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Zur Begründung führt das Gericht weiter mit dem Beschluss des EuG vom 02.05.2007 (T-388/02) sowie mit der
REACH-Verordnung (VO (EG) Nr. 1907/2006) auch europarechtliche Gesichtspunkte an, die für die Anerkennung als Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse sprechen. Eine klare Absage erteilte es der Auffassung, es müsse
eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse des Antragstellers und dem Geheimhaltungsinteresse der
Drittbeteiligten erfolgen.
Kasten b zu Nr. 4.8.2
„Anders als in einigen Landesregelungen findet eine Abwägung zwischen dem Informationsinteresse und dem
Geheimhaltungsinteresse nach dem Informationsfreiheitsgesetz des Bundes nicht statt. Den Betriebs- und Geschäftsgeheimnissen wird ein absoluter Schutz eingeräumt, (vgl. Berger, Partsch, Roth, Scheel, Kommentar zum
IFG, 2. Auflage 2013, § 6 Rdn. 15). Lässt die begehrte Information Rückschlüsse auf Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse zu, darf die Auskunft nicht erteilt werden.“ (VG Darmstadt, a.a.O. S.17)
Das Verwaltungsgericht Darmstadt hat mit seinem Urteil den in der praktischen Anwendung nicht einfachen
Ausschlussgrund des § 6 Satz 2 IFG konkretisiert und klargestellt, dass das nationale Recht hier keine Interessenabwägung vorsieht.
4.8.3
Rechtsmittel und Vermittlungsverfahren
Die Einlegung von Rechtsmitteln und eine Eingabe bei mir sind zwei verschiedene Verfahren, die unabhängig
voneinander bestehen.
Eine Rechtsanwaltskanzlei bat mich im Auftrag ihres Mandanten um Prüfung, Beratung und Intervention, weil
dieser sein Recht auf Informationszugang durch den GKV-Spitzenverband als verletzt ansah.
Er wollte Auskunft zu einem Gutachten des Medizinischen Dienstes des Spitzenverbandes Bund der Krankenkassen (MDS) über eine Medizintechnologie erhalten. Sein Antrag wurde vom GKV-Spitzenverband unter Berufung auf die wirtschaftlichen Interessen der Sozialversicherung (§ 3 Nummer 6, 2. Alt. IFG) vollständig abgelehnt.
Der Antragsteller legte daraufhin über seine Anwälte Widerspruch ein und bat mich gleichzeitig um Vermittlung. Beide Verfahren können parallel oder auch unabhängig voneinander betrieben werden. Meine Anrufung
hat keine aufschiebende Wirkung und verpflichtet die Behörden nicht, meine Rechtsauffassung zu beachten und
- aus meiner Sicht - rechtswidrige Bescheide aufzuheben bzw. unter Beachtung meiner Rechtsauffassung
„nachzubessern“. Rechtswidrige Bescheide werden bestandskräftig, wenn - neben der Anrufung der BfDI nicht auch rechtzeitig Widerspruch eingelegt bzw. Klage erhoben worden ist.
Auch wenn ich - anders als die Verwaltungsgerichte - die verantwortlichen Stellen nicht verbindlich zur Beachtung meiner Rechtsauffassung verpflichten kann, ist mein Tätigwerden oftmals Anlass einer selbstkritischen
Überprüfung der eigenen Position durch die betroffenen Stellen. Meine Rechtsauffassung fließt regelmäßig in
die Entscheidung über den Widerspruch mit ein.
In dem hier geschilderten Fall habe ich den GKV-Spitzenverband um eine Stellungnahme gebeten und auf die
Möglichkeit eines evtl. teilweisen Zuganges nach § 7 Absatz 2 IFG hingewiesen.
Der GKV-Spitzenverband hat mir daraufhin die aus seiner Sicht für die Ablehnung maßgeblichen Hintergründe
der Verhandlungen über neue Untersuchungs- und Behandlungsmethoden (NUB) im Krankenhaus und den Sinn
und Zweck der NUB-Gutachten bei diesen Verhandlungen erläutert. Ergänzend fand dazu ein Informationsgespräch statt, in dem ich meine Rechtsauffassung darstellen und Anregungen geben konnte.