Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
– 49 –
Das inzwischen in Kraft getretene Gesetz zur Änderung
des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes vom 2. Juni
1999 (BGBl. I S. 1242) ist diesem Petitum gerecht geworden. Es enthält daneben erfreulicherweise eine Vorschrift hinsichtlich der präventiven Speicherung von verfahrensbezogenen DNA-Identifizierungsmustern.
Dadurch wurde im wesentlichen meiner ursprünglichen
Forderung nach Schaffung einer gesetzlichen Grundlage
für die Speicherung der Daten, die gemäß § 81e StPO erhoben und bislang auf der unzureichenden Grundlage des
§ 8 Abs. 6 BKAG in der DNA-Analsye-Datei des Bundeskriminalamtes gespeichert wurden, entsprochen (vgl.
17. TB Nr. 6.3). Leider enthält diese Regelung aber keine
ausdrückliche Verweisung auf den Richtervorbehalt in
§ 81g Abs. 3 StPO. Dies erfolgte laut Gesetzesbegründung bewusst, da der Richtervorbehalt für Anordnungen
nach § 81e StPO gemäß § 81f StPO bereits ohnehin gelte.
Diese Argumentation halte ich jedoch nur zum Teil für zutreffend. Denn der Richter entscheidet im Rahmen seiner
Anordnung nach §§ 81e, f StPO nur über die rein verfahrensbezogene Erforderlichkeit einer DNA-Analyse zum
Zwecke der Zuordnung des Spurenmaterials (bzw. der
Feststellung der Abstammung). Er entscheidet jedoch
nicht über die DNA-Identitätsfeststellung i. S. des § 81g
StPO. Damit entscheidet er auch nicht über das Vorliegen
einer Straftat von erheblicher Bedeutung und einer besonderen Wiederholungsgefahr. Somit liegt ein Wertungswiderspruch zu der Intention des DNA-Identitätsfeststellungsgesetzes vor, da der Richtervorbehalt in § 81g
Abs. 3 StPO auch gewährleisten soll, dass die Gefahrenprognose durch den Richter getroffen wird. Der Verzicht
auf die durch einen Richter zu treffende Gefahrenprognose führt leider dazu, dass die Anordnung einer DNAAnalyse im laufenden Verfahren automatisch die Speicherung dieser Daten in der DNA-Analyse-Datei nach
sich zieht.
Im Rahmen des Einsatzes der DNA-Analyse für Fälle
künftiger Strafverfolgung sind Strafverfolgungsbehörden
in einigen Bundesländern dazu übergegangen, bei Strafgefangenen eine DNA-Analyse allein auf die Einwilligung der Betroffenen zu stützen, anstatt eine richterliche
Anordnung einzuholen. Diese Praxis verstößt nach meiner Auffassung gegen geltendes Recht. Denn gem. § 81g
i. V. m. § 81f StPO erfolgt eine Untersuchung zum
Zwecke der Identitätsfeststellung in künftigen Strafverfahren auf Anordnung des Richters. Dieser entscheidet
auf der Grundlage der von ihm zu treffenden Prognose.
§ 81g Abs. 1 StPO setzt dabei die Erwartung voraus, dass
wegen Art oder Ausführung der Tat, der Persönlichkeit
des Beschuldigten oder sonstigen Erkenntnissen Grund
zu der Annahme besteht, dass gegen ihn künftig erneut
Strafverfahren wegen bestimmter Straftaten zu führen
sind. An dieser Prognoseentscheidung würde es aber fehlen, wenn die molekulargenetische Untersuchung aufgrund einer Einwilligung eines Betroffenen zulässig
wäre. Eine solche Praxis würde die gesetzlich vorgesehenen Schutzmechanismen beseitigen und damit zu einer erheblichen Schlechterstellung derjenigen Personen führen,
die „freiwillig“ eine Speichelprobe abgeben. Hinzu
kommt, dass von einer echten Freiwilligkeit kaum die
Drucksache 14/5555
Rede sein kann, da Strafgefangene annehmen können,
dass die Verweigerung der Einwilligung Auswirkungen
etwa auf die Gewährung von Vollzugslockerungen hat;
maßgebend ist hier die subjektive Einschätzung des Betroffenen.
Die Datenschutzbeauftragten des Bundes und der Länder
haben diese Thematik in ihrer 58. Konferenz aufgegriffen
und gefordert, DNA-Analysen zum Zwecke der Identitätsfeststellung für künftige Strafverfahren nur noch auf
der Grundlage richterlicher Anordnungen durchzuführen
(s. Entschließung vom 7./8. Oktober 1999, Anlage 25).
6.4
Zugriff der Strafverfolgungsbehörden auf Telekommunikationsdaten
6.4.1
Erneute Verlängerung der Geltungsdauer des § 12 FAG
In meinem letzten Tätigkeitsbericht habe ich über die
Bemühungen des Gesetzgebers berichtet, eine Nachfolgeregelung für § 12 Fernmeldeanlagengesetz (FAG) zu
verabschieden (s. 17. TB Nr. 6.4). Nach dieser Vorschrift
können Richter und bei Gefahr im Verzuge auch die
Staatsanwaltschaft in strafgerichtlichen Verfahren von Telekommunikationsunternehmen Auskunft darüber verlangen, wer wann mit wem wie lange kommuniziert hat. Es
handelt sich dabei um die sog. Verbindungsdaten, also
nicht um die Überwachung der Gesprächsinhalte. Die parlamentarischen Beratungen hierzu führten jedoch nur zu
dem Ergebnis, die Geltungsdauer der bisherigen Norm bis
zum 31. Dezember 1999 zu verlängern.
Nachdem in dieser Legislaturperiode der Bundesrat die
zeitliche Befristung aufheben wollte, womit es bei dem
verfassungsrechtlich bedenklichen Rechtszustand geblieben wäre, haben sich die Datenschutzbeauftragten des
Bundes und der Länder im Rahmen ihrer 58. Konferenz
mit dieser Thematik befasst. In einer Entschließung fordern sie eine Neufassung der Vorschrift unter Beachtung
der Anforderungen, die sich aus dem von Art. 10 GG
geschützten Telekommunikationsgeheimnis ergeben
(s. Entschließung vom 7./8. Oktober 1999, Anlage 14).
Der Gesetzgeber hat jedoch die Geltungsdauer des § 12
FAG erneut um zwei weitere Jahre verlängert, also bis
zum 31. Dezember 2001 (BGBl. I S. 2492). Erfreulicherweise wurden aber durch eine Verweisung auf die Vorschriften der §§ 100b Abs. 6 und 101 Abs. 1 Satz 1 StPO
zwei datenschutzrechtliche Verbesserungen eingefügt, die
meinen langjährigen Forderungen entsprechen. Aufgrund
dieser Verweisungen müssen nämlich zum einen künftig
Unterlagen, die zur Strafverfolgung nicht mehr erforderlich sind, unverzüglich vernichtet werden. Zum anderen
müssen Beteiligte der Maßnahmen nach § 12 FAG benachrichtigt werden, sofern nicht bestimmte Ausnahmetatbestände, z. B. Störung des Ermittlungsverfahrens, vorliegen.
Diese Ergänzungen des § 12 FAG begrüße ich nachdrücklich. Sie stellen einen wichtigen Schritt in die richtige Richtung dar. Damit entspricht diese Vorschrift