4. Empirische und rechtswissenschaftliche Analyse der Anwendungspraxis der
zu evaluierenden Regelungen
4.1. § 3 Abs. 1 Nr. 4 BVerfSchG, § 5 Abs. 2 BVerfSchG, § 1 Abs. 1 S. 2 MADG (mit
Folgeänderung in § 18 Abs. 1 BVerfSchG)
4.1.1. Genese der Regelungen
Der sich auf „Bestrebungen im Geltungsbereich dieses Gesetzes, die gegen den Gedanken
der Völkerverständigung (Art. 9 Abs. 2 GG), insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker (Art. 26 Abs. 1 GG) gerichtet sind“ beziehende § 3 Abs. 1 Nr. 4 BVerfSchG
wurde im Zuge des TBG 2002 neu eingefügt5 und blieb seitdem unverändert. Der Gesetzgeber
hielt die Aufnahme der Vorschrift für geboten, da die genannten Bestrebungen ein gefährlicher
Nährboden für den wachsenden Terrorismus seien.6 Die Vorschrift hat praktische Bedeutung.
Insbesondere Auskunftsbegehren nach § 8a Abs. 2 BVerfSchG wurden schwerpunktmäßig
zusammen auf § 3 Abs. 1 Nr. 3, 4, BVerfSchG, in wenigen Fällen allein auf Nummer 4
gestützt.7
§ 1 Abs. 1 MADG wurde durch das TBG um einen Satz 2 ergänzt.8 Dadurch ist es dem MAD
möglich, Informationen über Bestrebungen zu sammeln, die gegen den Gedanken der Völkerverständigung, insbesondere gegen das friedliche Zusammenleben der Völker gerichtet sind.
Der Gesetzgeber wollte damit eine Anpassung an die ebenfalls erweiterte Aufgabennorm des
BfV in § 3 Abs. 1 Nr. 4 BVerfSchG erreichen. Die Übertragung der Aufgabe an den MAD sah
der Gesetzgeber als besonders dringlich an. Gerade die Bundeswehr und ihr Umgang mit
Waffen und Sprengstoff sei für Extremisten ein attraktiver Anziehungspunkt.9 Die Bestimmung
blieb seit 2002 unverändert.
Der Gesetzgeber stützte die Novellierung des MADG durch das TBG im Jahre 2002 auf die
Kompetenzvorschriften des Bundes in Art. 73 Abs. 1 Nr. 1 und Nr. 10b GG.10
4.1.2. Empirische Ergebnisse
BfV
§ 3 Abs. 1 BVerfSchG legt die Aufgaben fest, welche die Verfassungsschutzbehörden des
Bundes und der Länder erfüllen sollen. Bis zur Verabschiedung des TBG im Jahr 2002 waren
sie für die Sammlung und Auswertung von Informationen, insbesondere von sach- und personenbezogenen Auskünften, Nachrichten und Unterlagen, über
1. Bestrebungen, die gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung, den
Bestand oder die Sicherheit des Bundes oder eines Landes gerichtet sind oder eine
ungesetzliche Beeinträchtigung der Amtsführung der Verfassungsorgane des
Bundes oder eines Landes oder ihrer Mitglieder zum Ziele haben,
2. sicherheitsgefährdende oder geheimdienstliche Tätigkeiten im Geltungsbereich
dieses Gesetzes für eine fremde Macht,

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Art. 1 TBG vom 09.01.2002, BGBl I Nr. 3 vom 11.01.2002, in Kraft getreten am 01.01.2002.
Vgl. Bundesregierung, BT-Drs. 14/7386 (neu), S. 36.
7 Vgl. PKGr, BT-Drs. 18/216, S. 8, 9: Bericht für das Jahr 2012; PKGr, BT-Drs. 17/12774, S. 5: Bericht
für das Jahr 2011; PKGr, BT-Drs. 17/8638, S. 5, 6: Bericht für das Jahr 2010; PKGr, BT-Drs. 17/4277,
S. 5, 7: Bericht für das Jahr 2009.
8 Art. 2 TBG vom 09.01.2002, BGBl I Nr. 3 vom 11.01.2002, S. 363, in Kraft getreten am 01.01.2002.
9 Vgl. Bundesregierung, BT-Drs. 14/7386 (neu), S. 42.
10 Vgl. Bundesregierung, BT-Drs. 14/7386 (neu), S. 37.
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