Erforderlichkeit der von den Nachrichtendiensten auf der Grundlage dieser Vorschriften ergriffenen Maßnahmen zur Abwehr von Gefahren für die in § 3 Abs. 1 BVerfSchG genannten
Schutzgüter in Frage stellen, ergeben sich aus der empirischen Erhebung nicht.
Ob die kumulative Abfrage bei Betreibern von Computerreservierungssystemen und Flugunternehmen einen vertieften Grundrechtseingriff darstellt111, kann hier dahinstehen, da es im
Berichtszeitraum nur einen solchen Fall gab und sich dieses Mittel also als absolute Ausnahme
darstellt. Ohne den Einzelfall beurteilen zu können, stellt sich jedenfalls die Anwendungspraxis
insgesamt nicht als verfassungsrechtlich bedenklich dar.
In Anbetracht dessen, dass § 8a Abs. 2 und Abs. 2a BVerfSchG zu einer Reihe von
Auskunftsverlangen ermächtigen, die allgemeine Nutzung von Telediensten zugenommen und
die allgemeine Sicherheitslage sich verschärft hat, ist die Zahl der durch alle Nachrichtendienste des Bundes insgesamt nach diesen Vorschriften erhobenen Auskunftsverlangen mit
321 Anordnungen (inkl. den Bestandsdatenauskünften Teledienste, s. o.) in einem Jahr nicht
sehr hoch, was auf einen zurückhaltenden Rückgriff auf diese Maßnahmen schließen lässt.
Die Zahl der Nebenbetroffenen nach § 8a Abs. 3 Nr. 2 BVerfSchG liegt mit 29 deutlich unter
der der Hauptbetroffenen (81) im Sinne von § 8a Abs. 3 Nr. 1 BVerfSchG.112 Dies deutet ebenfalls darauf hin, dass die Nachrichtendienste besondere Auskunftsverlangen zurückhaltend
handhaben und im Verhältnis zum Ziel der Maßnahme unverhältnismäßige, gleichsam
flächenhafte Auskunftsverlangen nicht erfolgen.113
4.2.3.2. § 8b BVerfSchG
Da es im Erhebungszeitraum wegen der Notwendigkeit, die seitens der Nachrichtendienste
durch Anordnungen nach § 8 Abs. 2 und 2a BVerfSchG erhobenen Informationen zur
Auswertung bzw. zur Dokumentation für eventuelle gerichtliche Verfahren noch vorzuhalten,
zu keiner Löschung von Daten gekommen ist, ist eine verfassungsrechtliche Bewertung der
Praxis der Anwendung von § 8b Abs. 2 S. 7 BVerfSchG nicht möglich.
Die Mitteilung an Betroffene nach § 8b Abs. 7 BVerfSchG ist seitens der Nachrichtendienste
in beträchtlichem Umfang erfolgt. Das Unterbleiben einer Mitteilung bedarf in jedem Einzelfall
einer besonderen Begründung des Bestehens einer Gefährdung des Zwecks der Maßnahme
oder des Eintritts übergreifender Nachteile für das Wohl des Bundes oder eines Landes.
Verfassungswidrige Verkürzungen der Rechte der Betroffenen können daher nicht festgestellt
werden.
Entsprechendes gilt für die Beurteilung der an die G 10-Kommission gerichteten Anträge auf
Zurückstellung der Mitteilung. Das Kontrollsystem hat sich insoweit bewährt. Dass die Kommission derartige Anträge in der Vergangenheit jedoch auch abgelehnt hat, belegt das Funktionieren dieser Sicherung durch Verfahren.

111

Vgl. Wolff/Mundil, ZG 2012, 278 (288 f.); Wolff, Stellungnahme, Innenausschuss, Drs. 17(4)359 B,
S. 4; Schaar, Stellungnahme, Innenausschuss, Drs. 17(4)359 C, S. 10; Kugelmann, Stellungnahme,
Innenausschuss, Drs. 17(4)359 F, S. 2. A.A. Eisvogel, Innenausschuss, Protokoll 17/52, S. 23.
Differenzierend Wolff, Verfassungsrechtliche Bewertung des Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetzes (TBEG) und seiner Anwendung, Rechtsgutachten, 2011, S. 58, wonach der vertiefte Grundrechtseingriff nicht gegenüber dem Betroffenen selbst gilt.
112 Nicht erfasst werden konnten die Betroffenen zu § 8a Abs. 1 BVerfSchG, vgl. Kapitel 4.2.2.2.
113 Zur Notwendigkeit der Unterlassung anlassloser Routineabrufe vgl. BVerfG, NJW 2007, 2464 (2470).

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