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der jeweiligen Kompetenzebene erfolgen. Ein auch die Länder umfassend verpflichtendes Informationsgesetzbuch (IFGB) des Bundes wäre aus verfassungsrechtlichen Gründen nicht möglich. Bei „horizontaler�� Bündelung z. B. von IFG, UIG und VIG mit weitgehend vereinheitlichter Begrifflichkeit wäre eine Dominanz europarechtlicher, durch die EuGH-Rechtsprechung konkretisierter Begrifflichkeiten und Regelungsmodelle jedenfalls
mittelfristig nicht ganz fernliegend.
Die Rolle des advocatus diaboli übernahm anschließend Dr. Göttrik Wewer, der das „Wundermittel Transparenz“ in seinem pointiert vorgetragen Impulsreferat mit einem deutlichen Fragezeichen versah. Als Staatssekretär im Bundesministerium des Innern hatte er 2005 die entscheidenden Monate im „Endspurt“ des
IFG-Gesetzentwurfes mit einer gewissen Skepsis verfolgt. Diese Skepsis hat sich offensichtlich in den letzten
Jahren weiter verstärkt: Freedom of Information und das Right to Know hätten nirgendwo auf der Welt dazu
geführt, dass Bürger sich massenhaft besser informierten und sich deshalb stärker politisch engagierten, das
Politikverdrossenheit verschwände und Korruption beseitigt würde.
Gewissermaßen den „Gegenpol“ bildete dann Roland Jahn, der das Stasiunterlagengesetz als „erstes Informationsfreiheitsgesetz Deutschlands“ und als Modell für die Aufarbeitung einer Diktatur durch Transparenz vorstellte. Das Streben nach Transparenz habe im Umgang mit den Hinterlassenschaften der Diktatur aber auch
Grenzen. Wo Persönlichkeitsrechte von Bürgern berührt werden, stehe der Persönlichkeitsschutz über dem Interesse der Öffentlichkeit nach Transparenz und Auskunft. Im Spannungsfeld zwischen Transparenz und Schutzinteressen einzelner Bürger bestehe ein notwendiger „laufender Aushandlungsprozess“.
Insbesondere die beiden Impulsreferate lieferten Themen und „Zündstoff“ für die anschließende Diskussion mit
Roland Jahn, Dr. Göttrik Wewer, dem hessischen Datenschutzbeauftragten Prof. Dr. Michael Ronellenfitsch
und dem Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit Dr. Alexander Dix.
Prof. Dr. Friedrich Schoch eröffnete den zweiten Tag mit seinem Referat zum Informationszugang im parlamentarischen Bereich. Die Konzentration des Zuganges zu amtlichen Behörden und die Ausblendung gesetzgebender Organe sei keine Besonderheit des deutschen Rechts. Der Rechtsvergleich zeige, dass dies in anderen
europäischen Ländern und selbst in den USA nicht anders sei. Eine verstärkte Transparenz des parlamentarischen Bereiches, die in den letzten Jahren wiederholt Gegenstand von Entscheidungen des Berliner Verwaltungsgerichtes, des OVG Berlin-Brandenburg und des Bundesverwaltungsgerichtes war, sei erforderlich. Gerade weil die Ausübung und Ausgestaltung des Abgeordnetenmandates frei und keiner verwaltungs- oder justizförmlichen Kontrolle unterworfen sei, bedürfe es der Transparenz, z. B. für die Verwendung mandatsbezogener
Sachmittel.
Prof. Dr. Hans Hofmann, Leiter der Zentralabteilung des Bundesinnenministeriums, gab nach (fast) neun Jahren
IFG einen Erfahrungsbericht aus Anwendersicht. Das BMI hat nicht nur die Ressortzuständigkeit für die Vorbereitung und evtl. Änderungen des IFG und des zugehörigen Kostenrechts, sondern führt auch die Jahresstatistik
der Ressorts und der Geschäftsbereichsbehörden und hat seit Inkrafttreten des IFG den Erfahrungsaustausch der
IFG-Koordinatoren der obersten Bundesbehörden organisiert.
Die folgenden beiden Kurzreferate zweier Vorsitzender Richter waren Fragen des bereichsspezifischen Informationszuganges gewidmet:
Dr. Berthold Huber, langjähriger Vorsitzender der u. a. für Fragen das IFG zuständigen Kammer des
VG Frankfurt, referierte zu Rechtsfragen des Zuganges zu Daten der Finanzdienstleistungsaufsicht.
Dass das IFG in Verbindung mit dem weit gespannten Fachrecht die Rechtsprechung mit schwierigen Rechtsfragen konfrontiert, zeigte auch das Referat von Hans-Hermann Schild, dessen Fälle am VG Wiesbaden sich
unter anderem im Spannungsfeld von Informationszugang und Statistikgeheimnis bewegen.