Drucksache 16/6880

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Deutscher Bundestag – 16. Wahlperiode

Die Anordnungen umfassten einen Großteil der in § 3
Abs. 1 G10 aufgeführten Straftaten. Sie betrafen die Bereiche rechts- und linksextremistischer Bestrebungen
ebenso wie sicherheitsgefährdende und extremistische
Bestrebungen von Ausländern sowie Spionage und sonstige nachrichtendienstliche Aktivitäten. Den Schwerpunkt stellten dabei aber – wie in den vorangegangen
Jahren – Anordnungen im Zusammenhang mit der Bekämpfung des internationalen Terrorismus dar.

mission hat bei ihren Entscheidungen in Einzelfällen
kurze Wiedervorlagefristen verfügt, um eine zwischenzeitliche Überprüfung des Vorliegens der
Voraussetzungen einer Mitteilungsentscheidung zu ermöglichen. Daneben lässt das Bundesministerium des
Innern generell in regelmäßigen Zeitabständen durch
die Dienste ermitteln, ob die einer Mitteilung entgegenstehende Gefährdung des Maßnahmezwecks zwischenzeitlich entfallen ist oder weiterhin besteht.

Gegenüber dem letzten Berichtszeitraum ist wiederum
ein leichter Anstieg hinsichtlich der Zahl der Verfahren
und der Haupt- und Nebenbetroffenen zu verzeichnen. Im
Vergleich zu den Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen im Bereich der Strafverfahren durch Polizeibehörden ist der Umfang der Beschränkungen nach
§ 3 G10 durch die Nachrichtendienste aber weiterhin eher
gering. Nach Mitteilung des Bundesamtes für Justiz sind
in den Ländern und im Geschäftsbereich des Generalbundesanwalts im Jahr 2006 in 4664 Verfahren Telekommunikationsüberwachungsmaßnahmen nach den §§ 100a,
100b StPO angeordnet worden. Die Anzahl der Betroffenen i. S. d. § 100a Satz 2 StPO lag bei 12 427 (vgl. Bundestagsdrucksache 16/6368, S. 26 ff.). Die von der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation,
Post und Eisenbahnen aufgrund der Mitteilungen der
nach den §§ 100a, 100b StPO verpflichteten Betreiber
von Telekommunikationsanlagen nach § 110 Abs. 8 Telekommunikationsgesetz (TKG) erstellte Jahresstatistik
weist für das Jahr 2006 insgesamt 42 761 Telekommunikationsüberwachungsanordnungen aus (Amtsblatt 8/2007
der Bundesagentur, Teil A, Mitteilung Nr. 273/2007,
S. 1466).

– Bei 207 Personen bzw. Institutionen wurde vom Bundesministerium des Innern – mit Zustimmung der
G10-Kommission – entschieden, dass diese endgültig
keine Mitteilung erhalten sollen. Die G10-Kommission hat in diesen Fällen einstimmig festgestellt, dass
die Voraussetzung einer Nichtgefährdung des Zwecks
der Beschränkungen auch fünf Jahre nach Beendigung
der Maßnahmen noch nicht eingetreten war, sie mit an
Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch in Zukunft nicht eintreten wird und die Voraussetzungen für
eine Löschung sowohl bei der erhebenden Stelle als
auch beim Empfänger vorlagen.

c)

Mitteilungsentscheidungen, Beschwerden
und Klageverfahren

Die im Berichtszeitraum getroffenen Mitteilungsentscheidungen erstreckten sich auf insgesamt 73 Anordnungsverfahren mit insgesamt 512 betroffenen Personen (Hauptund Nebenbetroffene).
Im Einzelnen wurden im Berichtszeitraum die folgenden
Mitteilungsentscheidungen getroffen:
– Bei 229 Personen bzw. Institutionen hatte die Prüfung
ergeben, dass die in § 12 Abs. 1 Satz 1 G10 genannten
Voraussetzungen für eine Mitteilung noch nicht gegeben waren. Die Mitteilungsentscheidungen sind daher
zunächst bzw. erneut zurückgestellt worden. In diesen
Fällen der vorläufigen Zurückstellung der Entscheidung war bis auf Weiteres davon auszugehen, dass bei
einer Mitteilung eine Gefährdung des Zwecks der Beschränkungsmaßnahme nicht ausgeschlossen werden
kann. Die Gründe dafür lagen überwiegend darin, dass
die Notwendigkeit einer Wiederaufnahme der Maßnahme wahrscheinlich war oder anderweitige nachrichtendienstliche Ermittlungen weiterhin erfolgten.
Bei den gemäß § 3 Abs. 2 G10 einbezogenen Nebenbetroffenen unterblieb die Mitteilung in erster Linie
wegen des mutmaßlichen Fortbestandes der persönlichen Beziehungen zu den Hauptbetroffenen bzw. zu
anderen Personen aus deren Umfeld. Die G10-Kom-

– Bei 76 Personen bzw. Institutionen hat die G10-Kommission entschieden, dass diesen die Beschränkungsmaßnahmen nach § 3 G10 mitgeteilt werden, da eine
Gefährdung des Zwecks der Beschränkung ausgeschlossen werden konnte. Die G10-Kommission ist
bestrebt die Zahl der Mitteilungen in den kommenden
Jahren weiter zu erhöhen. Diesem Bestreben dient
auch die o. g. Verfügung von kurzen Wiedervorlagefristen.
Im Berichtszeitraum waren keine Klage- bzw. Gerichtsverfahren anhängig.
Im Berichtszeitraum sind bei der G10-Kommission insgesamt 21 Beschwerden von Bürgerinnen und Bürgern eingegangen, die Eingriffe in ihr Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnis durch einen Nachrichtendienst vermuteten.
In sämtlichen Fällen konnte die G10-Kommission aber
feststellen, dass die Bürgerinnen und Bürger in ihren
Rechten nach Artikel 10 GG durch Maßnahmen nach
Vorschriften des G10 nicht verletzt worden waren.
2.

Strategische Beschränkungen
nach § 5 G10

a)

Allgemeine Voraussetzungen

Strategische Kontrolle bedeutet, dass nicht die Post- und
Fernmeldeverkehrsbeziehungen einer bestimmten Person, sondern Telekommunikationsbeziehungen, soweit
sie gebündelt übertragen werden, nach Maßgabe einer
Quote insgesamt kontrolliert werden. Aus einer großen
Menge verschiedenster Gesprächsverbindungen werden
einzelne ausgewertet, die sich hierfür aufgrund spezifischer Merkmale qualifizieren.
Nach § 5 Abs. 1 G10 dürfen auf Antrag des BND Beschränkungen nach § 1 G10 für internationale Telekommunikationsbeziehungen angeordnet werden, soweit eine
gebündelte Übertragung erfolgt. Beschränkungsmaßnahmen nach dem neuen § 5 Abs. 1 G10 sind zulässig zur
Sammlung von Nachrichten über Sachverhalte, deren
Kenntnis notwendig ist, um die Gefahr

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