Drucksache 17/9100
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Informationsfreiheit weiterentwickeln!

2.1

Die Informationsfreiheit gehört ins
Grundgesetz

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Demokratie und Rechtsstaat können sich am besten dann
entfalten, wenn die Entscheidungsgrundlagen staatlichen
Handelns offen gelegt werden. Eine verfassungsrechtliche
Verankerung der Informationsfreiheit wäre ein wichtiger
Schritt zu mehr Transparenz und Demokratie.
Das Grundgesetz schreibt den ungehinderten Zugang zu
allgemein zugänglichen Quellen fest. Das war die notwendige Antwort auf die Informationsbeschränkungen
während der Zeit des Nationalsozialismus.
Artikel 5 Absatz 1 Satz 1 GG gibt Jedermann das Recht,
„sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu
unterrichten“. Diese Bestimmung gewährleistet aber keinen Anspruch gegenüber staatlichen Stellen auf Eröffnung
einer bestimmten Informationsquelle. Das Grundrecht ist
gegenwärtig vielmehr lediglich ein Abwehranspruch gegen staatliche Eingriffe. Die Zugänglichkeit der Informationsquelle wird von diesem verfassungsrechtlichen Abwehrrecht vorausgesetzt und nicht – im Sinne eines
Teilhabeanspruches – begründet. Lediglich im Land
Brandenburg hat das Informationszugangsrecht schon vor
20 Jahren Verfassungsrang erhalten, offensichtlich eine
Reaktion auf die Praxis der Informationsverweigerung
staatlicher Stellen der ehemaligen DDR. Dagegen gibt es
in anderen Bundesländern (Baden-Württemberg, Bayern,
Hessen, Niedersachsen und Sachsen) nicht einmal Informationsfreiheitsgesetze.
Die Zugänglichkeit amtlicher Informationen wird derzeit
nur durch einfaches Gesetz, nämlich durch die Informationsfreiheitsgesetze des Bundes und der Länder geregelt,
und damit nicht auf der verfassungsrechtlichen Ebene. Erhebliche Einschränkungen, ja sogar die Abschaffung des Informationszuganges auf einfachgesetzlicher Ebene wären
damit nicht „per se“ verfassungs- und grundrechtswidrig.

Deutscher Bundestag – 17. Wahlperiode

sungsrechtliche Verankerung des Informationszugangsanspruchs eine echte Abwägung mit anderen Grundrechten ermöglicht, wie er in anderen Rechtsordnungen
bereits erfolgt („Public Interest Test“, vgl. Nr. 2.2)
Mit ihrer Entschließung vom 28. November 2011 haben
die Informationsfreiheitsbeauftragten von Bund und Ländern ein deutliches Zeichen für eine verfassungsrechtliche Stärkung des freien Informationszuganges gesetzt.
K a s t e n z u N r. 2 . 1
Entschließung der 23. Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten in Deutschland 
vom 28. November 2011
„Informationsfreiheit ins Grundgesetz und in die
Landesverfassungen“
Demokratie und Rechtsstaat können sich nur dort wirklich entfalten, wo auch die Entscheidungsgrundlagen
staatlichen Handelns offen gelegt werden. Bund und
Länder müssen ihre Bemühungen weiter verstärken, für
mehr Transparenz staatlichen Handelns zu sorgen. Eine
verfassungsrechtliche Verankerung der Informationsfreiheit ist geboten.
Die Konferenz der Informationsfreiheitsbeauftragten in
Deutschland tritt dafür ein, den Anspruch auf freien Zugang zu amtlichen Informationen in das Grundgesetz
und die Landesverfassungen – soweit noch nicht geschehen – aufzunehmen. Staatliche Stellen müssen die
ihnen vorliegenden Informationen grundsätzlich öffentlich zugänglich machen.
2.2

Sechs Jahre IFG – eine Zwischenbilanz

Sechs Jahre nach Inkrafttreten des IFG hat die Rechtsprechung wichtige Fragen geklärt. Zugleich wird immer
deutlicher, dass der Gesetzgeber die Regelungen des Informationszuganges optimieren muss.

Der fehlende Verfassungsrang des freien Informationszugangs wirkt sich aber auch bei der Anwendung des IFG
aus. Anträge auf Informationszugang gegenüber einer
Behörde scheitern häufig daran, dass Dritte ihre Einwilligung in den Informationszugang verweigern, weil sie ihre
Rechte verletzt sehen. Vielfach werden verfassungsrechtlich geschützte Rechtspositionen, insbesondere Betriebsund Geschäftsgeheimnisse, als Gründe für die Ablehnung
von IFG-Anträgen angeführt. Der Antragsteller befindet
sich hier schon deshalb in der schwächeren Position, weil
er sich (noch) nicht auf ein Grundrecht, sondern nur auf
eine einfachgesetzliche Regelung berufen kann.

Trotzdem braucht es Zeit, um Verwaltungen und Öffentlichkeit mit den neuen Regelungen vertraut zu machen.
Behörden müssen lernen, dass eine obrigkeitlich geprägte
strikte Abschottung der Verwaltungsarbeit nicht mehr
zeitgemäß ist. Die Bürgerinnen und Bürger wiederum
müssen mit den neuen Rechten vertraut werden.

Ich trete deshalb dafür ein, den individuellen Anspruch
auf Informationsfreiheit als Grundrecht auszugestalten.
Ein explizites Grundrecht auf Informationszugang, ergänzt durch eine Verpflichtung der Bundesbehörden zu
proaktiver Informationspolitik, würde die geltende Regelung in Artikel 5 des Grundgesetzes weiterentwickeln.
Dabei geht es mir allerdings nicht um einen allgemeinen
Vorrang des Informationszugangsanspruchs vor anderen
Rechtspositionen. Vielmehr würde erst durch eine verfas-

Ich wünsche mir, dass der Prozess zur Verbesserung der
Transparenz noch dynamischer wird und erheblich an
Fahrt gewinnt. Die Rahmenbedingungen für einen solchen „Transparenzschub“ haben sich verbessert. Nach
den jüngsten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts gilt
das IFG grundsätzlich für die gesamte Tätigkeit der Bundesministerien. Die beiden Urteile vom 3. November
2011 (– 7 C 3.11 – und – 7 C 4.11 –) sind Meilensteine
der Entwicklung. Ihre Bedeutung geht weit über die Ein-

3. Tätigkeitsbericht zur Informationsfreiheit

Das Informationsfreiheitsgesetz des Bundes gilt seit dem
1. Januar 2006. Im Vergleich zu den Regelungen anderer
Länder wie etwa Schweden (seit 1766) oder den USA
(seit 1966) ist das deutsche IFG eher ein Nachzügler.

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