Drucksache 17/9100
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anderen teils schon deutlich weiter fortgeschrittenen Staaten. Deshalb setze ich darauf, dass die Bundesregierung
ihre Zurückhaltung aufgibt.
Können wir das auch haben?
Im Regierungsprogramm „Vernetzte und transparente
Verwaltung“ vom 18. August 2010 benennt die Bundesregierung Open Government als eines von zwanzig Projekten, die innerhalb der nächsten Jahre umgesetzt
werden sollen. Als strategisches Ziel für die laufende Legislaturperiode will die Bundesregierung bis 2013 „eine
gemeinsame Strategie für ein offenes Regierungshandeln
erarbeiten und umsetzen“. „Dort, wo es rechtlich möglich
und zweckmäßig ist[, soll] ein freier Zugang zu Informationen der Verwaltung geschaffen werden.“
Der Start des Projekts hat sich gegenüber den Ankündigungen leider um fast ein Jahr verzögert. Im zweiten
Quartal 2011 startete das Bundesministerium des Innern
ein Pilotprojekt mit Geodaten, bei dem erste Erfahrungen
gesammelt werden sollen. Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe arbeitet an einem gemeinsamen Eckpunkte-Papier, das Anfang 2012 veröffentlicht werden soll. Im dritten Quartal 2011 wurden eine Studie und die Erstellung
eines Pilotprojektes für eine Open-Data-Plattform ausgeschrieben und nach einem Bieterwettbewerb im Januar
2012 an das Fraunhofer-Institut für Offene Kommunikationssysteme FOKUS vergeben.
Am 8. November 2011 hat die Bundesregierung einen
Wettbewerb „Apps4Deutschland“ initiiert, der unter der
Schirmherrschaft des Bundesministers des Innern von
drei Nichtregierungsorganisationen mit Unterstützung
zahlreicher Partner aus der Wirtschaft ausgetragen wird.
Jeder kann mit konkreten Ideen für die Weiterverarbeitung von Daten des öffentlichen Sektors teilnehmen: Programmierer und Entwickler mit funktionsfähigen Anwendungen und auch Behörden, die bislang nicht offen
verfügbare Daten zugänglich machen. Der Wettbewerb
soll das Potenzial für die Nutzung von Open Data in
Deutschland ausloten und dabei mithelfen, die Anforderungen zu konkretisieren. Es ist zu hoffen, dass – wie angekündigt – im dritten Quartal 2012 der Prototyp einer
Open-Government-Data-Plattform startet, die 2013 in
den Regelbetrieb überführt werden soll (vgl. www.datendeutschland.de).
Dass sich die Bundesregierung und die Landesregierungen die Realisierung von Open Government vorgenommen haben, bewerte ich grundsätzlich positiv, werden
hier doch guter Wille und Handlungsabsicht bewiesen.
Allein: Das Ziel der Bundesregierung, „dort[,] wo es
rechtlich möglich und zweckmäßig ist[,]“ einen freien
Zugang zu Informationen der Verwaltung zu schaffen, ist
nicht mehr als ein erster Schritt. Wo rechtliche Grenzen
die Realisierung des Open-Data-Ansatzes verhindern,
sollte aktiv daran gearbeitet werden, die gesetzlichen Vorgaben auf den Stand der Informationsgesellschaft zu bringen. Insbesondere die komplizierten kompetenzrechtlichen Fragen sollten nicht davon abhalten, im Sinne der
Transparenz staatlichen Handelns nach gemeinsamen und
3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit
Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode
praktikablen Lösungen für Open Data und Open Government zu suchen.
Kritisch sehe ich auch die von der Bundesregierung laut
Regierungsprogramm angestrebte Beschränkung auf
Fälle, in denen ein Informationszugang zweckmäßig ist;
hier sehe ich die Gefahr einer zu engen Normierung, mit
der letztlich der freie Informationszugang in vielen Fällen
eingeschränkt werden kann. Ob der freie Zugang zu bestimmten Daten zweckmäßig ist, können letztlich nur diejenigen entscheiden, die diese Daten für ihre Zwecke
nachfragen: Bürgerinnen und Bürger sowie Wirtschaftsunternehmen, die die Daten für ihre Zwecke weiterverwenden wollen.
Wir brauchen nicht weniger als einen Kulturwandel in
Politik und Verwaltung hin zu mehr Offenheit und Transparenz. Amtliche Informationen sind vom Grundsatz her
zu veröffentlichen und dürfen nur in begründeten Ausnahmefällen – Stichwort: Datenschutz – von einer Veröffentlichung ausgenommen werden.
2.5
Open Data in der Europäischen Union
In zahlreichen Initiativen setzt sich die EU für mehr
Transparenz des Verwaltungshandelns ein. Die für Digitale Agenda zuständige Kommissarin hat am 12. Dezember 2011 ihre Strategie für Open Data in der EU vorgestellt.
Die seit dem 31. Dezember 2003 geltende europäische
Richtlinie 2003/98/EG über die Weiterverwendung von
Informationen des öffentlichen Sektors sollte ein Mindestmaß an Harmonisierung der Rechtslage in den Mitgliedstaaten bewirken. In den Folgejahren zeigte sich
aber, dass in vielen Mitgliedstaaten nach wie vor Barrieren für die Informationsweiterverwendung bestehen und
eine Überarbeitung der Richtlinie nötig ist.
Die EU-Kommission hat ihr Interesse an einer Öffnung
von Datenbeständen nicht nur durch besagte Richtlinie,
sondern auch durch weitere Initiativen verdeutlicht. Hervorzuheben sind hier die Richtlinie über den Zugang zu
Umweltinformationen, die INSPIRE-Richtlinie zur
Schaffung einer Geodateninfrastruktur, der Aktionsplan
zur Einführung intelligenter Verkehrssysteme in Europa
und Politiken zur Digitalisierung des kulturellen Erbes
sowie die Co-Finanzierung von Forschungs- und Entwicklungsvorhaben im Bereich Open Data.
Mit der Vorstellung ihrer Strategie für Open Data in der
EU hat die Kommission in diesem Bereich die Umsetzung ihrer Digitalen Agenda angestoßen (Weitere Informationen: http://europa.eu/rapid/pressReleasesAction.do?
reference=IP/11/1524&language=DE). Bereits im Sommer 2012 will die Europäische Kommission ihre eigenen
Daten über ein neues Open-Data-Portal öffentlich zugänglich machen. Gleichzeitig sollen auch andere EU-Organe, allen voran Parlament und Rat, motiviert werden,
ihre Daten online zu veröffentlichen. Zudem soll bis 2013
ein gesamteuropäisches Portal aufgebaut werden, das einen einheitlichen und einfachen Zugriff auf alle veröffentlichten Datenbestände der EU, ihrer Mitgliedstaaten