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4.3.2
Zugang zu Auswahlunterlagen
Einsicht in Unterlagen für ein Auswahlverfahren kann nur mit Einwilligung der Betroffenen gewährt werden.
Eine große Behörde im Geschäftsbereich des Bundesministeriums der Finanzen suchte Volljuristinnen und
Volljuristen für mehrere Abteilungen an mehreren Standorten im Bundesgebiet. Ein Kandidat hatte sich beworben, wurde jedoch nicht eingestellt, da er die alternativ geforderten obligatorischen Voraussetzungen (jeweils)
nicht erfüllte.
Daraufhin legte er Widerspruch ein, bat darum, die Personalentscheidung auszusetzen und beantragte Akteneinsicht an seinem Wohnort „zur Prüfung der Erfolgsaussichten eines Klageverfahrens bzw. eines einstweiligen
Rechtsschutzverfahrens“. Er war dabei der Auffassung, ihm müsse der Informationszugang nach Schwärzung
einzelner personenbezogener Daten ohne vorheriges Drittbeteiligungsverfahren und ohne Einwilligung der jeweils erfolgreichen Bewerber gewährt werden.
Dies wurde „aus Datenschutzgründen“ ohne weitere Begründung abgelehnt.
Daraufhin bat er mich um Unterstützung. Er sah „keinen Aufwand darin, die Unterlagen des ausgewählten Mitarbeiters einmal zu kopieren und alle personenbezogenen Angaben zu schwärzen. Da sehe ich die Examensnoten, eventuell die Hochschule und die bisherigen Zeugnisse und kann mir einen Eindruck verschaffen.“
In diesem Fall war zunächst schon fraglich, ob der Bewerber hier den Anspruch auf Informationszugang nach
dem IFG oder einen - evtl. vorrangigen - spezialgesetzlich geregelten Anspruch z. B. des Beamtenrechts verfolgte. Der beamtenrechtliche Anspruch auf Zugang zur „eigenen“ Personalakte nach § 110 BBG ist ein
„höchstpersönlicher“ Anspruch des nach einem Auswahlverfahren eingestellten Beamten.
Auskünfte an externe Dritte wie hier den unterlegenen Konkurrenten dürfen gem. § 111 Absatz 3 BBG grundsätzlich nur mit Einwilligung des oder der betroffenen Beamten bzw. Beamtin erteilt werden, es sei denn, u. a.
der Schutz berechtigter, höherrangiger Interessen der oder des Dritten erfordere die Auskunftserteilung zwingend. Ob diese Vorschrift zur Anwendung hätte kommen können, erscheint sehr zweifelhaft, konnte indes offen
bleiben, da der Petent sich auf das IFG berief.
Dieses sieht in der Vorschrift des BBG keine vorrangige und abschließende Spezialregelung, sondern erlaubt
den Informationszugang zu „Informationen aus Unterlagen, soweit sie (wie hier) mit einem Dienst- oder Amtsverhältnis in Zusammenhang stehen“ dann, wenn der Dritte angehört worden ist und eingewilligt hat (§ 5 Absatz 1 Satz 1 i. V. m. Absatz 2 IFG).
Gleiches gilt, wenn der Antragsteller Zugang zum sog. Stellenbesetzungsvermerk begehrt, in dem auswahlrelevante, personenbezogene Informationen insbesondere aus den Bewerbungen und evtl. bereits anderweitig vorhandenen Personalakten der Bewerber zusammengefasst sind. Auch insoweit ist § 5 Absatz 2 IFG einschlägig,
dessen Schutzbereich sich nicht auf „Personalaktendaten“ in bereits entstandenen Personalakten beschränkt,
sondern alle personenbezogenen Informationen schützt, „soweit sie mit einem Dienst- oder Amtsverhältnis (...)
des Dritten“ (hier des/der Mitbewerber) „in Zusammenhang stehen“. § 5 Absatz 2 IFG begründet einen absoluten Schutz, der nur dann nicht notwendig ist, wenn der betroffene Dritte mit dem Informationszugang einverstanden ist. Das Gleiche gilt für weitere unterlegene Mitbewerber. Auch insoweit sind gleichermaßen sensible
personenbezogene Informationen betroffen, die im Zusammenhang mit einem angestrebten Dienstverhältnis
stehen und deren Schutzwürdigkeit durch das Nichtzustandekommen des angestrebten Dienstverhältnisses nicht
gemindert wird (vgl. dazu auch Bundestagsdrucksache 15/4493, S. 13, nach der auch personenbezogene Informationen aus Vermerken über die Auswahl konkurrierender Bewerber dem Schutz des § 5 Absatz 2 IFG unterfallen).