abgeglichen werden, liegen in ihnen Eingriffe in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 1 Abs. 1 GG). Eine Kraftfahrzeugkennzeichenkontrolle begründet dabei Grundrechtseingriffe gegenüber allen von ihr erfassten Personen und muss ihnen gegenüber verfassungsrechtlich gerechtfertigt werden
können (vgl. BVerfG, Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -,
Rn. 35 ff.).
II.
Die angegriffenen Vorschriften genügen, soweit sie Kennzeichenkontrollen an polizeilichen Kontrollstellen regeln, teilweise nicht den formellen Anforderungen der Verfassung. Hinsichtlich der anderen Tatbestandsvarianten sind sie mit den formellen
Anforderungen der Verfassung vereinbar und insbesondere von den Gesetzgebungskompetenzen der Länder gedeckt.

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1. § 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5 PolG BW unmittelbar sowie § 22a Abs. 1 Satz 1 PolG
BW, soweit er auf diese Vorschrift verweist, sind aus formellen Gründen mit der Verfassung nicht vereinbar.

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§ 22a Abs. 1 Satz 1 PolG BW erlaubt die Kraftfahrzeugkennzeichenkontrolle bei
Kontrollen nach § 26 Abs. 1 PolG BW. Er nimmt auf die dort genannten konkreten
Zwecke und Voraussetzungen Bezug und bezieht aus ihnen die Rechtfertigung und
Begrenzung auch für die Durchführung der Kennzeichenkontrollen. § 26 Abs. 1 Nr. 4
und 5 PolG BW ermächtigt insoweit zu Kennzeichenkontrollen an Kontrollstellen und
in Kontrollbereichen, die von der Polizei zur Fahndung nach Straftätern eingerichtet
sind. Da § 22a Abs. 1 Satz 1 PolG BW damit nicht nur auf die Rechtmäßigkeitsvoraussetzungen des § 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5 PolG BW verweist, sondern zunächst eine
eigenständige und wirksame Einrichtung solcher Kontrollstellen oder -bereiche voraussetzt, muss sich die verfassungsrechtliche Prüfung inzident auch auf die Vereinbarkeit der Regelung über die Einrichtung solcher Kontrollstellen selbst mit dem
Grundgesetz beziehen. Diese Prüfung ergibt, dass § 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5 PolG BW
durch die Gesetzgebungskompetenz des Landes nicht gedeckt ist. Damit wird auch
der hierauf bezogenen Ermächtigung zur Kennzeichenkontrolle die verfassungsrechtliche Grundlage entzogen.

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a) § 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5 PolG BW ist mit der grundgesetzlichen Zuordnung der
Gesetzgebungskompetenzen nicht vereinbar. Anders etwa als § 18 Abs. 2 Nr. 5
HSOG regelt die Vorschrift ihrem klaren Wortlaut nach nicht die Verhütung von Straftaten, sondern die Fahndung nach Straftätern. Eine Ermächtigung zur Fahndung
nach Straftätern kann jedoch nicht als Regelung verstanden werden, die ihrem
Schwerpunkt nach präventiven Zwecken dient. Zwar liegen strafprozessuale und präventive Zwecke oft nahe beieinander und bestehen für die Regelung von Ermittlungsmaßnahmen kompetenzrechtlich erhebliche Überschneidungsbereiche (vgl. BVerfG,
Beschluss des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 71 ff.). Wenn jedoch eine Norm ihrer objektiven Fassung nach allein auf das Strafrecht bezogen ist,
kann sie kompetenzrechtlich nicht bereits deshalb der Gefahrenabwehr zugeordnet

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