Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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Hinsichtlich des Schutzes der „geschäftlichen Interessen
einschließlich des geistigen Eigentums“ (Artikel 4 Absatz 2, erster Gedankenstrich der Transparenzverordnung) hat sich die IFK für eine terminologische Klärung
und für eine (grundsätzliche) Eröffnung des Informationszuganges bei überwiegendem Interesse an einer Offenlegung und damit auch hier für eine Abwägungsklausel ausgesprochen.
Im Anschluss an das Konsultationsverfahren wurde dem
Europäischen Parlament und dem Europäischen Rat am
30. April 2008 von der Europäischen Kommission ein
umfangreicher Vorschlag zur Änderung der Transparenzverordnung vorgelegt. Das Europäische Parlament (EP)
hat sich intensiv mit dem Vorschlag zur Änderung der
Transparenzverordnung befasst. Ich begrüße es, dass der
dem zuständigen EP-Ausschuss für Bürgerrechte im November 2011 vorgelegte Bericht (Bericht des LIBE-Ausschusses 2008/0090 (COD) 29/11/2011, sog. CashmanReport) weit reichende Vorschläge zur Erweiterung des
Zugangs zu Informationen der EU-Organe enthält. Hervorzuheben sind hier die Einführung einer generellen Abwägungsklausel zwischen Geheimhaltungsgründen und
öffentlichen Interessen an der Offenlegung von Informationen (Public Interest Test – vgl. Nr. 2.2), erweiterte
Maßnahmen zur proaktiven Veröffentlichung von Informationen (Open Data – vgl. Nr. 2.5) und die Verpflichtung für die Institutionen, jeweils interne Informationszugangsbeauftragte zu benennen. Das EP hat am
15. Dezember 2011 eine legislative Entschließung zur
Neufassung der Transparenzverordnung verabschiedet.
Mit dieser Entschließung fordert das EP u. a. die Eröffnung des vollen, unmittelbaren und zeitnahen Zuganges
zu Dokumenten in Bezug auf Gesetzgebungsakte, delegierte Rechtsakte und Durchführungsrechtsakte von allgemeiner Tragweite. Vorbereitende legislative Dokumente und alle damit verbundenen Informationen über
die verschiedenen Stufen der interinstitutionellen Verfahren sollen nach Auffassung des EP der Öffentlichkeit
grundsätzlich sofort und direkt im Internet zugänglich gemacht werden. Auch das Plenum des EP hat sich – dem
Vorschlag des Cashman-Reports folgend – für einen Public Interest Test und die Verpflichtung zur Bestellung
von Informationszugangsbeauftragten ausgesprochen.
Personenbezogene Daten sollen nicht veröffentlicht werden, wenn eine derartige Veröffentlichung die Privatsphäre oder die Integrität der betroffenen Person verletzen würde. Personenbezogene Daten sind gleichwohl
offenzulegen, wenn ein überwiegendes öffentliches Interesse ihre Offenlegung verlangt. Spätestens zwei Jahre
nach Inkrafttreten der Änderungen soll die Europäische
Kommission einen Bericht über die Durchführung der
Transparenzverordnung – ggf. mit Vorschlägen für eine
(weitere) Überarbeitung – vorlegen.
3.4.4

EUROCONTROL: Informationszugang
nur wenn es beliebt?

Die supranationale Kontrollstelle für den Luftverkehr unterliegt nicht der Kontrolle des BfDI – trotzdem sollte es
hier mehr Transparenz geben.

Drucksache 17/9100

Die meisten europäischen Staaten haben Gesetze zur Informationsfreiheit. Das Europäische Parlament, der Europäische Rat und die Europäische Kommission werden
durch eine Verordnung zur Transparenz verpflichtet. Weitere Einrichtungen der EU haben sich bereits freiwillig
zur Gewährung des Informationszuganges verpflichtet
und sollen mit der anstehenden Änderung der Transparenzverordnung auch ausdrücklich in den Kreis der informationspflichtigen Stellen aufgenommen werden (vgl.
Nr. 3.4.3). Gravierende Lücken gibt es aber bei internationalen Organisationen, insbesondere der UNO und auch
bei EUROCONTROL.
Eine international tätige Bürgerrechtsorganisation informierte mich über die Weigerung der zuständigen Stellen
von EUROCONTROL, Informationen zum Lufttransport
von CIA-Häftlingen öffentlich zu machen. Bei
EUROCONTROL handelt es sich um eine internationale
Organisation, die für die reibungslose Abwicklung und
die Sicherheit des europäischen Flugverkehrs sorgen soll.
Zu ihren zentralen Aufgaben gehört die Koordination der
einzelstaatlichen Systeme zur Luftverkehrskontrolle.
Die angesprochenen Flüge hatten in Deutschland bereits
eine Anfrage nach dem IFG nach sich gezogen: Ein Journalist hatte beim Bundesverkehrsministerium beantragt,
ihm Auskunft aus den Flugplänen der Deutschen Flugsicherung GmbH über die Flugbewegungen von 20 Flugzeugen mit Registriernummern aus den USA in den
Jahren 2001 bis 2005 zu geben. Das Bundesverwaltungsgericht gab ihm nur teilweise Recht; streitig war insbesondere eine mögliche Belastung der auswärtigen Beziehungen Deutschlands im Falle der Veröffentlichung (vgl.
Nr. 5.13.1).
Meine Ombuds-, Kontroll- und Beratungszuständigkeit
nach dem IFG beschränkt sich auf den Informationszugang bei Bundesbehörden und sonstigen Stellen, die Aufgaben der öffentlichen Verwaltung für den Bund wahrnehmen. Gegenüber supranationalen Stellen wie
EUROCONTROL habe ich keine Kontrollbefugnisse.
EUROCONTROL wurde durch das Internationale Übereinkommen über Zusammenarbeit zur Sicherung der
Luftfahrt (EUROCONTROL-Vertrag, ECV) vom 13. Dezember 1960 geschaffen. Die Vertragsstaaten, u. a. die
Bundesrepublik Deutschland, haben vereinbart, ihre Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Luftfahrt enger zu gestalten und insbesondere die Luftverkehrs-Sicherungsdienste im oberen Luftraum gemeinsam zu organisieren
(Artikel 1 Absatz 1 ECV). Mit Armenien, Serbien und
der Türkei sind auch Staaten dem Abkommen beigetreten, die nicht der Europäischen Union angehören.
Da EUROCONTROL als supranationale Gemeinschaftseinrichtung auf der Grundlage eines völkerrechtlichen
Vertrages gegründet wurde, handelt es sich nicht um eine
Behörde des Bundes. Das Informationsfreiheitsgesetz der
Bundesrepublik Deutschland findet daher auf EUROCONTROL keine Anwendung.
Auch die Transparenzverordnung Nr. 1049/2001 des
Europäischen Parlaments und des Rates über den Zugang

3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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