leitung darüber entscheide, ob personenbezogene Daten nach Erreichung der Höchstspeicherfrist nicht gelöscht werden. Dies habe den Vorteil, dass die Abteilungsleitung einerseits
näher am jeweiligen Fall „dran“ sei und andererseits solche Fälle nun schneller entschieden
werden können.
4.4.3. Rechtswissenschaftliche Bewertung
Ausgehend von der in der Evaluierung zu unterstellenden Verfassungsmäßigkeit der § 12
Abs. 3 BVerfSchG, § 6 Abs. 2 MADG, § 20 Abs. 1 BNDG wirft die empirisch erhobene
Anwendungspraxis keinen verfassungsrechtlichen Erörterungsbedarf mit Blick auf das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung auf. Das Abstellen auf das sog. „Erkenntnisdatum“
zur Ermittlung des Beginns der Löschungsfrist führt zu einer die Grundrechte der Betroffenen
weitestmöglich schonenden Auslegung des § 12 Abs. 3 S. 2 BVerfSchG. Auch das Informationsmanagement der automatisierten Vorlage zur Prüfung ist Ausdruck eines sensiblen
Umgangs mit den personenbezogenen Daten. Dass von der ausnahmsweise bestehenden
Möglichkeit der Nichtlöschung nach spätestens zehn Jahren Gebrauch gemacht wird, wenn
die Daten noch zum Schutz der jeweiligen Rechtsgüter relevant sind, entspricht der gebotenen
Abwägung zwischen dem Interesse am Schutz dieser Güter und den Grundrechten der
Betroffenen, zumal es sich hierbei offenbar um absolute Ausnahmefälle handelt.
4.5.
§ 17 Abs. 3 BVerfSchG
4.5.1. Genese der Regelung
Europarechtlicher Hintergrund der Vorschrift ist das „Übereinkommen zwischen den
Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und
der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den
gemeinsamen Grenzen (Schengener Übereinkommen) vom 14. Juni 1985“ und das „Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen
den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland
und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den
gemeinsamen Grenzen vom 19. Juni 1990 (Schengener Durchführungsübereinkommen)“.
Aufgrund des Beschlusses 2007/533/JI des Rates vom 12. Juni 2007 sollte das bisherige
System durch eine zweite Generation ersetzt werden.140 Mit nationalem Gesetz vom 6. Juni
2009 erfolgte die Aufhebung des Schengener Durchführungsübereinkommens (im Folgenden:
SDÜ) und die Einführung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SISII-Gesetz).141 Art. 1 des SIS-II-Gesetzes erklärt die Bestimmung des Beschlusses 2007/533/JI
des Rates vom 12. Juni 2007 über die Einrichtung, den Betrieb und die Nutzung des
Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II) für anwendbar.
§ 17 Abs. 3 BVerfSchG wurde durch das TBEG im Jahre 2007 neu eingeführt.142 Die Vorschrift
verwies auf die damals geltende Bestimmung des Art. 99 Abs. 1, 3 und 4 SDÜ. Mit dem SISII-Gesetz vom 6. Juni 2009 erfolgte eine europarechtliche Anpassung. Verwiesen wird seitdem
140
Vgl. Beschluss 2007/533/JI des Rates vom 12. Juni 2007 über die Einrichtung, den Betrieb und die
Nutzung des Schengener Informationssystems der zweiten Generation (SIS II), (ABl. L 205/2007,
S. 63). Die Entwicklung des SIS II begann mit der Verordnung 2424/2001/EG (ABl. L 328/2001, S. 4 ff.)
und dem Ratsbeschluss 2001/886/JI (ABl. L 328/2001, S. 1 ff.).
141 Vgl. Art. 3 des Gesetzes zum Schengener Informationssystem der zweiten Generation (SIS IIGesetz), BGBl I Nr. 30 vom 17. Juni 2009, in Kraft getreten am 09.04.2013.
142 Art. 1 TBEG vom 05. Januar 2007, BGBl I Nr. 1 vom 10. Januar 2007, S. 3, in Kraft getreten am
11. Januar 2007.
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