4.3.
§ 9 Abs. 4 BVerfSchG, § 5 BNDG, § 5 MADG
4.3.1. Genese der Regelungen
§ 9 Abs. 4 BVerfSchG erlaubt es dem BfV, den Standort eines aktiv eingeschalteten Mobilfunkendgeräts bzw. dessen Karten- oder Gerätenummer durch Simulation einer Mobilfunkzelle
(kein Eingriff in Art. 10 GG) zu ermitteln. Eingeführt wurde die Vorschrift durch das TBG im
Jahre 2002.114 Die Maßnahme setzte voraus, dass gemäß § 3 Abs. 1 G 10 tatsächliche Anhaltspunkte für den Verdacht einer bestimmten Straftat vorlagen. Nach der Gesetzesbegründung sollte die Regelung v.a. dazu dienen, TKÜ-Maßnahmen nach dem G 10 vorzubereiten.115
Das TBEG 2007 löste die Bestimmung vom strafrechtlichen Kontext und verwies auf die
Voraussetzungen des § 8a Abs. 2 BVerfSchG.116 Die Maßnahme diene auch zur Vorbereitung
von Auskünften über Verbindungsdaten. Zudem sei der Verweis auf die Voraussetzungen
nach dem G 10 nicht angemessen.117 Bis zum Jahre 2007 war die Maßnahme nur zur Erfüllung
der Aufgaben gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2-4 BVerfSchG möglich. Seit dem TBEG kann der IMSICatcher auch zum Schutz der freiheitlichen demokratischen Grundordnung eingesetzt werden,
sofern die besonderen Voraussetzungen des § 8a Abs. 2 S. 2 BVerfSchG erfüllt sind. Die
Erstreckung auf Bestrebungen gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung erfolgte,
„da auch in diesen Aufklärungsbereichen Verbindungen zwischen Zielpersonen und deren
Aufenthalt von gleichem Aufklärungsinteresse sind.“118 Durch das Änderungsgesetz 2011
wurde der Verweis auf die Einschränkung des Art. 10 Abs. 1 GG gestrichen.119 Formell erfolgte
eine Umstellung des S. 7 auf den neu gefassten § 8b Abs. 1-3 BVerfSchG (zuvor: § 8a Abs.
4-6 BVerfSchG). Das Verfahren gemäß § 8b Abs. 1 BVerfSchG wurde beibehalten trotz
vereinzelter Kritik, dass dieses Antragsverfahren zu Verzögerungen führe.120
§ 5 MADG bestand bereits vor dem Jahre 2002. Seit dem TBG verweist § 5 Hs. 2 MADG auf
§ 9 Abs. 2-4 BVerfSchG statt wie zuvor nur auf § 9 Abs. 2-3 BVerfSchG.121 Die Änderung
erlaubt den Einsatz des IMSI-Catchers für das BAMAD. Der Gesetzgeber begründet die Einführung mit der gleichgelagerten Aufgabenstellung von BfV und BAMAD.122
§ 3 S. 2 BNDG sah eine entsprechende Anwendung der Maßnahmen nach § 9 BVerfSchG
vor. Die Regelung wurde im Zuge der Reform des BNDG Ende 2016 in § 5 verschoben.123
4.3.2. Empirische Ergebnisse
Das Verfahren zur Beantragung einer Anordnung zum Einsatz des IMSI-Catchers läuft entsprechend der Beantragung von G 10-Maßnahmen ab. Das BMI entscheidet – auch bei Anordnungen für Maßnahmen des BND und BAMAD – darüber, ob ein Antrag gestellt und an die
G 10-Kommission weitergeleitet wird. Die Zusammenarbeit mit BMI, BMVg bzw. BKAmt
funktioniere aus Sicht der drei Nachrichtendienste bislang gut, da es sich aufgrund der Erfahrungen aus dem G 10-Bereich um ein eingespieltes Verfahren handele. Eine Besonderheit
114
Art. 1 TBG vom 09.01.2002, BGBl I Nr. 3 vom 11.01.2002, S. 362, in Kraft getreten am 01.01.2002.
Vgl. Bundesregierung, BT-Drs. 14/7386 (neu), S. 40.
116 Art. 1 TBEG vom 05.01.2007, BGBl I Nr. 1 vom 10.01.2007, S. 3, in Kraft getreten am 11.01.2007.
117 Vgl. Bundesregierung, BT-Drs. 16/2921, S. 15 f.
118 Vgl. Bundesregierung, BT-Drs. 16/2921, S. 16.
119 Art. 1 Änderungsgesetz vom 07.12.2011, BGBl I Nr. 64 vom 13.12.2011, S. 2578, in Kraft getreten
am 10.01.2012.
120 Zur Kritik BMI, Bericht der Bundesregierung zum Ergebnis der Evaluierung nach Artikel 11 des
Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetzes vom 5. Januar 2007 (nur Entwurf), 2011, S. 81.
121 Art. 2 TBG vom 09.01.2002, BGBl I Nr. 3 vom 11.01.2002, S. 363, in Kraft getreten am 01.01.2002.
122 Vgl. Bundesregierung, BT-Drs. 14/7386 (neu), S. 42.
123 Art. 1 Gesetz zur Ausland-Ausland-Fernmeldeaufklärung des Bundesnachrichtendienstes vom
23.12.2016, BGBl I Nr. 67 vom 30.12.2016, S. 3346.
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