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Auszug 19. TB Nr. 16.1
Drei Jahre nach Aufnahme des Wirkbetriebs bei Europol am 1. Juli 1999 zeichnet sich im Rat der Wunsch
nach einer Änderung des Europol-Übereinkommens
vom 26. Juli 1995 ab. Dies fand Eingang in eine Initiative des Königreichs Dänemark für einen Rechtsakt des
Rates zur Erstellung eines Protokolls zur Änderung des
Europol-Übereinkommens. Der Entwurf enthält zahlreiche Änderungen des Vertrages, beginnend mit einer
erweiterten Zielbeschreibung von Europol (Artikel 2)
bis zu einer Zusammenarbeitsregelung mit Eurojust
(Artikel 42). Etliche dieser Vorschläge sind auch von
datenschutzrechtlicher Relevanz. Die gemeinsame
Kontrollinstanz hat am 3. Oktober 2002 eine umfassende Stellungnahme zu der dänischen Initiative abgegeben, die sowohl dem Rat als auch dem Europäischen Parlament zugänglich gemacht wurde.
Unbeschadet dieser Stellungnahme, auf die im Tätigkeitsbericht der gemeinsamen Kontrollinstanz eingegangen wird, habe ich mich gegenüber der Bundesregierung ebenfalls zu dem Entwurf einer Stellungnahme
der deutschen Delegation in den Ratsgremien geäußert. Dabei habe ich darauf hingewiesen, dass es bei
der Fortschreibung des Europol-Übereinkommens nicht
nur um die Interessen Europols und der Mitgliedsstaaten, ein effizientes Europäisches Polizeiamt und eine
verbesserte Kooperation mit den Mitgliedsstaaten zu
schaffen, sondern auch um den Schutz des Persönlichkeitsrechts der Betroffenen geht. Die Initiative enthält
jedoch auch Vorschläge, die aus datenschutzrechtlicher
Sicht zu begrüßen sind. Dazu zählen eine Änderung
des Verfahrens bei der Protokollierung von Abrufen
zum Zweck einer besseren Kontrolle der Zugriffe auf
das Europol-Informationssystem, des Weiteren die Anwendung der datenschutzrechtlichen Grundsätze auf
die Informationsverarbeitung, auch soweit diese in Akten erfolgt. Hingegen sind aus datenschutzrechtlicher
Sicht erweiterte Zugriffsrecht auf die in Artikel 10 geregelten vertraulichen Analysedateien bei Europol kritisch zu sehen. Bei Redaktionsschluss hatte der Rat
noch keine abschließende Entscheidung über die dänische Initiative getroffen. Auch die Stellungnahme des
Europäischen Parlaments zu dem Projekt lag zu diesem Zeitpunkt noch nicht vor.

Die GK Europol (vgl. 18. TB Nr. 11.11) nimmt ihre Kontroll- und Beratungsfunktion gegenüber Europol zunehmend proaktiv wahr. So wurden drei Kontrollbesuche in
der Europol-Zentrale durchgeführt, u. a. zur Kontrolle des
neuen Informationssystems (EIS). Mit Europol bzw. dessen Verwaltungsrat wurden intensive Verhandlungen über
Modifizierungen beim Erlass von Errichtungsanordnungen (Artikel 12) und zu der Problematik des Informationsaustausches zwischen Europol und Drittstaaten
geführt, insbesondere wenn in Drittstaaten kein angemessenes Datenschutzniveau besteht, wie dies Artikel 18 der
Konvention für den Austausch personenbezogener Daten
vorschreibt. Dieser Schutzmechanismus ist jedoch wesentlich für die Wahrung der Freiheitsrechte.
Gegen Ende des Berichtszeitraums hat die GK Europol
den Vorentwurf eines Ratsbeschlusses zu Europol erhalten, der im Falle seiner Annahme die Europol-Konvention als Rechtsgrundlage ablösen soll. Man erhofft sich
davon ein flexibleres Rechtsinstrument, das im Zuge von
Veränderungen leichter vom Rat geändert werden kann;
auf nationaler Ebene müssen gegenwärtig die nationalen
Parlamente zustimmen. Aus meiner Sicht wird darauf zu
achten sein, dass Europol nicht durch Änderung der
Rechtsgrundlage der Kontrolle des jeweiligen nationalen
Gesetzgebers entgleitet; dies umso mehr, als das Europäische Parlament für Rechtsmaterien im Bereich der sog.
Dritten Säule der EU nicht originär zuständig ist und die
Rechtsprechung des EuGH grundsätzlich nicht für
Rechtsgebiete gilt, die nicht vergemeinschaftet sind. Insbesondere das Europäische Parlament hat sich aber bisher
als Garant der Bürgerrechte in der EU erwiesen.
Am 17. Oktober 2006 wurde auf Initiative der GK von
Europol in Brüssel ein Symposium veranstaltet, um die
Herausforderungen des Datenschutzes für Europol zu erörtern. Teilnehmer waren u. a. hochrangige Vertreter des
Europäischen Parlaments, der Kommission, des Rates
und unabhängige Experten. Auf der Tagung wurde die
Bedeutung von Europol ebenso wie die Notwendigkeit
der europaweiten Kriminalitätsbekämpfung unter ausreichender Wahrung der Grundrechte jedes Einzelnen erneut
bekräftigt.
Sobald die o. g. Initiative der Kommission dem Rat zugeleitet ist, wird sich die GK Europol mit dem Dokument
befassen und eine datenschutzrechtlich ausgewogene
Stellungnahme erstellen.
3.2.4

Schengen

Heute ist es für uns selbstverständlich, mit dem Auto oder
mit dem Zug von Deutschland nach Frankreich oder Italien zu reisen, ohne unterwegs an Grenzen kontrolliert zu
werden. Für viele verbindet sich die Reisefreiheit in Europa mit dem Begriff „Schengen“. Das Wort steht in erster Linie für eine im gleichnamigen luxemburgischen
Städtchen 1990 geschlossene Vereinbarung, das Schengener Durchführungsübereinkommen (SDÜ), mit dem der
Wegfall der Binnengrenzen vereinbart wurde. GleichzeiBfDI 21. Tätigkeitsbericht 2005-2006

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K a s t e n zu Nr. 3.2.3.1

3.2.3.2 Die Gemeinsame Kontrollinstanz von
Europol

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Eurojust – umfassenden Zugriff auf das Schengener
Informationssystem (vgl. Nr. 3.2.4.1), auf das Visa-Informationssystem (vgl. Nr. 3.2.7) und auf den EURODAC-Datenbestand im Rahmen seiner Zuständigkeit erhalten. Angesichts der beschränkten Kompetenzen von
Europol bei der internationalen Verbrechensbekämpfung
hat u. a. die GK von Europol darauf hingewiesen, dass ein
solcher Direktzugriff auf Systeme, die in erster Linie Verwaltungszwecken dienen, wie das geplante VIS und EURODAC, mit dem Zweckbindungsprinzip nur schwer
vereinbar ist.

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