Drucksache 17/9100

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Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

sonders engen oder „qualifizierten“ Zusammenhang der
fraglichen Unterlagen und Informationen mit dem Mandat voraus. Er verlangt auch keinen engen Bezug zum
parlamentarischen „Kerngeschäft“, also insbesondere zur
Gesetzgebung.

5.1.5

Die Bundestagsverwaltung hat deshalb § 5 Absatz 2 IFG
– dem Wortlaut folgend – formal korrekt interpretiert und
daher nicht, wie im Regelfall von § 5 Absatz 1 Satz 1 IFG
vorgesehen, die unterschiedlichen Interessen abgewogen.
Die Entscheidung der Bundestagsverwaltung ist damit de
lege lata nicht zu beanstanden.

Jedes Mitglied des Deutschen Bundestages kann auf
Rechnung der Bundestagsverwaltung Bürobedarf bis zu
12 000 Euro pro Jahr anschaffen. Wer die beschafften Gegenstände letztlich dienstlich nutzt, liegt in der Entscheidung der Abgeordneten. Diese Beschaffungen waren Gegenstand eines Informationsbegehrens nach dem IFG. Ein
Journalist beantragte bei der Bundestagsverwaltung im
Dezember 2009 „Herausgabe von Ablichtungen aller Unterlagen zum Sachleistungskonsum der Abgeordneten des
16. Deutschen Bundestages im Jahr 2009 bezüglich der
Montblanc-Schreibgeräte und Digitalkameras“.

Rechtspolitisch stellt sich gleichwohl die Frage, ob bei
Verweigerung der Einwilligung auch künftig jeder Mandatsbezug zum Ausschluss des Informationszuganges
ausreichen sollte oder ob hier – jedenfalls außerhalb eines
absolut zu schützenden Kernbereiches parlamentarischer
Aufgabenwahrnehmung z. B. im Bereich der Legislative –
stärkere Transparenz wünschenswert wäre und deshalb
eine Gesetzesänderung diskutiert werden sollte. Ich
würde es jedenfalls begrüßen, wenn sich der Bundestag
auch bezüglich seiner eigenen Tätigkeit zu mehr Transparenz durchringen würde.
5.1.4

Der Petitionsausschuss des
Bundestages unterliegt nicht dem IFG

Der Petitionsausschuss des Deutschen Bundestages muss
nach dem IFG keine Stellungnahmen von Bundesministerien und ihren Geschäftsbereichsbehörden herausgeben.
Auch in diesem Berichtszeitraum stellte sich die Frage
der Anwendbarkeit des IFG auf den Petitionsausschuss.
Der Deutsche Bundestag nimmt seine verfassungsrechtlichen Aufgaben nicht nur im Plenum, sondern auch durch
seine zahlreichen ständigen Ausschüsse, durch Untersuchungsausschüsse und besondere Gremien und Kommissionen wahr.
Zu den ständigen Ausschüssen zählt der Petitionsausschuss gemäß Artikel 45c Grundgesetz. Zur Vorbereitung
seiner Beschlüsse über Bitten und Beschwerden (Artikel 17 GG) müssen Bundesregierung und -verwaltung mit
dem Petitionsausschuss nach § 8 des Gesetzes über die
Befugnisse des Petitionsausschusses zusammenarbeiten,
d. h. Akten vorlegen, Auskunft erteilen und Zutritt zu ihren Einrichtungen gewähren.
Bei der Wahrnehmung dieser vom Verfassungsrecht vorgegebenen Aufgaben unterliegt der Petitionsausschuss
nicht dem IFG und damit auch nicht meiner Kontrollzuständigkeit nach § 12 IFG. Damit ist ein Einblick in die
Unterlagen des Petitionsausschusses, etwa im Nachgang
zu einer Beschwerde, verwehrt.
Die Stellungnahmen der Bundesministerien und ihrer Geschäftsbereichsbehörden für den Petitionsausschuss unterliegen dagegen unmittelbar bei den Ministerien und
sonstigen Bundesbehörden dem Anspruch auf Informationszugang (vgl. dazu Nr. 3.2.1)

3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

Wer nutzt welche Schreibgeräte?

Der Deutsche Bundestag verweigert den Informationszugang zu Beschaffungsunterlagen für Schreibutensilien
der gehobenen Klasse und von Digitalkameras für die
Abgeordneten und ihre Büros – ein Grenzfall des IFG.

Die Bundestagsverwaltung beteiligte den Lieferanten, da
nach ihrer Auffassung dessen kaufmännische Geschäftsgeheimnisse mit der Offenlegung der Beschaffungsunterlagen betroffen sein konnten. Nachdem das Unternehmen
dem Informationszugang widersprochen hatte, lehnte die
Bundestagsverwaltung den IFG-Antrag unter Hinweis auf
die andernfalls drohende Verletzung von Geschäftsgeheimnissen ab. Außerdem begründete die Bundestagsverwaltung die Ablehnung damit, die Beantwortung der
Anfrage wäre mit einem unverhältnismäßigen Verwaltungsaufwand für die Bereitstellung der fraglichen Unterlagen verbunden.
Zunächst war fraglich, ob hier ein schutzwürdiges Geschäftsgeheimnis im Sinne des § 6 Satz 2 IFG vorlag.
Die Bundestagsverwaltung nahm ein wirtschaftliches Geheimhaltungsinteresse der mit der Beschaffung beauftragten Firma an. In der mündlichen Verhandlung vor dem
Verwaltungsgericht (VG) Berlin erläuterte sie, bei den
Informationen zu den Schreibgeräten handele es sich ausschließlich um die Einzelpreisangaben und die Zuordnung zum entsprechenden Artikel. Damit war in rechtlicher Sicht entscheidungsrelevant, ob der Einzelpreis
eines Füllers als Geschäftsgeheimnis des Vertragspartners
anzusehen war.
Nun hatte aber das Bundesverwaltungsgericht bereits
2009 klargestellt, dass kein schutzbedürftiges Geheimhaltungsinteresse vorliege, wenn die Offenlegung der Information nicht geeignet sei, exklusives kaufmännisches
Wissen den Konkurrenten am Markt zugänglich zu machen und so die Wettbewerbsposition des Unternehmens
nachteilig zu beeinflussen (vgl. auch Nr. 3.3.1).
Bei der Offenlegung des Einzelpreises von Schreibgeräten, der keine Rückschlüsse auf die Kalkulation oder auf
vom Hersteller gewährte Rabatte ermöglichte, war eine
Offenbarung schutzwürdigen, exklusiven und wettbewerbsrelevanten kaufmännischen Wissens nicht zu befürchten. Das VG Berlin hat diesen Ausschlusstatbestand
deshalb in seinem Urteil vom 11. November 2010
– VG 2 K 35.10 – nicht akzeptiert.
Die Bundestagsverwaltung konnte sich auch nicht auf einen – aus ihrer Sicht – unverhältnismäßigen Verwaltungs-

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