Speicherverhalten. Auch hier werden von den Ausländerbehörden übermittelte Informationen
in vergleichsweise wenigen Fällen durch die Landesverfassungsschutzbehörden gespeichert.
4.6.3. Rechtswissenschaftliche Bewertung
Mit der Übermittlung nach § 18 Abs. 1a BVerfSchG sind Eingriffe in das allgemeine Persönlichkeitsrecht verbunden.157 Die Spontanübermittlung stellt sich auf Grundlage der dargestellten
Nutzenbewertung als geeignetes Instrument zur Erfüllung nachrichtendienstlicher Aufgaben
dar. Gleich geeignete Alternativen sind für die Gewinnung der in Rede stehenden
Informationen nicht ersichtlich, insbesondere können die Nachrichtendienste diese nicht selbst
erheben, da sie keine Anhörungen durchführen.
Fraglich ist jedoch, ob das Instrument in der sich darstellenden Praxis angemessen ist. Der
Eingriff stellt sich im Einzelfall als nicht unerheblich dar, da Informationen zur politischen,
religiösen Anschauung, Verhaltensweisen, familiären Beziehungen etc. erhoben werden. Der
Eingriff kann allerdings durch die hohen Schutzgüter nachrichtendienstlicher Tätigkeit
aufgewogen werden, wie es auch prima facie im Tatbestand angelegt ist. Danach muss der
Anhörer tatsächliche Anhaltspunkte für sicherheitsrelevante Informationen feststellen. Dies
stellt einen Filter dar, der jedenfalls auch grundrechtsschützend wirken soll, sodass die
Nachrichtendienste nicht flächendeckend Informationen aus Asylverfahren erhalten.
Das BAMF ist durch die hohen Asylbewerberzahlen im Erhebungszeitraum nach Aussage der
beteiligten Stellen beim BfV nicht in der Lage gewesen, die Ausleitung der Informationen
hinreichend zu prüfen. Übergangsweise mag dies mit einer Behördenüberforderung zu
erklären sein. Insoweit bleibt abzuwarten, wie sich die vorgenommenen Anpassungen, etwa
der (überarbeitete) Kriterienkatalog, auswirken werden. Allerdings bleibt die konstruktive
Herausforderung, dass Mitarbeiter des BAMF über die Relevanz der Informationen für die
Nachrichtendienste entscheiden müssen. Um einer effektiven Filterfunktion verfahrensmäßig
Rechnung zu tragen, müsste eine entsprechend geschulte zentrale Stelle (wie sie prinzipiell
beim BAMF existiert) diese Aufgabe übernehmen. Derzeit versucht das BfV die fehlende Ausgangsprüfung beim BAMF durch eine eigene, aufwendige Vorprüfung zu kompensieren. Das
BfV betont, dass trotz der hohen Übermittlungs- und Speicherquoten158 die gesetzlichen
Voraussetzungen in jedem Fall umfassend geprüft werden und diese aus der geänderten
Sicherheitslage resultieren würden. Die nachrichtendienstliche Eingangskontrolle ist insoweit
weiterhin notwendig, aber als Gegenstück einer vorgelagerten Kontrolle bei den datenerhebenden Behörden.
Schließlich bedarf es auch einer Reflexion der Praxis, dass die Anhörerinnen und Anhörer
gezielt sicherheitsrelevante Nachfragen stellen, da das Gesetz insoweit eher eine passivische
Tendenz zeigt („bekannt gewordene Informationen“).
Eine verfassungsrechtliche Bewertung der Übermittlung personenbezogener Daten an ausländische öffentliche Stellen sowie an über- und zwischenstaatliche Stellen ist nur eingeschränkt möglich, da hierzu keine umfassenden Daten vorliegen. Allein Abteilung 6 des BfV
hat solche Daten übermittelt in einem Umfang von „deutlich unter einem Prozent“. Dies
indiziert, dass jedenfalls keine quasi-automatisierte Weiterleitung stattfindet, sondern – wie
§ 19 Abs. 3 BVerfSchG vorsieht – eine einzelfallbezogene Entscheidung getroffen wird.

157

Ein Eingriff in das Grundrecht auf Asyl ist nicht gegeben. Denn die Rechtsposition im Asylverfahren
wird durch die Sammlung, Verarbeitung und Weiterleitung von sicherheitsrelevanten Informationen
weder unmittelbar noch mittelbar-faktisch beeinträchtigt. Insbesondere die Bewertung der asylrelevanten Tatsachen erfolgt ausschließlich durch das BAMF.
158 Abteilungsübergreifend wurden 78,0 % der übermittelten Informationen gespeichert, s. o.

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