Bewertung und Optimierungsbedarf aus Sicht der Nachrichtendienste
Die Ergebnisse der Analyse verdeutlichen, dass mit einer SIS II-Ausschreibung – im Falle
eines Treffers – für die nachrichtendienstliche Arbeit durchaus wichtige Informationen gewonnen werden können. Im Einzelfall kann aber auch der Nicht-Treffer einen hohen Informationsgehalt aufweisen.
Beim BND fiel die Bewertung hingegen sowohl bei erzielten Treffern als auch keinen Treffern
insgesamt eher verhalten aus, da in mehr als der Hälfte der Fälle (286) der Nutzen der im
Rahmen der Ausschreibung gewonnenen Informationen für die nachrichtendienstliche Arbeit
nur teilweise von Nutzen waren. Begründet wurde die Einschätzung damit, dass durch die
Ausschreibung Informationen zu Reisebewegungen der betreffenden Personen gewonnen
werden konnten, die zur Erfüllung des Auftrags der Abteilung TE des BND auf dem Gebiet der
Aufklärung des internationalen Terrorismus beigetragen haben. In 204 Fällen, in denen keine
Angaben zur Nutzenbewertung gemacht wurden, begründete der BND dies damit, dass im
Erhebungszeitraum kein Treffer angefallen war. In zwölf Fällen wurde – obwohl es keine Treffermeldung gegeben hat – der Nutzen der gewonnenen Informationen als hoch eingeschätzt.
Als Grund wurde hierfür angeführt, dass der BND sich von der Ausschreibung künftig wichtige
Erkenntnisse zum Reiseverhalten der ausgeschriebenen Person erhoffe.
Das BfV und der BND plädierten dafür, das Instrument der SIS II-Ausschreibung beizubehalten, da es eine sehr gute Möglichkeit darstelle, Reisebewegungen feststellen und Routen
von Kurieren, Nachrichtenmittlern und Rekrutieren nachzeichnen sowie um Organisationsstrukturen aufdecken zu können.
Auch aus Sicht des BAMAD sei die SIS II-Ausschreibung eine wichtige Maßnahme zur
Informationsgewinnung.
Nach Ansicht des BfV sei es jedoch sinnvoll, den Ausschreibungszeitraum von sechs auf zwölf
Monate zu verlängern, da dies eher den üblichen Bewegungsmustern entspräche. Erkennbar
sei dies auch daran, dass es in der Praxis kaum Ausschreibungen gebe, die nicht verlängert
würden. Auch sei dies vom EU-Ratsbeschluss gedeckt und werde von anderen EU-Mitgliedstaaten bereits praktiziert. Eine Verlängerung der Ausschreibungsfrist würde zudem zu einer
Reduzierung des Aufwandes für das BfV führen. Aus Sicht des BAMAD sei es zudem wünschenswert, die Hürden für die Beantragung einer solchen Maßnahme, die bereits von den
Anforderungen her in den strafrechtlichen Bereich hineinreichen würden, abzusenken, da sie
die einzige Möglichkeit darstelle, Reiseaktivitäten festzustellen. Anders als beim BfV werde
der Ausschreibungszeitraum von sechs Monaten jedoch als ausreichend angesehen, da es
bisher keinen Fall gegeben habe, in dem eine Ausschreibung verlängert werden musste.
Der BND merkte an, dass durch die Einstellung in die Nationale Sirene die Zielperson ‚markiert‘
und damit der Blick ausländischer Nachrichtendienste auf ein deutsches nachrichtendienstliches Interesse an der Person – ggf. indirekt auf deren Quelleneigenschaft – gelenkt
werden könne. Deshalb bestehe ein praktisches Bedürfnis, den nachrichtendienstlichen
Hintergrund der Ausschreibung verschleiern zu können. Zudem würde dies einen Betroffenen
vor weiteren Maßnahmen anderer Nachrichtendienste schützen, die im Einzelfall durch
ausländische Nachrichtendienste wegen des – für mit der Materie vertraute Personen –
erkennbaren deutschen nachrichtendienstlichen Interesses ergriffen würden. Des Weiteren
sei es wünschenswert, dass die Rückmeldung durch die Polizei vor Ort schneller erfolge. Ein
Problem stelle darüber hinaus die Aushebelung von SIS II-Ausschreibungen durch die
Nutzung falscher Ausweispapiere dar, weshalb aus Sicht des BND eine Biometrisierung des
Reisepasses hilfreich wäre.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass die SIS II-Ausschreibungen gemäß § 17 Abs. 3
BVerfSchG aus Sicht der Nachrichtendienste ein wichtiges Instrument für die Erstellung von
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