Bewertung und Optimierungsbedarf aus Sicht der Nachrichtendienste
Alle drei Nachrichtendienste waren der Auffassung, dass es sich beim IMSI-Catcher um ein
sinnvolles und nützliches Instrument der Informationserhebung handle, mit dem gezielt Nummern erfasst werden könnten, um damit (zusätzliche) G 10-Maßnahmen vorzubereiten. Dies
gelte insbesondere für Personen, die damit rechnen, überwacht zu werden und deshalb z. B.
regelmäßig die SIM-Karte wechseln (sog. Kartenspieler). Ein weiterer Vorteil aus Sicht des
BAMAD sei, dass dies die einzige Möglichkeit darstelle, ausländische Rufnummern zu erfassen.
Von allen drei Nachrichtendiensten wurde moniert, dass das Beantragungsverfahren vor allem
unter Berücksichtigung der geringen Eingriffstiefe des IMSI-Catchers, des teilweise hohen
Zeitdrucks und der begrenzten Ressourcen sehr aufwendig sei. In diesem Zusammenhang
wurde auch durch das BfV auf die sehr hohe Eingriffsschwelle hingewiesen, obwohl es sich
hierbei nicht um einen Eingriff in Art. 10 GG handeln würde. Insgesamt solle das Verfahren
praktikabler gestaltet werden. Das BfV plädierte hier für ein hausinternes Genehmigungsverfahren ohne Beteiligung des BMI und der G 10-Kommission. Somit entfiele sowohl das
Anordnungsverfahren als auch die Mitteilungspflicht.
Der BND regte beispielsweise an, das Verfahren auf die Ebene der Datenverwendung anstatt
auf Ebene der Datenerhebung anzusiedeln. Es sollte nur dann zur Anwendung gebracht
werden, wenn die Maßnahme erfolgreich gewesen sei, d. h. eine Nummer ermittelt wurde.
Diese dürfte in der Folge nur verwendet werden, wenn dies förmlich (derzeit etwa durch die G
10-Kommission) genehmigt würde.
Zudem wies das BAMAD darauf hin, dass die Möglichkeit häufiger genutzt würde, wenn es
über einen eigenen IMSI-Catcher verfügen würde. Derzeit sei man immer auf die Amtshilfe
von anderen Sicherheitsbehörden angewiesen. Aufgrund der limitierten Anzahl von Geräten
sei es in der Vergangenheit schon vorgekommen, dass das BAMAD Maßnahmen nicht hätte
durchführen können. Zudem regte das BAMAD an, die Befugnis zur Anordnung des IMSICatchers auf das BMVg zu übertragen, da dadurch eine sinnvolle Bündelung der Anordnungsbefugnisse beim BMVg erreicht werden könnte.
4.3.3. Rechtswissenschaftliche Bewertung
Für die verfassungsrechtliche Bewertung der empirisch erhobenen Anwendungspraxis ist zunächst darauf hinzuweisen, dass das BVerfG den Einsatz eines IMSI-Catchers auf der Grundlage von § 100i StPO nicht beanstandet hat.128 Die Grundsätze der Entscheidung lassen sich
auch auf die vorliegend relevanten Bestimmungen übertragen.
Nach Auffassung des BVerfG stellt der Einsatz eines IMSI-Catchers keinen Eingriff in das
Fernmeldegeheimnis nach Art. 10 Abs. 1 GG dar, da ausschließlich technische Geräte miteinander kommunizieren.129 Der Betroffene und unbeteiligte Dritte werden in ihrem Recht auf
informationelle Selbstbestimmung aus Art. 2 Abs. 1 i. V. m. Art. 1 Abs. 1 GG beeinträchtigt.
Soweit in der Zeit des Einsatzes ein Rufaufbau verhindert wird, liegt ein Eingriff in die allgemeine Handlungsfreiheit gemäß Art. 2 Abs. 1 GG vor.

Vgl. BVerfG, Beschl. v. 22. 8. 2006 – 2 BvR 1345/03 –, NJW 2007, S. 351 ff.
BVerfG, Beschl. v. 22. 8. 2006 – 2 BvR 1345/03 –, NJW 2007, S. 351 (353); Ebenso Mallmann, in:
Schenke/Graulich/Ruthig, Sicherheitsrecht, 2014, § 9 BVerfSchG Rn. 38; Bundesregierung, BT-Drs.
17/6925, S. 17.
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