Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
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freulicherweise findet auch ein intensiver Dialog zwischen der Zentrale und den Außenstellen statt. So konnte
ich vielfach bei der Kontrolle einer Außenstelle feststellen, dass von mir vorher in einer anderen Außenstelle kritisierte Verfahrensweisen bereits entsprechend meiner
Empfehlungen geändert worden waren.
Ein Problem in den Außenstellen ist, wie lange Besucherscheine aufzubewahren sind. Besucher einer Außenstelle
müssen sich zunächst bei der Wache melden, bei der sie
ihren Personalausweis hinterlegen, um einen Besucherschein zu erhalten. Beim Verlassen des Gebäudes geben
sie den Besucherschein an der Wache wieder ab und erhalten ihren Ausweis zurück. Die Besucherscheine werden dann in der Regel in einem Stahlschrank für die Dauer
von zwei Jahren aufbewahrt, um etwaige Unregelmäßigkeiten aufklären zu können. Ich habe bei meinen Besuchen stets angeregt, die Besucherscheine, sofern sie aufbewahrt werden müssen, höchstens für ein Jahr
aufzuheben. Erfreulicherweise ist die BStU jetzt bereit,
die Dauer der Aufbewahrung nochmals grundsätzlich zu
überprüfen. Ein Ergebnis lag bei Redaktionsschluss aber
noch nicht vor.
5.8.4
Stasi-Listen im Internet
Im Januar 2000 wurde ich durch eine Eingabe und Presseanfragen darauf hingewiesen, dass auf der Internetseite
der BStU eine Liste aller Stasi-Mitarbeiter veröffentlicht
worden war. Bereits in meinem 14. TB (S. 36 ff.) hatte ich
mitgeteilt, dass von 1991 bis Anfang 1993 zahlreiche
Presseveröffentlichungen mit hochsensiblen, offenkundig
aus den Archiven der Stasi stammenden Angaben über
mögliche Stasi-Verbindungen von Politikern und Kirchenvertretern erschienen waren, sowie Listen mit Namen und Dienststellen angeblicher hauptamtlicher Mitarbeiter und Offiziere im besonderen Einsatz der Stasi
abgedruckt wurden. Ich hatte ferner darauf hingewiesen,
dass in der Wendephase in erheblichem Umfang Unterlagen abhanden gekommen sind und nunmehr auf einem
grauen Markt feilgeboten wurden.
Die BStU teilte mir zu der erneut veröffentlichten StasiListe mit, dass fremde Nutzer auf ihrer Homepage unter
der Rubrik „Schwarzes Brett“ Links zu fremden Websites
angebracht hätten, von denen die Liste heruntergeladen
werden könnte. Das „Schwarze Brett“ werde von Mitarbeitern der BStU regelmäßig überprüft. Beiträge, die derartige Links oder andere ähnliche personenbezogene Informationen enthalten, würden unverzüglich gelöscht.
Ferner hat die BStU an ihrem „Schwarzen Brett“ einen
Warnhinweis angebracht, der sowohl auf mögliche Manipulationen bei den Listen selbst, als auch auf den Umstand hinweist, dass nicht alle vom Ministerium für
Staatssicherheit besoldeten Personen Mitarbeiter der Stasi
waren. Insofern hat die BStU aus meiner Sicht die erforderlichen datenschutzrechtlichen Maßnahmen ergriffen.
Anhand von Pressemitteilungen und aufgrund weiterer
Eingaben habe ich festgestellt, dass die Stasi-Liste auch
unter anderen Web-Adressen im Internet zu finden war.
Der BGH hat in einem Urteil aus dem Jahre 1994 festge-
Drucksache 14/5555
stellt, dass die Veröffentlichung des Namens einer Person
in einer Liste über „IM-Registrierungen“ eine schwerwiegende Verletzung des Persönlichkeitsrechts des Betroffenen darstellt, die einen Anspruch auf Unterlassung
und auf Unkenntlichmachung des Namens in der Liste begründet. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem Beschluss vom 23. Februar 2000 die gegen dieses Urteil eingelegte Verfassungsbeschwerde nicht angenommen. Das
Verfassungsgericht hat in seiner Begründung aber darauf
hingewiesen, dass es bei der Abwägung zwischen den
Grundrechten der Meinungsfreiheit und dem allgemeinen
Persönlichkeitsrecht durch den BGH verfassungsrechtliche Defizite sieht. Dabei stellt das Gericht – aus meiner
Sicht zurecht – in erster Linie auf das Interesse an der Veröffentlichung der Stasi-Liste und somit auf die Aufarbeitung der Stasi-Vergangenheit ab.
5.9
Staatsangehörigkeitsdatei
Wie bereits früher berichtet (16. TB Nr. 5.7 und 17. TB
Nr. 5.14), wird seit 1982 beim BVA die Staatsangehörigkeitsdatei – STADA – ohne die hierfür erforderliche
Rechtsgrundlage automatisiert geführt. Die Schaffung einer solchen Regelung im Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts vom 15. Juli 1999 (BGBl. I S. 1618)
war nach Mitteilung des BMI aufgrund politischer Vorgaben nicht möglich, denn zunächst sollten vor allem die
Koalitionsvereinbarungen für den staatsangehörigkeitsrechtlichen Bereich umgesetzt werden. Nunmehr soll allerdings eine besondere Rechtsgrundlage für die STADA
bei der anstehenden Neuregelung (Gesamtreform) des
Staatsangehörigkeitsrechts geschaffen werden. Dabei
wird insbesondere zu prüfen sein, ob und inwieweit der
Datenbestand der STADA im Rahmen einer etwaigen
Neustrukturierung reduziert werden kann. In diese Prüfung sind auch aufwachsende Datenbestände einzubeziehen, wie beispielsweise die Übernahme von Daten aus
dem Datenbestand des AZR in die STADA (im Fall der
Einbürgerung).
Des weiteren werden die Auswirkungen der mit dem Gesetz zur Reform des Staatsangehörigkeitsrechts erfolgten
Erweiterungen der Aufgaben des BVA zu prüfen sein.
Nach § 17 des Gesetzes zur Regelung von Fragen der
Staatsangehörigkeit in der ab dem 1. Januar 2000 geltenden Fassung ist das BVA zuständig, wenn der Erklärende
oder der Antragsteller seinen dauernden Aufenthalt im
Ausland hat. Dies betrifft neben der Zuständigkeit für die
Feststellung der deutschen Staatsangehörigkeit beispielsweise die Entgegennahme von Geburtsanzeigen sowie die
Erteilung von Beibehaltungsgenehmigungen und die
Durchführung der Optionsverfahren bei Erklärungspflichtigen, soweit nicht eine Zuständigkeit der Länder
gegeben ist. In diesen Fällen sowie bei Einbürgerungen
von im Ausland lebenden Personen verarbeitet das BVA
personenbezogene Daten im Rahmen eigener Aufgabenerfüllung.
Auch in Bezug auf die bei den Behörden der Länder angefallenen bzw. anfallenden Daten sind Fragen zu klären,
wobei u. a. zu beachten ist, dass das Gesetz zur Reform