§ 28 LDSG BW a.F., der über § 30 Abs. 1 LDSG BW n.F. weiterhin anwendbar
ist). In beiden Ländern sind auch Dokumentationspflichten vorgesehen (vgl. § 22a
Abs. 1 Satz 4 PolG BW, § 14a Abs. 1 Satz 4 HSOG). Die Vorschriften sind dahingehend auszulegen, dass nach ihnen alle maßgeblichen Entscheidungen und deren Grundlagen für die Durchführung einer Kennzeichenkontrolle, einschließlich der
Entscheidung über die für den Abgleich zu berücksichtigenden Fahndungsbestände,
nachvollziehbar festzuhalten sind, und damit, wie verfassungsrechtlich geboten, eine
wirksame Kontrolle durch die Datenschutzbeauftragten und die Gerichte ermöglicht
wird (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -,
Rn. 157).
4. Nicht hinreichend eingegrenzt ist allerdings in beiden Ländern die Regelung zur
Verwendung der Daten für weitere Zwecke.

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§ 22a Abs. 4 Satz 4 PolG BW und § 14a Abs. 4 Satz 4 HSOG regeln eine Ausnahme von der Löschungspflicht in Hinblick auf eine weitere Verarbeitung von aus der
Kennzeichenkontrolle gewonnenen Informationen für andere Zwecke, als sie der
Kennzeichenkontrolle zugrunde lagen. Es handelt sich somit um Regelungen zur datenschutzrechtlichen Zweckänderung, die einen eigenständigen Eingriff begründen.
Vom Grundsatz her ist gegen eine solche Regelung verfassungsrechtlich nichts zu
erinnern. Das gilt auch, soweit § 22a Abs. 4 Satz 4 PolG BW auf Aufgaben der Strafverfolgung abstellt, denn die Vorschrift regelt allein die weitere Speicherung der Informationen und damit nur eine Öffnung, die deren Nutzung für weitere Zwecke ermöglicht; endgültig und genauer entscheidet über die weitere Nutzung der Daten im
Rahmen dieser Öffnung dann jedoch Bundesrecht (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 164 f.).

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Die Vorschriften genügen jedoch nicht dem Erfordernis eines hinreichend gewichtigen Rechtsgüterschutzes nach dem Kriterium der Datenneuerhebung. Danach ist die
Verwendung der Informationen zu neuen Zwecken nur dann mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz vereinbar, wenn diese nach verfassungsrechtlichen Maßstäben
auch für den geänderten Zweck mit vergleichbar schwerwiegenden Mitteln neu erhoben werden dürften (vgl. BVerfGE 141, 220 <327 f. Rn. 286 f.> m.w.N.). Vorliegend
kommt eine Nutzung der Daten zu weiteren Zwecken daher nur zum Schutz von
Rechtsgütern von zumindest erheblichem Gewicht oder sonst einem vergleichbar gewichtigen öffentlichen Interesse in Betracht, das heißt für das Strafrecht zur Verfolgung von Straftaten von zumindest erheblicher Bedeutung (vgl. BVerfG, Beschluss
des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 165). Das stellen weder
§ 22a Abs. 4 Satz 4 PolG BW noch § 14a Abs. 4 Satz 4 HSOG sicher.

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5. Demgegenüber bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken im Hinblick
auf die Gewährleistung von Löschungsregelungen. § 22a Abs. 3 PolG BW und § 14a
Abs. 3 HSOG sehen eine strikt an den Zwecken orientierte Regelung zur Löschung
der erhobenen Daten vor (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag
- 1 BvR 142/15 -, Rn. 160).

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