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen
Union und sieht daneben weitere ��nderungen im Ausländer- und Asylrecht vor. Einige Bestimmungen begegnen
erheblichen datenschutzrechtlichen Bedenken.
Positiv zu bewerten ist, dass endlich meiner seit dem
16. Tätigkeitsbericht (vgl. dort Nr. 5.7, zuletzt 20. TB
Nr. 6.8) erhobenen Forderung nachgekommen wird, eine
Rechtsgrundlage für die beim Bundesverwaltungsamt bereits seit 1982 geführte Staatsangehörigkeitsdatei
(STADA) zu schaffen. Der Gesetzentwurf enthält jedoch
auch erhebliche datenschutzrechtliche Verschlechterungen.
Kritisch bewerte ich insbesondere, dass in Zukunft Lichtbilder aller Ausländer (auch der Unionsbürger) im allgemeinen Datenbestand des Ausländerzentralregisters
(AZR) gespeichert werden sollen (§ 3 Nr. 5a AZRG-E).
Die von mir vorgeschlagene Begrenzung auf bestimmte
Speicheranlässe, insbesondere auf Personen, gegen deren
Einreise Bedenken bestehen, hat das BMI nicht übernommen. Auch wenn die Zuspeicherung erst ab Inkrafttreten
des Gesetzes und nicht rückwirkend erfolgen soll, ist davon auszugehen, dass in relativer kurzer Zeit ein sehr großer Bestand an Lichtbildern im AZR gespeichert sein
wird. Das Argument, die Lichtbilder seien für die Feststellung der Identität der Betroffenen erforderlich, überzeugt nicht. Zum einen wird dabei außer Acht gelassen,
dass Identitätsfeststellungen auch mit weniger einschneidenden Maßnahmen als mit einer Speicherung sämtlicher
Lichtbilder in einer online abrufbaren Zentraldatei mög-

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