Die Maßnahme dient dem Schutz hochrangiger verfassungsrechtlicher Güter, wie sie in § 3
Abs. 1 BVerfSchG normiert sind, und damit der Effektuierung der nachrichtendienstlichen
Tätigkeit in der modernen Mediengesellschaft.130
Die aus der empirischen Erhebung ermittelte Anwendungspraxis enthält keine Anhaltspunkte,
dass der Einsatz des IMSI-Catchers ungeeignet zur Erreichung des Schutzes dieser Güter
war. Vielmehr sind in der überwiegenden Zahl der Fälle Daten erhoben worden, die für die
Arbeit des BfV von hoher oder sehr hoher Relevanz waren.
Die Erforderlichkeit der Maßnahmen ergibt sich im Regelfall bereits aus dem Vorliegen der
Tatbestandsvoraussetzungen des § 9 Abs. 4 S. 2 BVerfSchG, wonach ohne den Einsatz des
IMSI-Catchers die Ermittlung des Standortes oder die Ermittlung der Geräte- oder Kartennummer aussichtslos oder wesentlich erschwert sein muss. Im Einzelfall gleichwohl zu Gebote
stehende mildere Mittel, wie die Einholung von Auskünften bei Telekommunikationsdienstleistern nach §§ 112, 113 TKG131, sind genutzt worden und haben im Erfolgsfalle dazu geführt,
dass der Einsatz des IMSI-Catchers unterblieben ist. Umgekehrt stellt sich die Anfrage bei
Telekommunikationsdienstleistern angesichts der besonderen Organisationsform und Anpassung der Strukturen der Beobachtungsobjekte regelmäßig als nicht gleich geeignet dar.
Hinweise darauf, dass die sich aus der gebotenen Verhältnismäßigkeit im engeren Sinne
ergebenden Anforderungen durch Maßnahmen nach § 9 Abs. 4 BVerfSchG verfehlt worden
sind, sind nicht erkennbar. Die Maßnahmen dienen dem Schutz hochrangiger Rechtsgüter und
sind von den Nachrichtendiensten angesichts von 18 Anordnungen über den Erhebungszeitraum von 12 Monaten äußerst zurückhaltend eingesetzt worden. Anordnungen nach § 9 Abs.
4 BVerfSchG sind offenbar auf das zur Zweckerreichung unabdingbare Maß beschränkt
worden. In aller Regel beschränkte sich die Maßnahme auf eine Person, nur in zwei Fällen
wurden auch die Standortdaten erfasst und nur in einem Fall wurde eine Verlängerung der
Maßnahme beantragt.
Dass die bei Maßnahmen nach § 9 Abs. 4 BVerfSchG zwangsläufig erfassten Nummern
Unbeteiligter im Gerät verbleiben und nach Ausfilterung der Nummer der Zielperson gelöscht
werden, entspricht den vom BVerfG formulierten Anforderungen132.
Eine rechtliche Bewertung des Umgangs mit der Pflicht zur Benachrichtigung Betroffener nach
§ 9 Abs. 4 S. 6, § 8b Abs. 7 S. 1 BVerfSchG, § 12 Abs. 1 G 10 lässt keine Verfassungsrecht
verletzende Handhabung erkennen. Die Mitteilung wird für jeden Einzelfall geprüft, wobei eine
eher recht häufige Zurückstellung dem Wesen des IMSI-Catchers als Vorfeldmaßnahme geschuldet ist, wodurch der Ermittlungserfolg – gerade auch der Anschlussmaßnahmen –
typischerweise länger gefährdet werden kann.

130

Vgl. Wolff, Verfassungsrechtliche Bewertung des Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetzes
(TBEG) und seiner Anwendung, Rechtsgutachten, 2011, S. 99.
131 Vgl. Harnisch/Pohlmann, Der Einsatz des IMSI-Catchers zur Terrorismusbekämpfung durch das
Bundeskriminalamt, NVwZ 2009, S. 1328 (1332) m.w.N.
132 Siehe BVerfG, NJW 2007, S. 351 (356).

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