Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
– 19 –
abschreckend auf Bürgerinnen und Bürger, ihre Informationszugangsrechte wahrzunehmen. Die – historisch erklärbare – Zweigleisigkeit von UIG und IFG hat sich
überlebt. Nicht nur für die Bürgerinnen und Bürger, sondern für alle Rechtsanwender wäre es eine Erleichterung,
wenn die beiden Gesetze zusammengefasst und harmonisiert würden. Ähnlich verhält es sich mit dem Recht auf
Zugang zu Verbraucherinformationen, das in einem weiteren Gesetz, dem Verbraucherinformationsgesetz (VIG),
geregelt ist. Ich hätte es begrüßt, wenn im Rahmen der
Novellierung des VIG im Jahr 2011 zumindest meine
Ombudsfunktion auf das VIG und das UIG erstreckt worden wäre. Diese Chance wurde leider nicht genutzt (vgl.
auch Nr. 2.8).
2.8
Novellierung des Verbraucherinformationsgesetzes
Auf Grundlage einer wissenschaftlichen Evaluation und
einer anschließenden öffentlichen Konsultation wird das
Verbraucherinformationsgesetz in verschiedenen Punkten
deutlich verbessert. Es bleiben aber wichtige Wünsche offen.
Das Gesetz zur Verbesserung der gesundheitsbezogenen
Verbraucherinformation (Verbraucherinformationsgesetz –
VIG) vom 5. November 2007 (BGBl. I S. 2258) regelt als
bereichsspezifisches Informationszugangsrecht den Zugang zu Verbraucherinformationen bei öffentlichen Stellen (vgl. Anlage 12). Der Deutsche Bundestag sowie der
Bundesrat hatten die Bundesregierung um eine Evaluation des VIG binnen zwei Jahren nach dessen Inkrafttreten gebeten (Bundestagsdrucksache 16/2035, Bundesratsdrucksache 584/06). Die Bundesregierung hatte deshalb
drei wissenschaftliche Studien in Auftrag gegeben und
nach deren Fertigstellung im Mai 2010 einen Evaluationsbericht vorgelegt (Bundestagsdrucksache 17/1800).
In diesem Bericht kommt sie zu dem Ergebnis, dass sich
das VIG insgesamt bewährt habe und das erreichte Verbraucherschutzniveau einem internationalen Vergleich
durchaus standhalte, gleichwohl aber Optimierungsmöglichkeiten beim Rechtsrahmen sowie bei der Verwaltungspraxis bestünden. Die Bundesregierung hat die
Studien sowie ihren Evaluationsbericht auf der eigens
eingerichteten Website „VIG im Dialog“ (www.vig
wirkt.de/de/vig-im-dialog) veröffentlicht und dort eine
mehrmonatige öffentliche Konsultation zu möglichen
Verbesserungsoptionen initiiert. Dieses Verfahren einer
Evaluation auf wissenschaftlicher Grundlage mit anschließendem öffentlichen Dialog begrüße ich ausdrücklich.
Auch die Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten in Deutschland (IFK) hat im Rahmen dieses Dialogs
eine Stellungnahme abgegeben (veröffentlicht unter
www.vigwirkt.de/de/vig-im-dialog/meinungen-und-stellung
nahmen). Die IFK sah durch die Ergebnisse der Studien
ihre Verbesserungsvorschläge zum ersten Entwurf eines
VIG bestätigt (Entschließung „Verbraucherinformationsgesetz nachbessern“ vom 26. Juni 2006, vgl. 1. TB zur
Informationsfreiheit, Anlage 2). Um die gegenwärtige
Zersplitterung des Informationszugangsrechts und die da-
Drucksache 17/9100
mit verbundenen Inkonsistenzen und Rechtsunsicherheiten zu beseitigen, hat sich die IFK auch dafür ausgesprochen, die Vorschriften des IFG, des UIG und des VIG
horizontal auf Bundesebene in einem einheitlichen Gesetz zusammenzuführen, das dann als Vorbild für die
Ländergesetzgebung dienen könnte.
Zu meinem Bedauern hat die Bundesregierung diese Option (noch) nicht gewählt, obwohl es auch im Koalitionsvertrag für die 17. Legislaturperiode heißt: „Das geltende
Verbraucherinformationsgesetz wird reformiert. Bei der
Reform des Gesetzes werden die Ergebnisse der Überprüfung berücksichtigt. Die Ansprüche des Verbrauchers auf
Information werden in einem einheitlichen Gesetz zur
Regelung der Informationsansprüche des Bürgers zusammengefasst.“ Die Bundesregierung hat sich vielmehr für
den Ansatz entschieden, kurzfristig das VIG separat zu
optimieren und seinen Anwendungsbereich auszuweiten.
Ich halte eine Vereinheitlichung der verschiedenen Informationszugangsregelungen weiterhin für dringend geboten.
Im August 2011 hat die Bundesregierung – auch als Reaktion auf den Dioxin-Futtermittelskandal – den Entwurf
eines Gesetzes zur Änderung des Verbraucherinformationsgesetzes (Bundestagsdrucksache 17/7374) vorgelegt,
den der Bundestag am 2. Dezember 2011 mit einigen Änderungen (vgl. Bundestagsdrucksache 17/7993) beschlossen hat. Das Gesetzgebungsverfahren war bei Redaktionsschluss noch nicht abgeschlossen. Ich war im
Rahmen der Ressortabstimmung beteiligt und habe mehrfach zu dem Gesetzentwurf Stellung genommen.
Die Novelle zielt auf eine deutliche Verbesserung der materiellen und verfahrensrechtlichen Regelungen des VIG
und ist daher grundsätzlich zu begrüßen. So werden das
Antragsverfahren bürgerfreundlicher ausgestaltet, das
Anhörungsverfahren bei der Beteiligung betroffener
Wirtschaftsunternehmen gestrafft und hinsichtlich amtlicher Kontrollergebnisse der Lebensmittelüberwachung
eine Berufung auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse
ausdrücklich ausgeschlossen. Im Übrigen steht die Geheimhaltung wegen betroffener Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse künftig generell unter einem Abwägungsvorbehalt. Einschlägige Informationen wären danach
offenzulegen, wenn das öffentliche Interesse an ihrer Bekanntgabe überwiegt. Positiv zu bewerten ist auch die
Ausweitung des Anwendungsbereichs des VIG über Lebens- und Futtermittel und Bedarfsgegenstände hinaus
auf Verbraucherprodukte im Sinne des Produktsicherheitsgesetzes (BGBl. I 2011 S. 2179), auch wenn es
durchaus noch weitere Bereiche gegeben hätte, in denen
eine verbesserte Transparenz wünschenswert wäre, z. B.
bei Finanz- und anderen Dienstleistungen.
Der Entwurf enthält aber auch einige kritische Punkte,
wie etwa einen sehr weit gefassten Ausnahmetatbestand,
nach dem ein Antrag auf Informationszugang abgelehnt
werden soll, soweit durch seine Bearbeitung die ordnungsgemäße Erfüllung der Aufgaben der Behörde beeinträchtigt würde. Ich sehe die Gefahr, dass sich die
Behörden in der Praxis sehr schnell auf diesen Ablehnungsgrund zurückziehen werden. Allgemein hätte ich
3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit