Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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Drucksache 17/9100

aufwand berufen und damit den Informationszugang ausschließen. Sie hatte darauf hingewiesen, die Vorbereitung
des Informationszuganges erfordere die Durchsicht von
insgesamt 308 Aktenordnern mit jeweils ca. 400 Blatt (je
Ordner Unterlagen zu zwei bis drei Abgeordneten). Die
Prüfung der Unterlagen, die Aussonderung bzw. Schwärzung geschützter Inhalte, die Zusammenstellung der zugänglich zu machenden Inhalte und die Beteiligung der
Abgeordneten als Drittbetroffene hätte nach Auffassung
der Bundestagsverwaltung einen unverhältnismäßigen
Verwaltungsaufwand ausgelöst und damit nach § 7 Absatz 2 IFG die Ablehnung des Informationszuganges gerechtfertigt.

werden, die unmittelbar die Mandatswahrnehmung durch
Abgeordnete im Rahmen der Gesetzgebung betreffen.
Das VG weist an dieser Stelle auf den ausweislich der
amtlichen Begründung des IFG vom Gesetzgeber beabsichtigten, gleichen Schutz von personenbezogenen
Daten von Angehörigen des öffentlichen Dienstes und
Abgeordneten hin. Ob Informationen zur konkreten Büroausstattung eines Beamten oder eines Abgeordneten zu
den (besonders) schutzbedürftigen Informationen i. S. d.
§ 5 Absatz 2 IFG zählen oder hier nicht schon de lege lata
mit Blick auf beide Gruppen gleicher Informationszugang
geboten ist, ist eine höchstrichterlich noch nicht geklärte
Rechtsfrage.

Auch dieser Argumentation ist das VG Berlin nicht gefolgt: Die Beklagte habe selbst nicht behauptet und es sei
im Übrigen auch nicht ersichtlich, dass sie diesen Aufwand nicht bewältigen könne.

Das VG Berlin hat den Deutschen Bundestag allerdings
nicht zur Gewährung des Informationszuganges in dem
vom Kläger angestrebten Umfang, sondern zunächst nur
zur Neubescheidung des IFG-Antrages nach Durchführung der Drittbeteiligung verurteilt.

Das VG hielt allerdings eine – im Zeitpunkt der erstinstanzlichen Entscheidung noch nicht erfolgte – (Dritt-)Beteiligung der betroffenen Abgeordneten nach § 8 i. V. m.
§ 5 Absatz 2 IFG für geboten.
K a s t e n z u N r. 5 . 1 . 5
§ 8 IFG – Verfahren bei Beteiligung Dritter
(1) Die Behörde gibt einem Dritten, dessen Belange
durch den Antrag auf Informationszugang berührt sind,
schriftlich Gelegenheit zur Stellungnahme innerhalb eines Monats, sofern Anhaltspunkte dafür vorliegen, dass
er ein schutzwürdiges Interesse am Ausschluss des Informationszugangs haben kann.
(2) Die Entscheidung nach § 7 Abs. 1 Satz 1 ergeht
schriftlich und ist auch dem Dritten bekannt zu geben.
Der Informationszugang darf erst erfolgen, wenn die
Entscheidung dem Dritten gegenüber bestandskräftig ist
oder die sofortige Vollziehung angeordnet worden ist
und seit der Bekanntgabe der Anordnung an den Dritten
zwei Wochen verstrichen sind. § 9 Abs. 4 gilt entsprechend.
§ 5 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 2 IFG
(1) Zugang zu personenbezogenen Daten darf nur gewährt werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am
Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der
Dritte eingewilligt hat.
(2) Das Informationsinteresse des Antragstellers
überwiegt nicht bei Informationen aus Unterlagen, soweit sie mit dem Dienst- oder Amtsverhältnis oder einem Mandat des Dritten in Zusammenhang stehen und
bei Informationen, die einem Berufs- oder Amtsgeheimnis unterliegen.
Damit legt das Gericht die Regelung des § 5 Absatz 2
IFG weit aus und folgt nicht der Interpretation, nach der
von § 5 Absatz 2 IFG nur solche Informationen erfasst

Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig. Der Deutsche
Bundestag hat inzwischen alle Abgeordneten der
16. Wahlperiode angeschrieben und für den Fall, dass sie
ein oder mehrere Schreibgeräte bzw. Digitalkameras bestellt haben, um ihr Einverständnis zur Herausgabe der
entsprechenden Dokumente aus den Akten ersucht. Auf
meine Anfrage kurz vor Redaktionsschluss hat der Deutsche Bundestag mitgeteilt, dass der Antragsteller nach
Abschluss aller Drittbeteiligungsverfahren erneut beschieden worden sei. Lediglich drei der 620 Mitglieder
des Deutschen Bundestags haben sich mit der Weitergabe
von Informationen einverstanden erklärt.
5.2

Bundeskanzleramt

5.2.1

Ein Abendessen mit der Kanzlerin

Die Gästeliste der Kanzlerin sollte nach dem Willen des
Kanzleramts geheim bleiben. Die Gründe dafür überzeugten das VG Berlin allerdings nicht. Bestätigt wurde
dagegen die Verweigerung des Einblickes in den Terminkalender der Bundeskanzlerin.
Anlässlich eines runden Geburtstags des Vorstandsvorsitzenden einer großen deutschen Privatbank hatte die Bundeskanzlerin diesen sowie weitere Persönlichkeiten aus
Politik, Wirtschaft, Unterhaltung und Sport zu einem
Abendessen ins Bundeskanzleramt eingeladen. Mit Blick
auf die Bankenkrise und eventuelle Verflechtungen von
Politik und Wirtschaft begehrten zwei Antragsteller im
Juli 2009 beim Bundeskanzleramt Informationen zu
dieser Einladung und zum Terminkalender der Bundeskanzlerin für den Zeitraum vom 1. März bis zum
15. Mai 2008.
Das Bundeskanzleramt gab den geladenen Gästen im
Wege der Drittbeteiligung Gelegenheit zur Äußerung und
stellte den Antragstellern anschließend Ende November 2009 u. a. jeweils teilweise geschwärzte Kopien der
Gästelisten zur Verfügung. Im Übrigen wurde der Informationszugang abgelehnt. Über den am 19. Dezember 2009 eingelegten Widerspruch war auch im
März 2010 noch nicht entschieden. Die Antragsteller erhoben deshalb am 24. März 2010 Untätigkeitsklage beim

3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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