Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

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zelfälle hinaus. Klipp und klar hat das höchste deutsche
Verwaltungsgericht der Bundesregierung ins Stammbuch
geschrieben, dass eine Unterscheidung zwischen dem
Verwaltungshandeln und dem vom Informationszugangsanspruch ausgenommenen Regierungshandeln im Gesetz
nicht angelegt ist und der Informationszugang grundsätzlich auch für die Regierungstätigkeit eröffnet ist (vgl.
Nr. 3.2.1).
Die Lücken und Schwächen des Informationszugangsrechtes kann die Rechtsprechung allein aber nicht überwinden.
Hier ist auch die Legislative gefordert. Ich appelliere deshalb an den Gesetzgeber, die nötigen Reformschritte einzuleiten und einen umfassenden Master-Plan für mehr
Transparenz zu entwickeln. Dabei zeichnen sich folgende
wichtige Handlungsfelder ab:
– Das Gebot umfassender Transparenz muss eine verfassungsrechtliche Maxime staatlichen Handelns auf
allen Ebenen werden. Wir brauchen das Grundrecht
auf Information im Grundgesetz (vgl. Nr. 2.1).
– Die Regelungen des Informationszuganges sollten darüber hinaus vereinheitlicht und ihr Anwendungsbereich deutlich ausgeweitet werden. Dabei sind
Ausnahmeregelungen enger und präziser zu fassen,
Verfahrensvorschriften und Kostenregelungen bürgerfreundlicher auszugestalten.
– Alle Behörden des Bundes sollten von sich aus so
viele Informationen wie möglich gut aufbereitet und
kostenfrei für die Nutzer öffentlich machen.
– Neue Bereichsausnahmen oder sonstige Einengungen
des freien Informationszuganges sind dagegen nicht
geboten.
1. Informationsfreiheit ins Grundgesetz!
Wie von der Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten in Deutschland (IFK) am 28. November 2011 gefordert, sollte die Informationsfreiheit im Grundgesetz verankert werden (vgl. Nr. 2.1). Bei einer solchen Stärkung des
Informationsanspruchs müssten die grundrechtlich geschützten Rechtspositionen Dritter künftig stets mit dem
neuen Grundrecht auf Informationszugang und dem öffentlichen Transparenzinteresse abgewogen werden, also immer ein „Public Interest Test“ erfolgen (s. Kasten).
2. Harmonisierung und Zusammenfassung der
Regelungen des Informationszuganges, 
Optimierung der Verfahrensregelungen
Die bislang zersplitterte und teilweise uneinheitliche Gesetzgebung zur Informationsfreiheit in Bund und Ländern
bedarf generell der Harmonisierung. In einem ersten
Schritt sollte zunächst die Zusammenlegung des Informationsfreiheits- und des Umweltinformationsgesetzes des
Bundes angestrebt werden, schon weil die Abgrenzung
im Einzelfall oftmals Schwierigkeiten bereitet. Das europarechtlich geprägte UIG gewährt einen großzügigeren
Informationszugang als das IFG. Anders als das IFG, verlangt es stets eine Abwägung zwischen dem „öffentlichen
Interesse an der Bekanntgabe“ und den von Drittbetroffe-

Drucksache 17/9100

nen geltend gemachten schutzwürdigen Interessen (vgl.
§§ 8 und 9 UIG). Mit der Zusammenfassung von IFG und
UIG könnte ein starker „Transparenzschub“ ausgelöst
werden (vgl. auch Nr. 2.7).
Reformbedarf besteht bei den Regelungen des IFG-Verfahrens. Bürgerinnen und Bürger warten oft zu lange auf
die Bearbeitung ihres Antrages. Vielfach kommt nicht
einmal eine Zwischennachricht, dass sich die Bearbeitung
verzögert, weil Dritte zu beteiligen sind oder der Sachverhalt ungewöhnlich komplex ist.
Ich empfehle deshalb die Einführung einer verbindlichen
gesetzlichen Frist anstelle der bisherigen Soll-Vorgabe für
die Bearbeitung der Anträge auf Informationszugang. Ein
solches „Fristenmodell“ enthält bereits § 3 Absatz 3 UIG,
der eine Bearbeitungsfrist von einem Monat vorgibt.
Diese Frist kann bei schwierigen Fällen um einen weiteren Monat verlängert werden.
Es sollte auch geprüft werden, ob eine wirtschaftliche
Sanktionierung für eine schleppende Bearbeitung der Anträge angeraten ist. Warum sollen Bürgerinnen und Bürger die volle Gebühr oder den Auslagenersatz bezahlen,
wenn die Behörde zu langsam arbeitet?
Reformbedarf besteht auch bei der Handhabung von Widerspruchsverfahren, insbesondere für Fälle, in denen der
Antragsteller Widerspruch gegen eine (teil)ablehnende
Entscheidung einlegt und mich parallel nach § 12 Absatz 1
IFG um Überprüfung und Unterstützung bittet. Sofern der
Antragsteller dies beantragt, sollte das Widerspruchsverfahren ausgesetzt werden, bis ich meine Prüfung abgeschlossen habe.
3. Für eine Verwaltungskultur der aktiven Transparenz
Ein unerlässlicher weiterer Schritt zur Weiterentwicklung
des Informationszugangsrechts sind verbindliche gesetzliche Veröffentlichungspflichten für öffentliche Stellen.
Zu einer neuen Verwaltungskultur der aktiven Transparenz gehört auch, dass der Zugang zu Behördeninformationen nicht immer erst auf Antrag gewährt wird; Verwaltungsinformationen sind proaktiv und nutzerfreundlich
strukturiert bereit zu stellen (Open Data). Das Internet
bietet hierfür eine gute Plattform. Die notwendigen Regelungen sollten im Informationsfreiheitsgesetz verankert
werden (vgl. Nr. 2.4).
Verträge mit der öffentlichen Hand – (insbesondere) im
Bereich der Daseinsvorsorge – sind grundsätzlich öffentlich zu machen. Wer mit dem Staat Verträge schließt,
sollte sich der Transparenz nicht mit dem Verweis auf Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse entziehen können.
Ich hoffe, dass auch die bei Redaktionsschluss noch laufende Evaluation des IFG wichtige Impulse für eine umfassende Novellierung des Informationsfreiheitsrechtes
bringen wird.
4. Informationszugang ausweiten und nicht einschränken
Im 2. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit habe ich
über den Versuch berichtet, eine Bereichsausnahme für

3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

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