Die Ergebnisse der empirischen Erhebung machen eine verfassungsrechtliche Bewertung nur
auf zurückgezogener Linie möglich, weil seitens des BfV keine Aufstellung über die Gesamtzahl der Fälle, in denen Maßnahmen auf eine Gefährdung der in § 3 Abs. 1 Nr. 4 BVerfSchG
genannten Schutzgüter gestützt werden können, geführt worden ist. Die Auswertung der
empirischen Erfassung der Maßnahmen nach § 8a Abs. 2 und 2a BVerfSchG, § 9 Abs. 4
BVerfSchG und § 4a MADG deutet darauf hin, dass § 3 Abs. 1 Nr. 4 BVerfSchG bzw. § 1 Abs.
1 S. 2 MADG nur in einer sehr geringen Zahl der Fälle als ausschließliche Schutzguttatbestände herangezogen werden. Für die untersuchten Maßnahmen zeigt sich für das BfV,
dass in keinem Fall die neugeschaffene Aufgabennorm alleinige Grundlage war. Vielmehr war
sie in rund 70 Prozent der Fälle zusätzliche Aufgabennorm. Das BAMAD hat rund 15 Prozent
seiner nachrichtendienstlichen Operationen auf die neue Befugnisnorm gestützt, was zeigt,
dass § 1 Abs. 1 S. 2 MADG zwar eine eigenständige, jedoch im Vergleich mit den übrigen
Aufgabennormen eine – rein quantitativ betrachtet – geringere Bedeutung hat.
4.2.

§ 8a-c BVerfSchG, § 3 BNDG, § 4a MADG

4.2.1. Genese der Regelungen
Die Vorgängernormen von §§ 8a, 8b BVerfSchG wurden im Jahre 2002 neu als § 8 Abs. 5-12
BVerfSchG eingefügt.14 Die Maßnahmevoraussetzungen nahmen Bezug auf § 3 Abs. 1 G 10,
wonach tatsächliche Anhaltspunkte für eine bestimmte Straftat vorliegen mussten. Das TBEG
2007 löste den Bezug zum Strafrecht und verortete die Bestimmungen in § 8a Abs. 4-8
BVerfSchG.15 § 8a Abs. 9 BVerfSchG zitierte den Art. 10 GG. Die verfahrensrechtlichen Vorgaben wurden im Zuge der Novellierung im Jahre 2011 in den § 8b BVerfSchG ausgegliedert
und das Zitiergebot durch § 8c BVerfSchG erfüllt.16 Gleichzeitig erfolgte die Streichung des
Auskunftsersuchens gegenüber Postdienstleistern, da die Maßnahme praktisch nicht zur Anwendung kam.17
a)

§ 8a Abs. 1 BVerfSchG, § 3 BNDG, § 4a MADG – Bestandsdatenauskunft

Das TBG ermöglichte mit § 8 Abs. 8 BVerfSchG a. F. eine Auskunft über Telekommunikationsverbindungsdaten und Teledienstenutzungsdaten. Eine Bestandsdatenauskunft
war nicht vorgesehen.18 Dies änderte sich durch das TBEG im Jahre 2007 und die Einführung
in § 8a Abs. 1 BVerfSchG.19 Die Ursprungsnorm ermöglichte zunächst Auskünfte gegenüber
den Betreibern von Telediensten und Postdienstleistern. Die Auskunft gegenüber Postdienstleistungen wurde im Jahre 2011 gestrichen20, weil die Befugnis zum Abruf von Bestandsdaten
zu Postdienstleistungen im Jahre 2009 nicht zur Bekämpfung des Terrorismus genutzt worden
war (siehe Kapitel 5.3.7, S. 143). Früher genügte es für die Bestandsdatenauskunft, wenn dies
zur Sammlung und Auswertung der Informationen erforderlich war21. Der Gesetzgeber hat im
14

Art. 1 TBG vom 09.01.2002, BGBl I Nr. 3 vom 11.01.2002, S. 361, in Kraft getreten am 01.01.2002.
Art. 1 TBEG vom 05.01.2007, BGBl I Nr. 1 vom 10.01.2007, S. 2, in Kraft getreten am 11.01.2007.
16 Art. 1 Änderungsgesetz vom 07.12.2011, BGBl I Nr. 64 vom 13.12.2011, S. 2577, in Kraft getreten
am 10.01.2012.
17 Vgl. BMI, Bericht der Bundesregierung zum Ergebnis der Evaluierung nach Artikel 11 des
Terrorismusbekämpfungsergänzungsgesetzes vom 5. Januar 2007 (nur Entwurf), 2011, S. 48.
18 Art. 1 TBG vom 09.01.2002, BGBl I Nr. 3 vom 11.01.2002, S. 361, in Kraft getreten am 01.01.2002.
19 Art. 1 TBEG vom 05.01.2007, BGBl I Nr. 1 vom 10.01.2007, S. 2, in Kraft getreten am 11.01.2007.
20 Art. 1 Änderungsgesetz vom 07.12.2011, BGBl I Nr. 64 vom 13.12.2011, S. 2576, in Kraft getreten
am 10.01.2012.
21 Bundesregierung, BT-Drs. 17/6925, S. 12.
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