Reiseprofilen darstellen, das im Erhebungszeitraum in erster Linie vom BfV und vom BND
genutzt wurde. Aufgrund der sicherheitspolitischen Lage wurde von dieser Möglichkeit – im
Vergleich zur vorherigen Evaluation – dieses Mal deutlich häufiger Gebrauch gemacht. In
knapp zwei Drittel der Fälle erfolgte trotz wiederholter Ausschreibung keine Treffermeldung,
wobei die Trefferquote des BfV/BAMAD deutlich höher als die des BND war. Jedoch kann
auch diese Tatsache eine für die Nachrichtendienste wichtige und wertvolle Information sein.
Zudem handele es sich bei den Kontrollen strukturell nicht um ein gezieltes Feststellen einer
Person, sondern letztlich um ein zufälliges Antreffen im Rahmen von Routinekontrollen.
Folglich sei es hier schwer, eine hohe Effektivität des Instruments dadurch zu belegen, dass
höhere Trefferquoten erzielt werden.
4.5.3. Rechtswissenschaftliche Bewertung
Hinsichtlich der verfassungsrechtlichen Bewertung der empirisch erhobenen Praxis der
Ausschreibung nach § 17 Abs. 3 BVerfSchG, Art. 36, 37 des Beschlusses 2007/533/JI des
Rates vom 12. 6. 2007 ist hinsichtlich der Geeignetheit darauf hinzuweisen, dass Ausschreibungen des BfV/BAMAD zu etwa 50 Prozent und Ausschreibungen des BND zu etwa 26 Prozent zu Treffern führten. Zudem wird für einen signifikanten Anteil der Ausschreibungen zumindest ein teilweiser Nutzen angegeben (12 Prozent sehr hoch oder hoch, 49 Prozent teils/teils).
Zweifel an der Geeignetheit bestehen demnach nicht. Ein milderes Mittel, diese Ziele gleich
wirksam zu erreichen, ist insbesondere für die Gewinnung von Informationen aus dem europäischen Ausland nicht erkennbar.
Für die Bewertung der Einhaltung der durch das Gebot der Verhältnismäßigkeit im engeren
Sinne gezogenen Grenzen ist zunächst zu beachten, dass § 17 Abs. 3 S. 1 BVerfSchG, Art. 36
Abs. 3 Beschluss 2007/533/JI ein hohes Gefährdungspotential für hochrangige Rechtsgüter
auf der Grundlage konkreter Informationen voraussetzt. Andererseits ist der mit der Maßnahme verbundene Eingriff zu gewichten. Durch die Abfrage sollen Reisewege und damit grobe
Bewegungsprofile nachgezeichnet werden. Damit liegt ein Eingriff in die informationelle Selbstbestimmung von eher geringer Tiefe vor. Zudem enthält § 17 Abs. 3 BVerfSchG eine Austarierung der Eröffnung von Grundrechtseingriffen mit materiellen und verfahrensmäßigen
Sicherungen zum Grundrechtsschutz. Zu diesen Sicherungen durch Verfahren zählt auch die
grundsätzliche Befristung der Ausschreibung auf höchstens sechs Monate durch § 17 Abs. 3
S. 4 BVerfSchG. Wenngleich die Vorschrift vorsieht, dass die Ausschreibung auch wiederholt
angeordnet werden kann, ist damit zum Ausdruck gebracht, dass die Ausschreibung grundsätzlich kein Instrument einer Informationsbeschaffung in Permanenz ist. Gleichwohl sind die
Ausschreibungen in etwa 80 Prozent der Fälle wiederholt beantragt worden. Dies hat dazu
geführt, dass Ausschreibungen teilweise über mehrere Jahre liefen. Diese Tatsache indiziert
für sich noch keine unangemessene, flächenhafte Anwendung, da die Verlängerung immer
eine Einzelfallentscheidung ist und die veränderten Sicherheitslagen und Reisebewegungen
gerade im Bereich des islamistischen Terrorismus durchaus längerfristige Ausschreibungen
nahelegen. Dies macht zudem den Anstieg in der Nutzung des Instruments plausibel.
Jedoch stellt die nicht unerhebliche Zahl an Nicht-Treffern und der teils geringe Nutzen (14
Prozent geringer bzw. sehr geringer Nutzen gegenüber 12 Prozent sehr hoher bzw. hoher
Nutzen) insofern eine rechtliche Herausforderung dar, als dass eine Ausschreibung auch
dann, wenn sie zu keinem Treffer führt, durch die (indirekte) „Markierungswirkung“ ein
besonderes Interesse ausländischer Nachrichtendienste an der Zielperson auslösen und sie
damit als mögliche Quelle unbrauchbar machen und sie auch faktisch belasten kann. Dies
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