Drucksache 17/9100
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K a s t e n b z u N r. 3 . 2 . 6
Auszug aus dem Beschluss des Verwaltungsgerichts
Köln vom 12. Oktober 2011 – 13 K 3474/11 –
„Sind Behörden bei der Erfüllung ihrer öffentlichen
Aufgaben (auch) auf Angaben Dritter angewiesen, dürfen sie zum Schutz des Informanten seine Identität
geheim halten. Dies gilt vor dem Hintergrund, dass Behörden die für eine effektive Aufgabenerfüllung unentbehrlichen Informationen von Seiten Dritter in der
Regel nur erhalten, wenn sie dem Informanten Vertraulichkeit zusichern. Gleichwohl rechtfertigt nicht jede öffentliche Aufgabe die Annahme, Informationen von
Seiten Dritter seien zu deren Erfüllung unerlässlich. Die
Aufgabe, auf die die behördlichen Ermittlungen ausgerichtet sind, muss vielmehr dem Schutz gewichtiger
Rechtsgüter dienen“ (VG Köln, Beschluss vom 12. Oktober 2011 – 13 K 3474/11 –, S. 4 unter Hinweis auf
BVerwG, Beschluss vom 3. August 2011 – 20 F 23.10 –,
Rn. 8 m. w. N. und OVG NRW, Beschluss vom 28. September 2010 – 13a F 46/10 –, DVBl. 2010, 1516 m. w. N.).
3.3
Weitere aktuelle Grundsatzfragen
3.3.1
Informationsfreiheit und Betriebs- und
Geschäftsgeheimnisse
Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind nach derzeitiger
Rechtslage absolute und keiner Abwägung zugängliche
Ausschlussgründe für den Informationszugang, wenn der
betroffene Unternehmer nicht einwilligt. Hier sehe ich
dringenden Änderungsbedarf.
Der generelle Ausschluss des Informationszuganges,
wenn Betriebs- oder Geschäftsgeheimnisse geltend gemacht werden, ist eines der zentralen Probleme des deutschen Informationsfreiheitsrechts.
„Informationen sind der Stoff, aus dem demokratische Steuerungserfolge gemacht sind. Werden in einem Gemeinwesen
Informationen verfälscht oder vorenthalten, können
demokratische Strukturen bestenfalls suboptimale Steuerungsergebnisse zeitigen. Von daher ist der freie Informationsfluss schlechthin konstituierend für die Demokratie.“
So Prof. Dr. Michael Kloepfer bei der Vorstellung seines
Gutachtens „Informationsfreiheitsgesetz und der Schutz
von Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen“ (veröffentlicht unter http://www.bfdi.bund.de/IFG/Grundsaetzliches
zurInformationsfreiheit/Grundsaetzliches_zur_Information
freiheit_node.html) auf dem von mir veranstalteten Symposium zu den „Perspektiven der Informationsfreiheit“
am 9. Juni 2011 in Berlin (vgl. Nr. 6.3.2).
Gleichwohl gibt das aktuelle IFG den wirtschaftlichen Interessen der Unternehmen den absoluten Vorrang, sofern
Zugang zu amtlichen Informationen mit Betriebs- und
Geschäftsgeheimnissen begehrt wird: Informationszugang darf hier nur gewährt werden, soweit der Betroffene
eingewilligt hat (§ 6 Satz 2 IFG).
Unbestreitbar sind Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
für die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen von er-
3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
heblicher Bedeutung. Ein voraussetzungsloser, unbeschränkter Informationsanspruch würde für Unternehmensgeheimnisse und unternehmerisches Know-How ein
erhebliches Risiko bedeuten. Insbesondere würde damit
eine Ausforschung und in der Folge eine Verschlechterung der Wettbewerbsposition von solchen Unternehmen
drohen, die durch eine aufwendige Forschung und Entwicklung neue, kostengünstige und effektive Produktionsverfahren und attraktive Produkte entwickelt haben.
Ich sehe allerdings die Notwendigkeit, das Recht im
Sinne einer Abwägung zwischen den Interessen des
Unternehmens an Geheimhaltung und dem Informationsinteresse der Öffentlichkeit weiterzuentwickeln. Der derzeitige absolute Vorrang unternehmensseitiger Geheimhaltungsinteressen führt nämlich dazu, dass das IFG
wesentliche Ziele, insbesondere im Hinblick auf die verbesserte Transparenz der Verwendung öffentlicher Mittel
und der Korruptionsprävention, verfehlt.
Als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse werden von der
Rechtsprechung „alle auf ein Unternehmen bezogenen
Tatsachen, Umstände und Vorgänge verstanden, die nicht
offenkundig, sondern nur einem begrenzten Personenkreis zugänglich sind und an deren Nichtverbreitung der
Rechtsträger ein berechtigtes Interesse hat“ (so die Definition des Bundesverfassungsgerichtes, BVerfGE 115,
205 (230)). Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sind Informationen, die entweder vom Unternehmen wirtschaftlich genutzt werden können (und deshalb einen Vermögenswert darstellen) oder deren Verwertung durch Dritte
für den Unternehmer wirtschaftlich nachteilig sein kann.
Es kommt also entscheidend auf die Wettbewerbsrelevanz der Information an.
Deswegen werden Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
durch das Grundrecht der Berufsfreiheit (Artikel 12 GG)
und nach Auffassung weiter Teile der Rechtsprechung zusätzlich auch durch die Eigentumsgarantie des Artikel 14
GG geschützt. Ihr Schutz ist derzeit im IFG „absolut“ und
„abwägungsfest“ ausgestaltet. Sie sind damit stärker geschützt als ein Großteil der personenbezogenen Daten,
deren Schutz ebenfalls Verfassungsrang hat. Personenbezogene Daten dürfen nämlich zugänglich gemacht werden, wenn nach Abwägung das Interesse am Informationszugang das „Diskretionsinteresse“ des Betroffenen
überwiegt (§ 5 Absatz 1 Satz 1 IFG). Dies gilt selbst für
Fälle, in denen der Betroffene seine Einwilligung ausdrücklich verweigert.
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§ 5 Absatz 1 Satz 1 IFG
Zugang zu personenbezogenen Daten darf nur gewährt
werden, soweit das Informationsinteresse des Antragstellers das schutzwürdige Interesse des Dritten am Ausschluss des Informationszugangs überwiegt oder der
Dritte eingewilligt hat.
§ 6 Satz 2 IFG
Zugang zu Betriebs- oder Geschäftsgeheimnissen darf nur
gewährt werden, soweit der Betroffene eingewilligt hat.