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Informationsfreiheit: Bestandsaufnahme
2.1
Grundsatzfragen im Spiegel der Rechtsprechung
Die Verwaltungsgerichte haben auch im Berichtszeitraum wichtige Beiträge geleistet, insbesondere zur weiteren
Klärung des Anwendungsbereiches des Informationsfreiheitsgesetzes und der Grenzen des Informationszuganges.
2.1.1
Das Ende einer langen Diskussion? Der Deutsche Bundestag muss Zugang zu
Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste gewähren.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in letzter Instanz die Verwaltung des Deutschen Bundestages verpflichtet,
Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste zugänglich zu machen. Das IFG sei auf die Tätigkeit der
Wissenschaftlichen Dienste anwendbar, das Urheberrecht stehe einem Informationszugang nicht entgegen.
Der erste Antragsteller hatte zunächst erfolglos versucht, Ausarbeitungen zur „Suche nach außerirdischem Leben und die Umsetzung der VN‒Resolution A/33/426 zur Beobachtung unidentifizierter Flugobjekte und extraterrestrischer Lebensformen“ zu erhalten. Der zweite Antragsteller, ein Journalist, begehrte Informationszugang
zu Ausarbeitungen und Dokumentationen der Wissenschaftlichen Dienste zu europa- und verfassungsrechtlichen Fragen, die von einem bestimmten Abgeordneten in Auftrag gegeben worden waren, sowie Überlassung
einer Kopie der für denselben Abgeordneten erstellten Übersetzung des Sprachendienstes des Bundestages.
Über die Berufungsentscheidungen des Oberverwaltungsgerichtes Berlin-Brandenburg vom 13. November 2013
habe ich bereits im 4. Tätigkeitsbericht berichtet (Nr. 5.1.1).
Das Bundesverwaltungsgericht hat sich nun der Rechtsauffassung der ersten Instanz angeschlossen und sieht in
der Servicefunktion der Wissenschaftlichen Dienste für die Abgeordneten als Denkfabrik des Parlaments und
Wissensmanager das entscheidende Kriterium für die Annahme einer zuarbeitenden, assistierenden (Verwaltungs-)Aufgabe jenseits der Wahrnehmung parlamentarischer Kernaufgaben.
Kasten zu Nr. 2.1.1
BVerwG, Urteil vom 25. Juni 2015
- 7 C 1/14, Rdn. 18 f. - juris - und Urteil vom gleichen Tage - 7 C 2/14, ebenfalls Rdn. 18 f. „Die sachgerechte Aufgabenwahrnehmung baut auf einem hierauf ausgerichteten Wissensfundament auf. Die
Informationsaufbereitung und Wissensgenerierung, die als solche Verwaltungsaufgabe ist, liegt der mandatsbezogenen Aufgabenerfüllung voraus. Erst in der Umsetzung des Wissens in durch politische Erwägungen geleitetes Handeln zeigt sich das Spezifikum des parlamentarischen Wirkens der Abgeordneten. Die Kenntnisgrundlage und die zu ihrer Herausbildung beschafften Informationen sind gegenüber diesem politisch-parlamentarischen Wirken der Abgeordneten indifferent. Sie erhalten eine spezifisch-parlamentarische
Bedeutung erst durch die von einem eigenen Erkenntnisinteresse geprägte Verarbeitung und Bewertung durch
den Abgeordneten.
(…)
(Rdn. 19) Dieser Bewertung des Mandatsbezugs steht bei Beachtung des gesamten Regelungskonzepts des Informationsfreiheitsgesetzes der Status des Abgeordneten, wie er durch die Garantie des freien Mandats nach
Art. 38 Abs. 1 Satz 2 GG ausgeformt wird, nicht entgegen. Denn jedenfalls der Informationszugang zu den
Ausarbeitungen der Wissenschaftlichen Dienste als solche ist nicht geeignet, die parlamentarische Tätigkeit der
Abgeordneten nachteilig zu beeinflussen.“