werden, weil das Strafrecht immer auch präventiv der Sicherheit dient. Die Fahndung
nach Straftätern gehört vielmehr unzweifelhaft zur Strafverfolgung.
Danach ist das Land nicht befugt, die Einrichtung solcher Kontrollstellen und -bereiche zu regeln. Die Regelung der Einrichtung von Kontrollstellen zur Strafverfolgung
gehört zur konkurrierenden Gesetzgebungskompetenz des Bundes nach Art. 74
Abs. 1 Nr. 1 GG („gerichtliches Verfahren“). Von dieser Kompetenz hat der Bund mit
§ 111 StPO auch Gebrauch gemacht. Maßnahmen zur Identitätsfeststellung gegenüber jedermann bei der Fahndung zur Verfolgung von Straftaten sind hier abschließend geregelt. Die insoweit bewusst eng gefasste Regelung kann damit gemäß
Art. 72 Abs. 1 GG nicht durch Landesrecht ergänzt werden (vgl. bereits SächsVerfGH, Urteil vom 10. Juli 2003 - Vf. 43-II-00 -, juris, Rn. 261 ff.).
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b) Die formelle Verfassungswidrigkeit des § 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5 PolG BW erfasst
auch die Ermächtigung zur Kennzeichenkontrolle nach § 22a Abs. 1 Satz 1 PolG
BW, soweit sie auf § 26 Abs. 1 Nr. 4 und 5 PolG BW verweist. Der Verweis des § 22a
Abs. 1 Satz 1 PolG BW auf § 26 Abs. 1 PolG BW dient dazu, die Kennzeichenkontrolle zu begrenzen, indem er sie an die dort festgelegten Zwecke und Voraussetzungen bindet. Wenn dieser Anknüpfungspunkt hier wegen der fehlenden Gesetzgebungskompetenz für die Regelung leerläuft, dann fehlt es insoweit an einer
hinreichend bestimmten und begrenzenden Anknüpfung für die Kennzeichenerfassung und ist diesbezüglich auch die Ermächtigung zu einer hierauf gestützten Kennzeichenkontrolle verfassungsrechtlich nicht tragfähig. Die nur allgemeine Ausrichtung
der Kontrollen auf präventive polizeiliche Aufgaben nach § 22a Abs. 1 Satz 1 PolG
BW und die Umschreibung bestimmter Anlässe für Kennzeichenkontrollen in § 22a
Abs. 1 Satz 3 Nr. 3 PolG BW können das nicht kompensieren.
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2. Desgleichen sind § 18 Abs. 2 Nr. 5 HSOG unmittelbar, soweit er polizeiliche Kontrollstellen zur Verhütung von versammlungsrechtlichen Straftaten vorsieht, sowie
§ 14a Abs. 1 Satz 1 HSOG, soweit er auf diese Vorschrift verweist, aus formellen
Gründen mit der Verfassung nicht vereinbar. Sie verstoßen als Eingriffe in Art. 8
Abs. 1 GG gegen das Zitiergebot nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG.
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Die Regelung der Identitätsfeststellung an polizeilichen Kontrollstellen zur Verhütung von versammlungsrechtlichen Straftaten sowie der Unterstützung solcher Kontrollen durch eine automatisierte Kennzeichenkontrolle setzt materiell voraus, dass
konkrete Hinweise auf erhebliche Straftaten in Bezug auf eine konkrete Versammlung vorliegen und in örtlichem Bezug hierzu eine polizeiliche Kontrollstelle eingerichtet wurde. Da die Vorschrift folglich dazu ermächtigt, den Zugang zu Versammlungen
zu kontrollieren, liegt in ihr ein Eingriff in Art. 8 Abs. 1 GG (vgl. BVerfG, Beschluss
des Ersten Senats vom selben Tag - 1 BvR 142/15 -, Rn. 136). Ein solcher Eingriff
unterliegt nach Art. 19 Abs. 1 Satz 2 GG in formeller Hinsicht dem Zitiergebot, dem
das Hessische Gesetz über die öffentliche Sicherheit und Ordnung nicht genügt (vgl.
§ 10 HSOG, der Art. 8 GG nicht aufführt).
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3. Im Übrigen sind Bedenken gegen die angegriffenen Vorschriften in formeller Hin-
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