(c) Die oben (C II 3 a cc <2>) sowohl im Hinblick auf den potenziellen Straftäter
selbst als auch auf den Begriff der Kontakt- und Begleitperson aufgeführten Bestimmtheitsmängel wirken sich auch auf die Prüfung der Angemessenheit der Maßnahme nach § 33a Abs. 1 Nr. 3 Nds.SOG aus. Nicht normiert ist insbesondere, welcher Art die Hinweise sind, die durch die Kontakt- und Begleitperson über die Straftat
gewonnen werden können, oder welche Anforderungen erfüllt sein müssen, damit eine an der künftigen Tat voraussichtlich unbeteiligte Person beim Telekommunikationsverkehr überwacht werden kann. Der Norm fehlen Anhaltspunkte für die abwägende Prüfung, ob die Schwere der zu erwartenden Straftat eine
Telekommunikationsüberwachung dieses Personenkreises rechtfertigt.
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(d) Die Mängel bei der Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne werden nicht durch andere Regelungen des Gesetzes beseitigt. Sie werden vielmehr dadurch vertieft, dass auf die verfahrensgegenständliche Telekommunikationsüberwachung andere Normen des Gesetzes anwendbar sind, die in gleicher
oder leicht veränderter Fassung auch schon vor der Schaffung der neuen Ermächtigung galten und nicht auf die Besonderheit der Überwachung im Vorfeldbereich abgestimmt sind.
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Dies gilt beispielsweise für die schon erwähnte Möglichkeit der Polizei zur Zurückstellung der Unterrichtung des Betroffenen nach § 30 Abs. 4 und 5 Nds.SOG (siehe
oben C II 3 b bb <3>). Infolge der Ausrichtung der Überwachung auf eine künftige
Straftat kann die Zurückstellung lange dauern. Die Regelung, dass der Datenschutzbeauftragte in den Fällen des § 30 Abs. 5 Satz 1 Nr. 3 Nds.SOG informiert wird, wenn
die Unterrichtung nach Ablauf von fünf Jahren nicht erfolgt ist (§ 30 Abs. 5 Satz 2
Nds.SOG), lässt erkennen, dass der Gesetzgeber mit der Möglichkeit längerer Zeiträume bis zur Benachrichtigung rechnet. Durch die Zurückstellung oder sogar das
Unterbleiben der Unterrichtung wird die Möglichkeit nachträglichen Rechtsschutzes
im Vergleich zu dem bei der Gefahrenabwehr und Strafverfolgung gewährten Rechtsschutz deutlich verringert, obwohl die Risiken einer Fehlprognose und damit einer tatsächlich nicht hinreichend fundierten Telekommunikationsüberwachung im Vorfeld
von Straftaten größer sind als bei der Gefahrenabwehr und der Strafverfolgung (zu
den Grundsätzen für die Unterrichtung vgl. BVerfGE 100, 313 <361 f.>; 109, 279
<363 f.>).
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Die Gefährdung effektiven Rechtsschutzes und damit die Intensität des Eingriffs
werden zudem dadurch verstärkt, dass die Unterrichtung nach § 30 Abs. 5 Satz 1
Nr. 1 Nds.SOG stets zurückgestellt werden kann, solange Zwecke der Verfolgung irgendeiner Straftat - also nicht der Straftat, auf deren Verhütung sich die Telekommunikationsüberwachung bezieht - oder irgendeiner Ordnungswidrigkeit entgegenstehen. Nach dem Wortlaut der Regelung muss die Straftat oder Ordnungswidrigkeit
nicht einmal vom Betroffenen selbst begangen worden sein. Auch die in § 30 Abs. 5
Satz 1 Nr. 3 Nds.SOG enthaltenen Gründe für das Unterbleiben der Unterrichtung
gefährden den effektiven Rechtsschutz. Nach dieser Norm unterbleibt die Unterrichtung, solange durch das Bekanntwerden der Datenerhebung Leib, Leben, Freiheit
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