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der Finanzaufsichtsgesetze berufen. Besonderheiten in der Fallgestaltung, wie betrügerische Absichten oder die
Liquidation des Unternehmens, spielen damit aus Sicht des EuGH keine Rolle.
Das Bundesverwaltungsgericht hat in einem Parallelverfahren eines weiteren geschädigten Klägers erneut den
EuGH im Rahmen eines Vorabentscheidungsverfahrens um Klärung bei der Auslegung der einschlägigen
Rechtsnormen gebeten (BVerwG, Beschluss vom 04.11.2015, 7 C 4.14
[ECLI:DE:BVerwG:2015:041115B7C4.14.0]).
1.2.2.2 EuG-Entscheidung zum Zugang zu Schriftsätzen der Mitgliedstaaten
Mit seinem Urteil vom 27. Februar 2015 hat das Gericht der Europäischen Union (EuG) Zugang zu
Schriftsätzen von Mitgliedstaaten eingeräumt, die der Kommission vorliegen.
Der spätere Kläger beantragte im Jahr 2011 bei der Europäischen Kommission umfassenden Zugang zu Dokumenten, die das gegen die Republik Österreich eingeleitete Vertragsverletzungsverfahren wegen nicht fristgerechter Umsetzung der Richtlinie über die Vorratsdatenspeicherung sowie das hierzu geführte Gerichtsverfahren
vor dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) betrafen. Im Jahr 2012 lehnte die Kommission diesen Antrag endgültig ab. Begründet wurde dies insbesondere damit, die Dokumente zu dem Gerichtsverfahren unterfielen nicht
der Verordnung über den Zugang der Öffentlichkeit zu Dokumenten des Europäischen Parlaments, des Rates
und der Kommission. Der EuGH sei nach Artikel 15 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) den Bestimmungen über den Zugang zu Dokumenten nur bei Wahrnehmung seiner Verwaltungstätigkeiten unterworfen. Die in Rede stehenden Schriftsätze seien an den Gerichtshof gerichtet gewesen
und der Kommission nur als Abschriften übermittelt worden. Zudem sehe die Satzung des EuGH vor, die
Schriftsätze eines Gerichtsverfahrens nur an dessen Parteien und die ggf. mit ihren Beschlüssen betroffenen
Organe zu übermitteln. Daher wären nur die von den Organen selbst eingereichten Schriftsätze von der o. g.
Verordnung betroffen, nicht aber die von anderen an einem Gerichtsverfahren beteiligten Parteien. Der Kläger
erhob daraufhin Klage vor dem EuG.
Das Gericht begründet seine Entscheidung ausführlich in zwei - sich scheinbar widersprechenden - Schritten.
Zunächst prüft es, ob die in Rede stehenden Dokumente überhaupt in den Anwendungsbereich der Verordnung
fallen, um dann in einem zweiten Schritt zu untersuchen, ob das besondere Wesen der Dokumente der Anwendbarkeit nicht doch entgegensteht.
Seine Entscheidung zum Anwendungsbereich der Verordnung stützt das Gericht ausdrücklich auch auf die Erwägungsgründe, nach denen Entscheidungen möglichst transparent erfolgen sollen und der Öffentlichkeit ein
größtmögliches Recht auf Zugang zu den Dokumenten zu gewähren ist. Sodann stellt das Gericht klar, dass die
Verordnung ausdrücklich für alle Unterlagen eines Organs gilt, und zwar unabhängig davon, ob es sich um eigene Dokumente handelt oder solche, die von einem Dritten stammen, wie insbesondere auch von den Mitgliedstaaten. Damit teilt das Gericht insbesondere auch nicht die Auffassung der Kommission, der Unionsgesetzgeber habe ausschließlich Verwaltungsdokumente bei der Regelung im Sinn gehabt und Unterlagen im Zusammenhang mit einem Gerichtsverfahren ausschließen wollen.
In seinem zweiten Prüfschritt stellt das Gericht dann zunächst fest, die Dokumente der Kommission zu einem
Verfahren vor dem EuGH seien ihrem Wesen nach zu einem weit überwiegenden Teil der Rechtsprechungstätigkeit des Gerichts zuzurechnen. Gleiches gelte auch für die Verfahrensschriftsätze von Mitgliedstaaten. Im
Ergebnis schließe dies jedoch den Zugang nicht grundsätzlich aus, da diese Dokumente nur solange zu schützen
seien, wie es sich um ein anhängiges Verfahren handele. Weder die Schriftsätze der Kommission noch die der
Mitgliedstaaten seien wegen des Zusammenhangs mit der Rechtsprechungstätigkeit als Dokumente des Gerichts
anzusehen. Auch sei die Urheberregel abgeschafft, so dass der Zugang zu Dokumenten nicht zwingend bei dessen Ersteller erfolgen müsse. Die Rechte der Mitgliedstaaten könnten durch deren Beteiligung im Zugangsverfahren gewahrt werden.