Drucksache 14/5555
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stütztes Sprachspeicherverfahren eingeführt. Mit diesem
Verfahren ist es insbesondere den Einzelentscheidern
möglich, ihre Schriftsätze wie bei herkömmlicher Technik
in einen digitalen Sprachspeicher zu diktieren. Je nach
Auslastung kann der Diktierende sein Diktat auf elektronischem Wege der Kanzlei in der eigenen Außenstelle zuleiten oder es der Koordinierungsstelle der Zentrale des
BAFl zur Weiterleitung an eine Außenstelle mit freien
Kapazitäten übergeben.
Bei der Sprachspeicherauswertung in einer Außenstelle
erkennt die Kanzlei aufgrund von Kennzahlen die Priorität jeden Dokuments. Nach Fertigstellung kopiert die
Kanzleikraft das Dokument in einen nur dem jeweiligen
Diktierenden zugeordneten elektronischen Ordner und
speichert das Dokument ab.
Bei Steuerung des Sprachspeichersystems durch die zentrale Koordinierungsstelle wird der diktierte Text elektronisch an deren Verteilerarbeitsplatz in Nürnberg gesandt.
Sie kann aus dem zugeleiteten Diktat u. a. den Absender,
die Priorität und den Umfang des Dokuments erkennen.
Da sie den Überblick über die Auslastung der Kanzleien
aller Außenstellen hat, kann sie die Fertigung der ihr zugeleiteten Schreibaufträge bedarfsgerecht und im Sinne
einer gleichmäßigen Auslastung aller Kanzleikräfte steuern. Das gefertigte Dokument wird den Diktierenden unmittelbar elektronisch übermittelt.
Ich konnte mich im BAFl davon überzeugen, dass das
Sprachspeichersystem, das auch Bestandteil des neuen
Dokumentenmanagement- und Workflowsystems IT-2000
des BAFl werden soll (s. u. Nr. 5.2.2), datenschutzgerecht
eingerichtet ist.
5.2.1.2 Sprach- und Textanalyse (S-T-A) im BAFl
Nach den Erfahrungen des BAFl belegt eine größere Zahl
von Asylantragstellern die eigene Identität bzw. Herkunft
nicht in befriedigender Weise oder versucht, diese bewusst zu verschleiern. Das BAFl setzt daher zur Herkunftsfeststellung dieser Personen das mit Sprachwissenschaftlern entwickelte Sprach- und Textanalysesystem
(S-T-A) ein.
Zum Zeitpunkt meiner Kontrolle im Frühjahr 2000 hatte
das BAFl etwa 470 S-T-Analysen vorgenommen. Schwerpunkte bildeten dabei der westafrikanische Sprachraum
sowie Albanien, Kosovo und Mazedonien und der besonders schwierig zu analysierende kurdisch/armenische
Sprachraum. Das Verfahren wurde anfangs in 13 Außenstellen des BAFl eingesetzt, seit Juli 2000 ist es in allen
Außenstellen eingeführt.
Asylbewerber, bei denen das „S-T-A-Verfahren“ angewandt werden soll, werden bereits vor der Anhörung darauf aufmerksam gemacht, dass ihre Aussagen zur Überprüfung ihrer Herkunft auch zu Sprachanalysen
herangezogen werden können und die auf Tonband aufgenommenen Gespräche an Sprachexperten zur Auswertung übersandt werden. Das Gespräch für eine Sprachanalyse findet nach der Anhörung des Asylbewerbers statt
und wird durch den Einzelentscheider unter Hinzuzie-
Deutscher Bundestag – 14. Wahlperiode
hung eines Dolmetschers durchgeführt. Das Bundesamt
hat zu dem bisher verwendeten Merkblatt „Hinweise für
die Aufnahme von Gesprächen mit Asylbewerbern zum
Zwecke einer Sprachanalyse“ als verbindliche Regelung
zum Ablauf des Verfahrens eine Anweisung „S-T-A-Verfahren“ herausgegeben, die den kompletten Verfahrensablauf regelt. Als positiv habe ich bewertet, dass der Asylbewerber aufgefordert wird, während der Aufnahme
weder Aussagen über seine Asylgründe zu machen noch
den eigenen Namen oder den dritter Personen zu nennen.
Die Tonbandaufnahme wird nur unter Angabe des Aktenzeichens dem mit der Analyse beauftragten Institut zugeleitet, das sie nach der Auswertung mit dem Gutachten an
das BAFl zurücksendet. Eine Löschung der Unterlagen
aus dem Sprachanalyseverfahren ist nach der Bestandsoder Rechtskraft des Asylverfahrens in Aussicht genommen. Mit Blick auf diese Zeitvorgabe sind bisher noch
keine Löschungen erfolgt.
Insgesamt bewerte ich die im Sprachanalyseverfahren
praktizierten Verfahrensschritte aus datenschutzrechtlicher Sicht als sachgerecht. Ob diese ausreichen, werden
die praktischen Erfahrungen der nächsten Monate zeigen.
Das BAFl habe ich gebeten, mich weiter unterrichtet zu
halten.
5.2.1.3 Zugriff des BAFl auf das Schengener
Informationssystem
Seit geraumer Zeit versucht das BAFl einen Zugriff auf
die Daten des Schengener Informationssystems (SIS)
gemäß Art. 96 des Schengener Durchführungsübereinkommens (SDÜ) zu erhalten. Dieser war dem Bundesamt
bislang verwehrt, da es in der Liste der zugriffsberechtigten Stellen nach Art. 101 Abs. 2 SDÜ nicht aufgeführt ist.
Von einem solchen Zugriff verspricht sich das BAFl
größere Chancen, ein erfolgreiches Übernahmeersuchen
bei einem anderen Vertragsstaat zu stellen. Nach seiner
Ansicht sind SIS-Ausschreibungen zur Einreiseverweigerung als Indiz dafür anzusehen, dass sich ein asylsuchender Ausländer zu einem früheren Zeitpunkt in dem ausschreibenden Staat aufgehalten hat. Das BMI unterstützt
diese Bemühungen und hat mich gebeten, dem Zugriff des
BAFl auf die beim BVA gemäß Art. 96 SDÜ geführte Kopie des SIS-Datenbestandes zuzustimmen. Als Begründung führt es an, das BAFl sei eine für die Erteilung von
Aufenthaltstiteln gemäß § 43 a AsylVfG zuständige
Behörde im Sinne von Art. 101 Abs. 2 SDÜ. Der angestrebte Zugriff lediglich auf die beim BVA gespeicherte
Kopie des SIS-Datenbestandes, die nicht den Gesamtbestand des SIS enthält, stellt nach Ansicht des BMI sicher,
dass das BAFl nur auf die für seine Aufgabenerfüllung erforderlichen Daten zugreifen würde.
Im Dialog mit dem BMI, an dem auch das BMJ beteiligt
war, habe ich erreicht, dass dem BAFl der Direktzugriff
im Dialogverfahren auf den beim BVA geführten Datenbestand versuchsweise erst dann eingeräumt wird, wenn
auf europäischer Ebene keine Bedenken gegen die Aufnahme des Bundesamtes in die Liste der zur unmittelbaren Abfrage der SIS-Daten berechtigten Behörden erhoben werden. Das BMI hat mir inzwischen mitgeteilt, dass